Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich für einen Ausstieg aus dem Atomausstieg stark gemacht. Atomkraftwerke seien im Energiemix nötig.
Hamburg. Vier Wochen vor der Bundestagswahl hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sich erneut für eine Aufkündigung des Atomausstiegs stark gemacht. Atomenergie sei für eine ausgewogene Energiepolitik auch über das Jahr 2020 hinaus unverzichtbar, sagte die Kanzlerin am Sonntag in Hamburg. Ein Ausstieg in gut zehn Jahren, so wie er von der rot-grünen Bundesregierung einst beschlossen worden sei, ist nach Einschätzung der CDU-Vorsitzenden für die nationale Energieversorgung zu abrupt. So seien die südlichen Bundesländer - im Gegensatz zu den norddeutschen Ländern - bis zur Hälfte ihres Bedarfs von Atomenergie abhängig. Würden man alle Atomkraftwerke bis zum Jahr 2020 abschalten, seien Ausgleichslieferungen aus dem Norden in sehr großem Ausmaß nötig. Es bestehe dann die Gefahr, dass Bayern Atomstrom aus tschechischen oder slowakischen Kraftwerken beziehe.
Bei einer Laufzeitverlängerung seien aber Sicherheitsgarantien für die Atomkraftwerke unabdingbar, fügt die Kanzlerin hinzu. „Das, was jetzt mit Krümmel passiert ist, ist nicht akzeptabel“, sagte Merkel. Die Vorfälle in dem schleswig-holsteinischen Atomkraftwerk seien aber nicht symptomatisch: Gemessen an den meldepflichtigen Ereignissen gehöre Deutschland international zu den sichersten Ländern. Bei einem Atomausstieg enthebe sich Deutschland weltweit zudem jedes Einflusses, auf die Sicherheitsstandards von Kernkraftwerken einzuwirken. In den USA, in Finnland, Frankreich, Italien und Großbritannien entstünden neue Atomkraftwerke. „Ich würde gerne mit unseren sehr guten technischen Fähigkeiten ein bisschen Einfluss auf die internationale Sicherheitsdiskussion behalten“, sagte Merkel. Die sicheren Kernkraftwerke sollten zudem so lange laufen, wie sie die technischen Voraussetzungen dazu erfüllten.
Unzufrieden zeigte sich Merkel in Bezug auf das Problem der Lagerung atomaren Abfalls. Es sei „außerordentlich unschön“, dass für die Erkundung des Salzstocks im niedersächsischen Gorleben unter Beteiligung der AKW-Betreiber erst einmal ein Moratorium verhängt worden sei. Merkel kritisierte, dass die Atomkraftgegner einerseits das Fehlen eines geeigneten Endlagers beklagten und im gleichen Atemzug weitere Erkundungen verhinderten.
FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sprach sich unterdessen dafür aus, die Erkundung der Atomendlagerstätte Gorleben in Niedersachsen fortzusetzen. „Es ist so viel Zeit und Geld dort investiert worden, also muss jetzt die Erkundung auch abgeschlossen werden“, sagte Niebel dem Hamburger Abendblatt (Montag-Ausgabe). „Wenn herauskommt, dass Gorleben geeignet ist, entsteht dort das Endlager. Wenn sich Gorleben als ungeeignet erweisen sollte, muss die Suche auf andere Standorte ausgeweitet werden.“
Niebel machte deutlich, dass eine schwarz-gelbe Regierung nach der Bundestagswahl am 27. September zunächst weiter auf Atomkraft setzen würde. „Die Kernenergie ist eine Übergangstechnologie, die wir aber jetzt noch nutzen müssen, ehe wir mit der Entwicklung der erneuerbaren Energien unseren Bedarf decken können“, sagte er. Die Laufzeiten unserer Kernkraftwerke müssen verlängert werden.“ Im Steit um die Sicherheit des Atomkraftwerks Krümmel warf Niebel dem Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) vor, die Unwahrheit zu sagen. „Das Perfide bei Umweltminister Gabriel ist: Er tut so, als seien bestimmte Kraftwerke nicht sicher. Dann müsste er sie eben abschalten lassen, doch er unternimmt nichts. Ist er jetzt verantwortungslos oder lügt er? Ich denke, Letzteres ist der Fall.“ Für den Fall eines Wahlsieges kündigte der FDP-Generalsekretär an: „Sollte ein Kraftwerk nicht sicher sein, werden wir es abschalten. Alle anderen bleiben am Netz.“