Das große Aufräumen: Die neuen Chefinnen Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier wollen die Bayreuther Festspiele jünger gestalten und neue Medien trendgerecht nutzen. Doch auch die Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit steht auf dem Programm.
Berlin. Am Ende wurde Katharina Wagner doch noch von der Vergangenheit eingeholt. Nachdem sie eine Dreiviertelstunde lang über die Zukunft der Wagner-Festspiele gesprochen hatte, kam die Urenkelin Richard Wagners (1813-1883) in Berlin auf die Verstrickung ihrer Familie mit dem Nationalsozialismus zu sprechen. Ein „unabhängiges Institut“ solle die historische Forschung vorantreiben und Einblick in vielleicht noch unbekannte Dokumente bekommen. „Das kann ich für mich und meinem Vater zusagen“, sagte die neue Co-Intendantin vor 600 Zuhörern in der vollbesetzten Bayern-Vertretung. Bis zum Wagner-Jahr 2013 soll ein erstes Ergebnis vorliegen.
Mit dabei am Dienstagabend sollte auch Eva Wagner-Pasquier (64) sein, Katharinas Kollegin an der Festspielspitze. Aus Termingründen hatte sie in Berlin abgesagt. Wer sich dahinter einen Familienzwist in bester Wagner-Tradition erhoffte, wurde enttäuscht. Die Zusammenarbeit mit ihrer Halbschwester laufe harmonisch und reibungslos, es habe sich eine „natürliche Aufgabenteilung“ ergeben.
Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier waren am 1. September 2008 als Nachfolgerinnen ihres Vaters Wolfgang Wagner berufen worden. In diesem Jahr eröffnen die Festspiele am 25. Juli mit „Tristan und Isolde“. Premieren stehen in dieser Spielzeit nicht auf dem Programm.
Zwar hatten die Festspiele zur Präsentation in der Hauptstadt unter dem Motto „Zukunft Bayreuth“ eingeladen. Katharina Wagner und Bayerns Kunstminister Wolfgang Heubisch (FDP) sprachen dann auch viel von der „Marke Bayreuth“, „Corporate Identity“ und einem neuen, jüngeren Publikum für das Festival. Beim Ausmalen der Zukunft war der Blick zurück wohl unerlässlich. „Bayreuth hatte kein Gesicht“, sagte Wagner etwa über das öffentliche Erscheinungsbild. Zu „verworren“ sei bisher der Auftritt gewesen, auch im Umgang mit den Medien. „Da braucht man sich nicht wundern, was zurückkam“, sagte die 31-Jährige.
Das soll sich ändern. Kundenfreundlicher soll Wagners Bayreuth werden, einen zeitgemäßen Internet-Auftritt bekommen. Bereits jetzt sei der Festspiel-Podcast auf iTunes ein Renner. Fortgesetzt werden sollen die öffentlichen Live-Präsentationen auf Großleinwänden in der Stadt. Eher enger sind da die Gestaltungsmöglichkeiten bei der Kunst. Das meiste sei bereits verplant, offen sei nur noch der 2013 beginnende „Ring“-Zyklus. Mit den möglichen Regisseuren werde noch gesprochen. Es steht aber fest, dass der Russe Kirill Petrenko die musikalische Leitung übernimmt.
Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) bekundete den Festspielen die Treue. Mit Subventionen von zwei Millionen Euro allein in diesem Jahr trage die Bundesrepublik rund ein Drittel der Aufwendungen der Festspiele. Für 2010 sei eine Zuschusserhöhung auf 2,3 Millionen Euro geplant.
Für den Umbau des Restaurants, für viele Bayreuth-Besucher in jeder Saison ein wiederkehrendes Ärgernis, wird es nicht reichen. Das sei eine „missliche Situation“, aber im „Retrolook“ der Siebziger sei die Gaststätte dann auch wieder in Ordnung. „Man muss es positiv sehen: Es funktioniert“, sagte Wagner. Der Sprecher der Festspiele, Peter Emmerich hatte zuvor erklärt, es seien Baumaßnahmen in Höhe von insgesamt etwa fünf Millionen Euro geplant. Kernstück der Vorhaben sei eine zusätzliche Probebühne.
Auch im Bayreuther Wagner-Haus, der Villa Wahnfried, gibt es Renovierungsbedarf. Heubisch mahnte einen modernen Museumsbetrieb mit Wechselausstellungen an. Und auch hier soll die Festspielgeschichte in der NS-Zeit zur Sprache kommen. „Das ist eine Herausforderung für den Bürgermeister“, sagte der Minister.