Bergedorf. Und was ist mit Popcorn-Automaten? Bergedorfer Kulturausschuss diskutiert über teils kuriose Anträge für Fördergeld. Wer Geld bekommt.

„Also ich habe Bauchschmerzen mit den Würstchen“, sagte Geerd Dahms, der für die FDP den Bergedorfer Kulturausschuss leitet. Zumindest fiktiv kamen diese Würste bei der jüngsten Sitzung auf den Tisch, denn der Förderverein der FF Reitbrook beantragte 650 Euro für seinen Laternenumzug am 6. Oktober – samt Bratwurst, Getränken und Süßigkeiten im Wert von insgesamt 530 Euro.

„Die Feuerwehr tut so viel Gutes. Man kann doch mal über seinen Schatten springen, auch wenn die Würstchen nicht unbedingt Kultur sind“, kämpfte indes Erika Garbers (CDU) – und erntete prompt senf-scharfe Kritik der Linken: „Einen Popcorn-Automaten für das Open-Air-Kino haben wir doch auch abgelehnt“, erinnerte Rudi Walter. So verständigte sich die Mehrheit der Kulturpolitiker auf eben nur 250 Euro, denn der Musikzug müsse natürlich belohnt werden.

Weniger Anträge als Geld vorhanden

Es war diesmal ein zähes Ringen um das Geld, dabei ist eigentlich – auch dank Restmitteln – genug im Pott: 26.800 Euro können vergeben werden, wobei sich die Antragssumme auf bloß 21.141 Euro beläuft. Aber mancher Antrag hinterlässt eher Fragezeichen, etwa wenn die Vierlandenstiftung „Unsere Heimat“ für 3500 neun Stromkästen verschönern lassen möchte: „Wie viele kommen denn da noch? Ist das eine Rentenversicherung für den Künstler?“, wunderte sich Rudi Walter, der dennoch überstimmt wurde.

Umso mehr griff sein Argument gegen die Förderung des Fachverbandes Theater in Schulen, der an der Ganztagsschule Bergedorf (GSB) zwei Projekte auf die Bühne bringen will: ein Impro-Theater und die Mittelmeer-Monologe mit zwei Schauspielern, die Flüchtlingsgeschichten aus Kamerun und Libyen erzählen. „Die sollten dafür ihren gut situierten Schuletat nutzen“, meinten die Linken zugleich mit der CDU, auch Grünen-Politiker Thorsten Scharnke schloss sich an: „Wir sollten keinen Präzedenzfall durchwinken.“ Während Clara Lenné (SPD) eine „intransparente Kalkulation“ bemängelte. Ergebnis: Nur das Impro-Theater bekommt die gewünschten 2670 Euro – samt einem Bescheid „mit mahnendem Charakter“: Künftig ist eine rein schulische Förderung ausgeschlossen.

Brauchen Chorsänger einen Verstärker?

Man sei doch nicht in Not und könne mal „in vollem Umfang fördern“, meinte Matthias Zaum (CDU) mit Blick auf den 2011 gegründeten Chor des Boberger Klinikums, der gern ein eintrittsfreies Konzert in der Lohbrügger Auferstehungskirche geben würde. Allein: Brauchen die wirklich Mikros und Verstärker? Und warum sind für vier Chorproben jeweils 800 Euro angesetzt? Man könne sich auf einen Zuschuss von 500 Euro einigen, wolle aber noch mal die Kosten hinterfragen, einigte sich der Ausschuss.

Leichter fielen Entscheidungen für das Musiktheater Bethlehem in der Auferstehungskirche (1500 Euro), für das Bergedorfer Stadtschreiber-Projekt (875 Euro), ein persisch angehauchtes Konzert im SerrahnEins (400 Euro) und das Theater ohne Grenzen im Haus brügge (3000 Euro).

Jazzmusik mit Stummfilm

Was aber machen mit der spannenden Idee des Saxofonisten Hans-Christoph Hartmann, der im Körber-Haus zwei Herbst-Konzerte zum Thema „Jazz in Schwarz und Weiß“ organisieren möchte? Einmal möge der Gewinner des Hamburgischen Jazzpreises, Dirk Achim Dhonau, dabei sein. Ein anderes Mal könnte der 1929 mit Marlene Dietrich produzierte Stummfilm „Die Frau, nach der man sich sehnt“ gezeigt werden, verbunden mit selbst komponierter Musik.

Hier zweifelt niemand an der guten Idee, wohl aber an der Kalkulation mit nur 30 Gästen, die jeweils 7 Euro Eintritt zahlen. „Jazz ist gut besucht, da kommen vermutlich mehr, und die passen ja auch in den Saal“, ahnt Christdemokrat Zaum. Immerhin hat Antragsteller Hartmann allein 700 Euro für Werbung eingerechnet (samt Grafik für Plakate und Postkarten). Am Ende aber wurden dem freiberuflichen Musiker einstimmig 2000 Euro statt der gewünschten 3496 Euro bewilligt.

Kulturzentrum Lola bittet Politik um Hilfe

Zum guten Schluss soll auch das im Herbst 2017 mit Flüchtlingen gestartete Lola-Musikprojekt „Hello World“ 1700 Euro bekommen, das an jedem dritten Freitag, 18 Uhr, bis zu 100 Gäste (ohne Eintritt) an die Lohbrügger Landstraße lockt. Auch bei fremden Harmonien, wenn etwa arabische Vierteltöne auf dem Keyboard erklingen, ist hier gewünscht, dass die Musiker fremder Länder auf der Bühne Deutsch sprechen.

Klartext fand indes auch Susette Schreiter, die für das Kulturhaus den Wirtschaftsplan 2024 als Desaster beschreibt: „Die jährliche Haushaltserhöhung von 1,5 Prozent reicht für gar nichts. Wir sind auf die Unterstützung der Politik angewiesen, um wenigstens den Status Quo halten zu können.“

Andächtiges Nicken und Rechnen in der Runde: Schließlich hatte man gerade nicht allzu viel beschlossen und ausgegeben, sind noch 10.408 Euro übrig und „Zurückgeben ist für die Koalition keine Option“, so Geerd Dahms, der von der Bergedorfer Verwaltung darauf hingewiesen wurde, dass eine Verteilung auch ohne Antrag machbar ist. So setzte sich die Mehrheit durch, jeweils 2600 Euro an die Lola zu geben, an das Haus brügge, das KulturA in Neuallermöhe und das Bergedorfer Geschichtskontor – als Projektmittel zur Verstärkung und Wertschätzung ihres kulturellen Programms.

Das alles jedoch nicht ohne die Kritik von den Grünen, die gern auch das Bürgerhaus Westibül bedacht hätten, sowie den Linken, die das Kulturhaus SerrahnEins fördern möchten: „Da kommt die Koalition durch die Hintertür und mag sich nicht mal mehr mit uns absprechen“, so Rudi Walter.