Hamburg hat einen neuen Ersten Bürgermeister: Mit einem überraschend hohen Ergebnis wählte das Landesparlament Ex-Innensenator Ahlhaus zum Nachfolger von Ole von Beust. Mindestens zwei Oppositionsabgeordnete votierten dabei für Ahlhaus – sehr zum Ärger der SPD-Spitze.
Hamburg. Ole von Beust schaut sich das Ganze von oben an. Als Christoph Ahlhaus in der Hamburger Bürgerschaft zum neuen Ersten Bürgermeister gewählt wird, sitzt sein fast neun Jahre amtierender Vorgänger schon nicht mehr auf dem Chefsessel, sondern in der Loge für Ehrengäste oberhalb der Senatsbank. Trotz des daher etwas längeren Weges in die Mitte des Parlaments gehört der CDU-Politiker dennoch zu den ersten Gratulanten , als der 40-jährige Ahlhaus um punkt 15.30 Uhr seinen Amtseid mit „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe“ leistet. Schließlich hat der frühere CDU-Innensenator überraschend nicht nur gleich zwei Stimmen mehr erhalten als die schwarz-grüne Koalition überhaupt Sitze hat. Ahlhaus hat mit diesem Ergebnis auch den in Umfragen höchste Beliebtheitswerte einfahrenden 55-jährigen von Beust selbst übertroffen. Der hatte zum Start von Deutschlands erstem derartigen Regierungsbündnis auf Landesebene im Jahr 2008 nur eine Stimme mehr erhalten hatte als Schwarz-Grün Abgeordnete stellt.
Dass Ahlhaus Bürgermeister werden würde, hatte kaum jemand bezweifelt. Überraschend ist jedoch das Ergebnis: 70 Ja-Stimmen, 50 Nein-Stimmen, eine Enthaltung. Für CDU-Fraktionschef Frank Schira ist das ein Zeichen, dass Ahlhaus „schon jetzt Anerkennung im Parlament findet“. Dabei war lange Zeit nicht sicher, ob die Grünen (GAL) mit dem als Hardliner kritisierten Innensenator weitermachen wollten. Erst am vergangenen Sonntag entschloss sich die Basis nach teils heftigen Debatten auf einem Parteitag zur Fortsetzung der Koalition . Während die Fraktionsvorsitzende der Linken, Dora Heyenn, Stein und Bein schwört, dass aus ihrem Lager sicher niemand für den gebürtigen Heidelberger Ahlhaus gestimmt hat, reagiert SPD-Oppositionsführer Michael Neumann säuerlich. Vor allem für ihn wären Abweichler in den eigenen Reihen ein Problem. Schließlich war es vor allem Neumann, der bereits zum Angriff gegen Ahlhaus geblasen hat und sich heftig darüber echauffierte, dass Ahlhaus nicht umgehend eine Regierungserklärung abgibt. „Das Zögern, Zaudern und Abwarten soll also weiter gehen“, klagt Neumann, der zu diesem Thema bereits für Donnerstag eine Aktuelle Stunde beantragt hat.
In der Tat sagt Ahlhaus an seinem Wahltag nicht viel. Im Parlament schweigt er mit Ausnahme seines Amtseides vollständig. Am Rande der Sitzung spricht er von einer verantwortungsvollen Aufgabe und dass er sich sehr über das Ergebnis freue. „Ich bin überzeugt, dass wir die erfolgreiche Arbeit der schwarz-grünen Koalition mit Schwung fortsetzen werden und freue mich darauf, die vor uns liegenden Aufgaben jetzt gemeinsam anzupacken.“ Gleichzeitig kündigt er noch einmal für den 15. September eine Regierungserklärung an. Dann werde er erläutern, wie er Hamburg zu regieren gedenke. Klar ist an diesem Mittwoch nur, mit wem er den Stadtstaat lenken wird. Lediglich drei Senatorenposten hat Ahlhaus neu besetzt: Seinen eigenen übernimmt der bisherige Verfassungsschutzchef Heino Vahldieck übernimmt, neuer Kultursenator ist nun Reinhard Stuth (beide CDU). Den Job des Wirtschaftssenators übernimmt der 71-jährige Unternehmer Ian Karan (parteilos). Alle anderen sechs Senatoren bleiben im Amt.
Vor allem die Personalie Karan könnte Ahlhaus noch Schwierigkeiten bereiten. Schließlich ist der aus Sri Lanka eingewanderte Unternehmer, der sich in Deutschland mit Schiffscontainern ein Vermögen erarbeitet hat , schon vor der Wahl unangenehm aufgefallen. Er räumte ein, seinen Lebenslauf geschönt und den rechtskonservativen ehemaligen Innensenator Ronald Schill mit Spenden bedacht zu haben. Ob er dafür verantwortlich ist, dass bei der Wahl der Senatoren – sie wurden als Gesamtheit gewählt – sich nur 64 der 121 Abgeordneten für Ahlhaus’ Personaltableau entscheiden, ist unbekannt. Für die Linken-Fraktionschefin Heyenn ist jedoch klar: „Es konnten sich nicht mal alle Abgeordneten der Regierungsfraktionen dazu durchringen, dieses Gruselkabinett zu wählen.“ Und für SPD-Oppositionsführer Neumann sitzt im Senat nun „eine Reihe von Leuten, die zum Abschluss ihrer politischen Karriere noch mal eine ordentliche Party feiern wollen“, aber kaum Probleme lösen könnten. Ex-Bürgermeister Beust hat zu diesem Zeitpunkt das Parlament längst verlassen.
Zum Nachlesen: Die Wahl des neuen Ersten Bürgermeisters Hamburgs und des neuen Senats im Live-Ticker:
15.00 Uhr: Die Hamburgische Bürgerschaft kommt zu ihrer Sitzung zusammen. Der bisherige Bürgermeister Ole von Beust nimmt in der Loge Platz. Christoph Ahlhaus hat auf den Senatsplätzen Platz genommen. Neben ihm sitzt Schulsenatorin Christa Goetsch von den Grünen.
15.01 Uhr: Bürgerschaftspräsident Lutz Mohaupt begrüßte die Abgeordneten und verließt die Tagesordnung.
15.02 Uhr: Präsident Mohaupt verließt die Regeln für die Wahl des Ersten Bürgermeisters und erklärt, dass einem Antrag von CDU und Grünen zufolge Christoph Ahlhaus zur Wahlsteht.
15.04 Uhr: Die Namen der 121 Bürgerschaftsabgeordneten werden verlesen. Die Abgeordneten erheben sich von ihren Plätzen, holen sich ihren Wahlzettel ab, füllen diesen in der Wahlkabine aus und stecken diesen in die bereit stehenden Wahlurnen.
15.08 Uhr: Viel ausfüllen müssen die Abgeordneten nicht - entweder ein Kreuz bei "Ja", bei "Nein" oder bei "Enthaltung".
15.15 Uhr: Alle Abgeordneten wurden zur Wahl des Ersten Bürgermeisters aufgerufen. Bürgerschaftspräsident Lutz Mohaupt stellt fest, dass die Wahlhandlung beendet ist.
15.16 Uhr: Die Stimmauszählung beginnt. Für die Dauer der Stimmauszählung ist die Sitzung der Bürgerschaft unterbrochen.
15.20 Uhr: Christoph Ahlhaus wirkt angespannt. Während der Auszählung unterhält er sich mit Finanzsenator Carsten Frigge.
15.22 Uhr: Die Spannung steigt. Haben 68 Abgeordneten von Schwarz-Grün für Ahlhaus gestimmt? Mindestens 61 Stimmen benötigt der CDU-Politiker, um Hamburgs neuer Erster Bürgermeister zu werden.
15.24 Uhr: In der Senatsloge diskutieren angeregt die Politiker, die neue Senatoren werden sollen: Reinhard Stuth (Kultur), Heino Vahldieck (Inneres), Ian Karan (Wirtschaft).
15.26 Uhr: Bürgerschaftspräsident Lutz Mohaupt verkündet das Abstimmungsergebnis: Der CDU-Politiker Christoph Ahlhaus ist mit 70 Stimmen zum neuen Ersten Bürgermeister von Hamburg gewählt worden. 50 Bürgerschaftsabgeordnete stimmten gegen den 40-Jährigen. Damit ist die Ära Ole von Beust zu Ende. Ahlhaus bekommt mindestens zwei Stimmen von der Oppostion.
15.27 Uhr: Beifall und Jubelrufe branden auf. Als erstes gratuliert Schulsenatorin Christa Goetsch.
15.28 Uhr: Luth Mohaupt erklärt, Christoph Ahlhaus ist zum Ersten Bürgermeister Hamburgs gewählt worden.
15. 29 Uhr: Christoph Ahlhaus sagt: "Ichnehme die Wahl an."
15.30 Uhr: Lutz Mohaupt verließt den Eid, den Christoph Ahlhaus leisten muss.
15.31 Uhr: Christoph Ahlhaus sagt: "Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe." Damit ist der 40-Jährige Erster Bürgermeister Hamburgs.
15.32 Uhr: Christoph Ahlhaus empfängt die Glückwünsche von Abgeordneten - Die Bürgerschaftssitzung ist unterbrochen.
15.59 Uhr: Bürgerschaftspräsident Lutz Mohaupt eröffnet die Sitzung erneut. Jetzt müsen die Senatorinnen und Senatoren erneut von der Bürgerschaft gewählt werden. Lutz Mohaupt bedankt sich besonders bei Ole von Beust für dessen geleistete Arbeit. Eine Vielzahl der Abgeordneten erhebt sich und klatscht Beifall.
16.02 Uhr: Lutz Mohaupt ergänzt die offizielle Danksagung um die persönliche Bemerkung "Bleib' gesund, lieber Ole".
16.03 Uhr : Der Bürgerschaftspräsident eröffnet den Wahlgang, in dem die Senatorinnen und Senatoren im Block gewählt werden.
16.04 Uhr: Die 121 Bürgerschaftsabgeordneten werden erneut einzeln aufgerufen, um ihre Stimme abzugeben.
16.16 Uhr: Die Stimmabgabe ist beendet. Jetzt wird ausgezählt.
16.26 Uhr: Bürgerschaftspräsident Lutz Mohaupt verliest das Ergebnis der Abstimmung über die Mitglieder des Senats. Für den neuen Senat haben 64 Abgeordnete gestimmt, dagegen 54. Ein Abgeordneter enthielt sich. Damit stimmten vier Regierungsabgeordnete nicht für den neuen Senat. CDU und Grüne verfügen in der Bürgerschaft über 68 Stimmen.
16.30 Uhr: Die neuen und alten Senatorinnen und Senatoren sprechen die Beteuerungsfomel: "Ich schwöre es" oder "Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe" - Alle Senatorinnen und Senatoren sprechen diese Beteuerungsformel. Damit hat Hamburg einen neuen schwarz-grünen Senat, dem Bürgermeister Christoph Ahlhaus vorsitzt.