Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) will Anreize festlegen, um mehr Menschen für den Freiwilligendienst zu begeistern.

Mainz. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hat eine bundesweite Werbekampagne für den neuen Freiwilligendienst gefordert. „Wir müssen den jungen Menschen deutlich machen, was sie neben dem ideellen Wert an materiellem Vorteil haben“, sagte Beck in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Mainz. Dafür müssten aber endlich die schon mehrfach von ihm angeregten Anreize festgelegt werden, wie etwa ein Anrechnen des Dienstes als Praxissemester oder eine kürzere Wartezeit vor einem ein Studium.

Die Wehrpflicht ist seit Freitag in Deutschland ausgesetzt. Es gelten neue Freiwilligendienste, die Frauen und Männern offenstehen. Die Bundeswehr will 5000 bis 15 000 junge Leute gewinnen, für den zivilen Bundesfreiwilligendienst sollen 35 000 Stellen bereitstehen. Beck hat erhebliche Zweifel, dass diese Zahlen erreicht werden. „Ich fürchte, dass es deutliche Lücken geben wird.“ Die Leidtragenden seien unter anderem Schwerbehinderte. „Am schlimmsten wird die Situation für Menschen, die eine persönliche Betreuung brauchen.“

Problematisch sei es auch in der Altenpflege: „Es gibt dann kaum jemanden mehr, der die älteren Menschen mal beim Spazierengehen begleitet, sich mit ihnen unterhält – alles, was an Mitmenschlichkeit wichtig ist.“ Wieviele der zuletzt noch 4700 Zivildienststellen in Rheinland-Pfalz durch den neuen Dienst kompensiert werden können, sei unklar, sagte Beck. „Das Interesse ist, soweit wir das bisher sehen, eher verhalten. Ich bin deswegen sehr froh um jeden Zivi, der seinen Dienst freiwillig verlängert.“ Auf diese Weise könnten im Land vielleicht 700 Zivildienstleistende bis Jahresende gehalten werden.

Der Bundesfreiwilligendienst ergänzt die weiter möglichen Engagements in einem Freiwilligen Sozialen oder Ökologischen Jahr. Zugleich beklagte Beck, dass noch immer nicht die Finanzierung all dieser Dienste geklärt sei. „So lange wir die nicht haben und es keine deutschlandweite Werbekampagne gibt, so lange können wir im Land nur marginal etwas machen.“

Rente, Hartz, Verbraucher: Was sich zum 1. Juli ändert

Die Wehrpflicht wird vorerst ausgesetzt – Experten glauben jedoch, dass das der Ende der Wehrpflicht in Deutschland insgesamt ist. Für den Bundesfreiwilligendienst, der den ebenfalls entfallenden Zivildienst ersetzen soll, gibt es derzeit noch viel zu wenige Bewerber. Und das obwohl es ein Taschengeld gibt, die Übernahme von Sozialversicherungsbeiträgen, Zahlungen in die Rentenkasse und sogar das Weiterzahlen von Waisenrenten. Doch den neuen Dienst kann die Bundesregierung den potenziellen Aspiranten, Abiturienten, Studienanfängern oder auf eine neue Betätigung Wartenden nicht schmackhaft machen.

Zum 1. Juli treten viele Neuregelungen in Kraft. Das sind die wichtigsten:

Bundeswehr: 54 Jahre nach ihrer Einführung kommt das Ende der allgemeinen Wehrpflicht . Der Grundwehrdienst wird durch den freiwilligen Wehrdienst ersetzt. Die Bundeswehr soll sich zudem von derzeit rund 230.000 Soldaten in eine deutlich kleinere Berufsarmee mit einer Truppenstärke von maximal 185.000 Soldaten wandeln. Die Wehrpflicht wird aber im Grundgesetz beibehalten.

Bundesfreiwilligendienst: Mit dem Aussetzen der allgemeinen Wehrpflicht fällt auch der verpflichtende Zivildienst für Kriegsdienstverweigerer weg. Die Lücke soll der Bundesfreiwilligendienst füllen, der zwischen 6 und 24 Monate dauert. Alle Freiwilligen sind gesetzlich sozialversichert und erhalten ein Taschengeld. Für den Dienst sollen künftig bis zu 35.000 Ehrenamtliche gewonnen werden.

Rente: Für die rund 20 Millionen Ruheständler erhöhen sich die Renten um 0,99 Prozent . Dies gilt auch für Kriegs- und Wehrdienstopfer, Opfer von Gewalttaten, Impfgeschädigte und Opfer der DDR-Diktatur, deren Renten angepasst werden.

Hartz IV: Für Empfänger des Arbeitslosengeldes II wird es einfacher, Geld hinzuzuverdienen. Künftig wird weniger zusätzliches Einkommen auf den Hartz-IV-Anspruch angerechnet. Bei Zuverdiensten zwischen 100 und 1000 Euro werden demnach nicht mehr 90 Prozent, sondern nur noch 80 Prozent angerechnet.

Verkehr: Eine Änderung des Straßenverkehrsrechts soll den Mangel an Rettungsfahrern beheben. Künftig können ehrenamtliche Feuerwehrleute mit Pkw-Fahrerlaubnis und Zusatzeinweisung auch Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen übernehmen. Voraussetzung dafür ist die Zustimmung des betroffenen Bundeslandes. Die Regelung gilt auch für Angehörige der Rettungsdienste, des Technischen Hilfswerks und sonstiger Einheiten des Katastrophenschutzes.

Verbraucherschutz: Mit „Beipackzetteln“ bei der Anlageberatung sollen die Verbraucherrechte im Finanzbereich gestärkt werden. Banken müssen künftig beim Wertpapierkauf kurze, leicht verständliche und werbefreie Produktinformationsblätter anbieten. Das Blatt muss klare Aussagen über Rendite, Risiko und Kosten der Anlageempfehlung enthalten. (abendblatt.de/dpa/dapd)