Jesteburg. Handwerker renovieren Dachstuhl der Kunststätte Bossard bei Jesteburg. Dabei machen sie spektakuläre XXL-Entdeckung. Die ersten Bilder.
Für einen Außenstehenden ist die Bedeutung schwer zu beurteilen. Fakt ist, dass die Museumsleitung der Kunststätte Bossard im Landkreis Harburg von einem „Sensationsfund“ spricht. In einem nicht zugänglichen Dachraum lagerten mehr als 100 Jahre die eingerollten Einzelbilder des Monumental-Gemäldes „Tatkraft“. Das Werk hatte Johann Michael Bossard in den Jahren 1907 und 1908 geschaffen. Entdeckt wurde es bei Sanierungsarbeiten am Wohn- und Atelierhaus.
Kunststätte Bossard: Handwerker entdecken verschollenes Gemälde „Tatkraft“
Im Ortsteil Lüllau der Gemeinde Jesteburg – dort wo sich die Kunststätte Bossard befindet – legen Dachdecker gerade Stück für Stück vom Dachstuhl frei. Über dem sogenannten „Schatzkämmerchen“ im Eddasaal hätten sie dabei einen sensationellen Fund gemacht, so die Museumsleitung.
Die Handwerker beförderten nicht nur 22 der zum Monumental-Gemälde gehörende Leinwände aus dem unbekannten Lager. Sie entdeckten auch drei weitere Gemälde und eine Zeichnung aus dem Frühwerk Bossards sowie Teile einer bemalten Rahmung.
Zum Monumental-Gemälde gehören insgesamt 22 einzelne Leinwände
„Dieser sensationelle Fund ist ein bedeutender Gewinn für unser Museum“, sagte Heike Duisberg-Schleier, Leiterin des Museums Kunststätte Bossard. „Er eröffnet uns neue Perspektiven auf das Werk von Johann Michael Bossard und hilft uns, das Bild des Künstlers weiter zu schärfen.“
Das Monumental-Gemälde ist indes nicht unbekannt. Ein Entwurf, Einzelstudien und historische Fotografien davon befinden sich im Bestand der Stiftung Kunststätte Johann und Jutta Bossard. Der Verbleib des beeindruckenden Gemäldes war bisher allerdings nicht geklärt. „Tatkraft“ besteht vermutlich aus 27 Einzelleinwänden mit einer Gesamtlänge von 18 Metern und einer Höhe von etwa fünf Metern und entstand in den Jahren 1907 und 1908.
„Tatkraft“ entstand für die große Berliner Kunstausstellung 1908
„In den Briefen von Johann Michael Bossard an seinen Freund und Förderer Emil Hegg berichtet der Künstler von der Arbeit an diesem Monumental-Gemälde“, berichtet die Kuratorin und stellvertretende Leiterin des Museums, Katharina Groth. „Bossard fertigte das Gemälde ‚Tatkraft‘ für eine Präsentation auf der großen Berliner Kunstausstellung 1908. Vor dieser Ausstellung erhielt Bossard jedoch die Möglichkeit, sein Werk bereits im Februar 1908 in der Aula der Hamburger Kunstgewerbeschule zu zeigen“, ergänzt Groth.
Nach der Präsentation in Berlin, die von verschiedenen Kunstzeitschriften und Zeitungen begleitet wurde, habe Bossard das großformatige Gemälde vermutlich auch bei Ausstellungen in Chemnitz, Danzig und Zug in den Jahren 1909 und 1910 präsentiert. Das Werk ist ein wichtiges Schlüsselwerk, mit dem sich Johann Michael Bossard zum Antritt seiner Stelle als Lehrer für Bildhauerei an der Kunstgewerbeschule Hamburg vorstellte und anschließend auf Aufträge hoffte.
Kuratorin muss nun die Geschichte der 26 gefundenen Werke erforschen
Die Kuratorin steht jetzt vor der Aufgabe, die weitere Geschichte der 26 gefundenen Werke zu erforschen. Erste Ideen, die Funde und ihre ungewöhnliche Fundgeschichte in den Mittelpunkt einer Sonderausstellung im Winterprogramm 2025 zu stellen, hat Katharina Groth auch schon.
In einem nächsten Schritt werden die Fundstücke von der Restauratorin des Museums, Stefanie Nagel, vom Staub befreit, auf mikrobiologischen Befall untersucht, gereinigt und anschließend zur Einlagerung in das Schaumagazin überführt. Über den weiteren Umgang werde im Laufe der kommenden Monate entschieden, heißt es aus Lüllau.
Kunststätte Bossard: Museumsfest am Sonntag, 15. September, in Jesteburg
Mehr zur Bergung der Kunstwerke und zur Geschichte des Monumental-Gemäldes können Besucherinnen und Besucher beim Museumsfest am Sonntag, 15. September, erfahren. Die Sanierungsarbeiten am Wohn- und Atelierhaus werden unter www.bossard.de dokumentiert.