Mit der Abschaffung der Wehrpflicht laufen der Truppe die Soldaten davon. Auch Ausländer sollen verstärkt in der Bundeswehr dienen. Das weckt Skepsis.
Berlin. Um ihren Personalbedarf auch in Zukunft zu decken, will die Bundeswehr stärker um Geringqualifizierte werben. Das geht nach Informationen der „Financial Times Deutschland“ aus dem der Entwurf für ein Maßnahmenpaket hervor, das die Bundeswehr auf dem Weg zur Berufsarmee attraktiver machen soll. Die Vorlage sieht auch eine Öffnung der Truppe für in Deutschland lebende Ausländer vor. „Angesichts der demografischen Entwicklung sowie der anstehenden strukturellen Anpassungen der Bundeswehr werden künftig verstärkt auch junge Menschen mit unterdurchschnittlicher schulischer Bildung beziehungsweise ohne Schulabschluss personalwerblich anzusprechen sein“, zitiert die Zeitung aus dem Papier.
Die „Erschließung neuer Potenziale zur Personalgewinnung“ sei erforderlich, um den Personalbedarf zu decken und die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zu erhalten. Hintergrund seien die Pläne des Verteidigungsministeriums, bei dem geplanten Umbau der Bundeswehr auch die Zahl der für Einsätze zur Verfügung stehenden Soldaten zu erhöhen, heißt es in dem Bericht. Dazu sei in einigen Truppenteilen wie etwa beim Heer mehr Personal in den unteren Dienstgraden erforderlich.
Mit seinen Plänen zur Öffnung der Bundeswehr für Ausländer ist das Verteidigungsministerium auf massive Skepsis in der Koalition gestoßen. Ein solcher Vorschlag passe nicht zur Tradition der Bundeswehr als Parlamentsarmee, sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner. „Deutschland braucht keine Fremdenlegion.“ Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach befürchtet Loyalitätskonflikte ausländischer Soldaten. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ließ klarstellen, dass lediglich die Aufnahme von Bürgern der EU und weniger anderer Länder geprüft werde, deren Berufsbildung in Deutschland anerkannt sei. Dazu zählt beispielsweise die Schweiz. Die Aufstellung einer Fremdenlegion wie in Frankreich sei nicht geplant, sagte Guttenbergs Sprecher Steffen Moritz.
Am Wochenende war der Entwurf für ein Maßnahmenpaket mit 82 Vorschlägen bekannt geworden, das die Bundeswehr auf dem Weg zur Berufsarmee attraktiver machen soll. „Bestehende Regelungen sind so zu erweitern, dass Inländer bei entsprechender Eignung, Befähigung und Leistung auch ohne deutsche Staatsbürgerschaft regelmäßig in die Streitkräfte eingestellt werden können“, heißt es darin. Guttenbergs Sprecher stellte klar, dass sich der Passus nicht auf alle in Deutschland lebenden Ausländer beziehe.
Laut Soldatengesetz dürfen derzeit nur deutsche Staatsbürger Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit werden. Allerdings sind im Gesetz schon jetzt Ausnahmen in Einzelfällen vorgesehen – „wenn dafür ein dienstliches Bedürfnis besteht“, wie es im Gesetzestext heißt. In den letzten Jahren hat es nach Angaben des Verteidigungsministeriums solche Ausnahmen aber nicht gegeben.
Die Streitkräfte wichtiger Nato-Partner nehmen schon seit Jahrzehnten Ausländer auf. In den US-Streitkräften dienen etwa 30.000 so genannte „Green Card“-Soldaten. Der erste US-Soldat der 2003 im Irak-Krieg fiel, kam aus Guatemala und erhielt erst nach seinem Tod die US-Staatsbürgerschaft. Die französische Fremdenlegion gibt es bereits seit 170 Jahren. Heute gehören ihr 7700 Soldaten aus 136 Ländern an. In den britischen Streitkräften dienen rund 7000 Ausländer bei einer Gesamtgröße der Truppe von 180.000 Soldaten. Zugelassen sind nur Bürger aus den ehemaligen Kolonien, den sogenannten Commonwealth-Staaten, und der Republik Irland.
Interessant dürften für die Überlegungen Guttenbergs vor allem die Erfahrungen in Spanien sein. Dort öffneten sich die Streitkräfte ebenfalls erst nach der Abschaffung der Wehrpflicht im Jahr 2002 für Ausländer. Zugelassen sind nur spanischsprachige Einwanderer aus Lateinamerika und der spanischen Ex-Kolonie Äquatorialguinea. Die Ausländer dürfen höchstens neun Prozent der etwa 80.000 Soldaten ausmachen. Die Einwanderer verpflichten sich in der Regel für drei Jahre und haben bessere Chancen, die spanische Staatsbürgerschaft zu bekommen. Im vergangenen Jahr gab es in den spanischen Streitkräften rund 5800 Ausländer, die meisten stammen aus Ecuador und Kolumbien.