Landkreis Harburg. Landkreis Harburg und Land Niedersachsen fördern kulturelle Einrichtungen mit hohen Summen. Gleich verteilt wird dabei offenbar nicht.
Ob Freilichtmuseum am Kiekeberg, Kunststätte Bossard oder Filmmuseum Bendestorf: Die Kulturszene im Hamburger Süden ist vielfältig – und sie erfreut sich reger Beliebtheit, sowohl bei Einheimischen als auch bei Menschen, die für die zahlreichen Lesungen, Konzerte oder Ausstellungen extra aus Hamburg und dem Umland anreisen.
Doch woher kommt eigentlich das Geld, das Jahr für Jahr in die Kulturförderung im Landkreis Harburg fließt? Inwiefern ist das Land Niedersachsen involviert, inwiefern der Landkreis? Und wer muss immer wieder aufs Neue bangen?
Kiekeberg, Bossard & Co: Wer bekommt was an Kulturförderung im Kreis Harburg?
Niedersachsen fördert auf drei Wegen: Zunächst gibt es die institutionelle Förderung, die beispielsweise ein Landesmuseum erhält. Allerdings kommt diese nicht im Landkreis Harburg an, da keine Harburger Kulturstätte einen derartigen Titel trägt. Außerdem fördert das Land einzelne Projekte und Programme. Hierzu werden entsprechende Förderrichtlinien ausgerufen, unter deren Beachtung sich Einrichtungen oder Einzelpersonen bewerben können.
Und auf drittem Wege schüttet das Land Mittel über Landschaftsverbände aus. Im Landkreis Harburg verteilt der Lüneburgische Landschaftsverband die Mittel, die ihm Niedersachsen zur Verfügung stellt. Er ist näher dran am kulturellen Geschehen, so sein Sinn und Zweck, und vergibt kleinere Summen. „Alles bis 9999 Euro wird von diesen Landschaften abgearbeitet, weil sie vor Ort meistens einen besseren Überblick über kleinere Geschichten haben“, sagt Daniel Voigt, stellvertretender Pressesprecher des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur.
Rund 400.000 Euro für Harburgs Kultur – die Hälfte ging an Bossard
Doch eins nach dem anderen. Welche Projekte und Programme hat das Land während der vergangenen Jahre auf direktem Wege unterstützt? Insgesamt hat Niedersachsen 2023 für die Projektförderung im Landkreis Harburg 414.413,98 Euro ausgegeben. Rund die Hälfte, nämlich 209.900 Euro, flossen an die Kunststätte Bossard in Jesteburg.
Eine Besonderheit: Abgesehen von diesem Betrag erhielt die Kunststätte weitere 100.000 Euro aus dem Programm „Pro*Niedersachsen – Kulturelles Erbe – Forschung und Vermittlung in ganz Niedersachsen“ für „Neustart Kunststätte Bossard: Konzept für die Vermittlung eines schwierigen Erbes in Niedersachsen“. Falko Mohrs, Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur, erklärte: „Historische Zusammenhänge werden an einem authentischen Ort vermittelt und so wird ein Raum für aktuelle gesellschaftliche Debatten in Niedersachsen geschaffen.“
Kiekeberg erhielt 600.000 Euro vom Land, vom Bund 3,8 Mio. Euro für „Königsberger Straße“
An zweiter Stelle unter den Begünstigten steht 2023 die Musikschule Seevetal, an der rund 2000 Schülerinnen und Schüler von rund 50 Lehrkräften unterrichtet werden. Die Schule bietet auch eine Ausbildung zur Vorbereitung auf ein Musikstudium an. Voriges Jahr erhielt sie 88.190,98 Euro vom Land. Zur Einordnung: Die Musikschule Winsen erhielt 26.540,23 Euro und der Kunstverein Jesteburg 20.000 Euro. Andere Einrichtungen im Landkreis erhielten kleinere Summen, eher im vierstelligen Bereich.
Aber nicht jedes Jahr ist gleich. 2022 wurden beispielsweise insgesamt nur 249,292,08 Euro ausgeschüttet, die Kunststätte Bossard erhielt 8000 Euro. Das Freilichtmuseum Kiekeberg wiederum erhielt weder 2022, noch 2023 eine projektbezogene Förderung vom Land Niedersachsen.
Allerdings wurde das Ehestorfer Museum beim Aufbau seiner „Königsberger Straße“, die 2023 eröffnet wurde, vom Land mit 600.000 Euro unterstützt, vom Bund kamen 3,8 Millionen Euro dazu. Insgesamt hatten Planung und Umsetzung des Projekts 15 Jahre gedauert, die Gesamtkosten beliefen sich auf 6,14 Millionen Euro – so viel zur Größenordnung.
Landschaftsverband vergibt Mittel vom Land und Eigenmittel über den Landkreis
Doch nun zu den kleineren Fördersummen vom Land. Der Lüneburgische Landschaftsverband hat 2022 insgesamt rund 51.500 Euro an Landesmitteln vergeben, im Jahr 2023 waren es rund 10.000 Euro weniger. Auf seiner Website veröffentlicht der Verband jedes Jahr seine einzelnen Entscheidungen: Das Maschener Musical-Projekt „The Producers“ etwa wurde im aktuellen Jahr mit 6000 Euro gefördert, das Winsener „Weihnachtsoratorium für alle“ mit 3000 Euro, die Stiftung Kunststätte Johann und Jutta Bossard erhielt 9000 Euro für das aktuelle Ausstellungsprogramm.
Darüber hinaus vergibt der Landschaftsverband übrigens noch sogenannte Eigenmittel, die sich aus Mitgliedsbeiträgen seiner elf Mitglieder (unter anderem Landkreise Harburg und Lüneburg, Heidekreis, Uelzen) sowie aus einer Summe zusammensetzen, die die Landschaftliche Brandkasse, Unternehmen der Versicherungsgruppe Hannover (VGH), dem Verband jährlich zur Verfügung stellt.
Dem Landkreis stehen jährlich 20.000 bis 25.000 Euro zur Verfügung
Wer genau eine Förderung aus Eigenmitteln bekommt, bestimmt unter anderem der Landkreis. Ihm stehen jährlich 20.000 bis 25.000 Euro zur Verfügung. Allerdings gibt er seine Entscheidungen nicht preis.
Ein drittes Programm zur Förderung energetischer Maßnahmen hat der Verband erst kürzlich ins Leben gerufen. Kleinere Kultureinrichtungen, die über maximal drei hauptamtliche Vollzeitstellen verfügen, können sich bewerben, gefördert wird etwa eine neue Dämmung oder der Einbau neuer Fenster. Das Programm ist aber noch zu jung, als dass man Beispiele nennen könnte.
Durch den Landkreis erhält das Kiekeberg-Museum jährlich über 2,5 Mio. Euro
Der Landkreis Harburg sorgt für eine regelmäßige Unterstützung, zumindest der größeren Kultur-Häuser. Eine jährliche Unterstützung erfährt zum Beispiel das Freilichtmuseum am Kiekeberg, dies regelt die Satzung der 2003 ins Leben gerufenen Museumsstiftung. Der Landkreis greift außerdem dem Archäologische Museum Hamburg und Stadtmuseum Harburg (AMH) und der Kunststätte Bossard mit geplanten jährlichen Förderungen unter die Arme, andere Akteure der Harburger Kulturlandschaft müssen sich für die Förderung einzelner Projekte bewerben.
Konkrete Zahlen: 2023 erhielt die Kiekeberg-Stiftung vom Landkreis noch eine Summe in Höhe von 2.011.400 Euro. Laut einer neuen Zuwendungsvereinbarung sichert der Landkreis den Betrieb im aktuellen Jahr und bis 2028 mit einer jährlichen Summe von je 2.550.000 Euro. Im vergangenen Jahr erhielt die Stiftung außerdem eine Zustiftung in Höhe von 150.000 Euro vom Landkreis.
Museum am Kiekeberg zählt 202.096 Gäste, Kunststätte Bossard einen Bruchteil
Zum Vergleich: Die Stiftung Bossard bekam 2023 400.000 Euro und in diesem Jahr 395.000 Euro. An das AMH gingen 2023 wiederum 250.000 Euro und 2024 260.000 Euro. Vergleichen könnte man die drei Harburger Kultureinrichtungen kaum, so unterschiedlich sind ihre Ausrichtungen.
„Unser Job ist es, immer wieder der Politik in Hannover klarzumachen: Wir haben eigentlich auch das Anrecht auf den Status eines Landesmuseums.“
Möglicherweise lassen sich ihre Besucherinnen- und Besucherzahlen miteinander in ein Verhältnis bringen. Das Freilichtmuseum am Kiekeberg hatte im vergangenen Jahr 202.096 Besucherinnen und Besucher, für 2024 rechnet das Museum mit einem Plus von fünf bis sieben Prozent. Das AMH zählte 2023 94.511 Gäste und die Kunststätte Bossard 10.339, also ungefähr ein Zwanzigstel von dem, was am Kiekeberg gezählt wurde.
Der Kulturlandkreis Harburg fördert jährlich mit rund 25.000 Euro
Dann wäre da noch eine weitere Einrichtung, über die der Landkreis Harburg Kultur fördert: der Kulturlandkreis Harburg, der an das Freilichtmuseum Kiekeberg angebunden ist. Er ist unter anderem für die Förderung der Breitenkultur zuständig, die Wahrung der plattdeutschen Sprache und durch ihn wird auch der Kulturpreis Blauer Löwe vergeben. Ein Betrag von rund 25.000 Euro wird jährlich zur Förderung einzelner Kulturstätten genutzt, die Entscheidung hierüber liegt beim Kreisausschuss.
Übrigens werden die Kulturstätten natürlich auch von den privaten Stiftungen und den Gemeinden unterstützt. Die Kunststätte Bossard erhält neben dem festen jährlichen Zuschuss vom Landkreis auch einen jährlichen Zuschuss von der Gemeinde Jesteburg in Höhe von 25.000 Euro und einen von der Sparkasse Harburg-Buxtehude in Höhe von 50.000 Euro. Letztere förderte beispielsweise im Jahr 2023 knapp 100 Vorhaben oder Institutionen mit rund 250.000 Euro.
Andere Fördermittelgeber der Kunststätte Bossard waren in den vergangenen Jahren unter anderem die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die Niedersächsische Sparkassenstiftung und die Bingo Umweltstiftung.
Das Filmmuseum Bendestorf braucht Förderung, um laufende Kosten zu decken
Das Filmmuseum Bendestorf gehört zu den Akteuren, die regelmäßig trommeln müssen, wie es Thomas Smidt, Vorstand vom Freundeskreis Filmmuseum Bendestorf, nennt. Vom Landkreis erhielt das Museum 2023 10.000 Euro, im aktuellen Jahr waren es aufgrund der Kürzung des Haushalts lediglich 5.000 Euro. Die Sparkasse Harburg-Buxtehude habe die Lücke aber gefüllt, sagt Smidt.
Alle zwei Jahre müsse der Förderbescheid für das Filmmuseum erneuert werden, damit alle Kosten des Museums, in erster Linie die laufenden Kosten, gedeckt werden können. Dafür muss das Museum sämtliche Unterlagen vorbereiten, Smidt rechnet hierfür pro Jahr ungefähr 50 Arbeitsstunden ein.
Der Vorsitzende findet es höchst problematisch, dass sich die Förderer meist daran orientieren, was andere Förderinnen bereits gegeben oder eben nicht gegeben haben, es komme zu einem Teufelskreis. Wenn die Samtgemeinde Jesteburg einen Förderantrag abgelehnt habe, dann sage die Gemeinde Bendestorf daraufhin ebenfalls: Nee, das machen wir nicht. Und somit sei dann meist auch der Landkreis Harburg nicht bereit, ein Vorhaben des Filmmuseums zu unterstützen.
Millionenspiel Kulturförderung: Kiekeberg prangert ungleiche Gewichtung an
Um eine regelmäßige Förderung, aber eine Ebene höher, kämpft das Freilichtmuseum am Kiekeberg seit Jahren. Die kaufmännische Geschäftsführerin, Carina Meyer, wünscht sich langfristige Planungssicherheit über Betriebsmittel, auch im Personalbereich. „Unser Job ist es, immer wieder der Politik in Hannover klarzumachen: Wir haben eigentlich auch das Anrecht, den Status eines Landesmuseums zu haben“, sagt Meyer.
Das Museumsdorf Cloppenburg ist zwar kein Landesmuseum, kein Betrieb des Landes also, aber ein vom Land institutionell gefördertes Museum. Es erhält jährlich eine Finanzspritze in Höhe von rund 1,9 Millionen Euro vom Land Niedersachsen. Wie das Kiekeberg-Museum ist es ein Freilichtmuseum, wenn auch größer. Laut Netz kamen 2023 rund 280.000 Besucherinnen und Besucher in das Museum, also rund 60.000 mehr als das Ehestorfer Museum im aktuellen Jahr erwartet.
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Ein Problem seien beispielsweise die Betriebskosten von Lagerstätten, erklärt Meyer. Denn Förderer seien meist nicht daran interessiert, diese Orte, die man nicht sieht, zu denen man keinen Zutritt hat, mitzufinanzieren. „Dabei sind sie so wichtig, in ihnen steckt unser größter Schatz“, sagt die Geschäftsführerin: „Wir geben da nicht auf. Es ist schön, dass uns der Landkreis unterstützt, aber es wäre noch schöner, wenn das Land ergänzend tätig würde.“
Eine gute Begründung dafür, warum das Kiekeberg-Museum keine institutionelle Förderung bekommt, gebe es in ihren Augen nicht, führt Meyer fort. Es werde immer gesagt, dass es ja schon das Museum in Cloppenburg gebe, aber schließlich gebe es auch mehrere vom Land geförderte Kunstmuseen.