Das teils dramatische, teils groteske Ringen um die Nachfolge des Bayreuther Festspielleiters Wolfgang Wagner ist beendet. Eva Wagner-Pasquier und Katharina Wagner dürfen künftig das weltweit renommierte Kulturunternehmen führen.

Beide wollen die Festspiele behutsam reformieren, planen aber keine großen Änderungen, geschweige denn revolutionäre Neuerungen. Ziel ihres am Montag vor dem Stiftungsrat präsentierten Konzeptes mit dem Titel "Zukunft Bayreuth" ist es, die künstlerische Qualität der Festspiele zu steigern und die mediale Vermittlung und Vermarktung zu verbessern. "Was im Bayreuther Festspielhaus zu hören und zu sehen ist, soll der Inbegriff und Maßstab für die musikalische und szenische Deutung von Richard Wagners Musikdramen sein", heißt es in dem neunseitigen Papier. Der Spielplan soll auch künftig auf die zehn von Richard Wagner selbst für festspielwürdig erklärten sechs Einzelwerke und den "Ring des Nibelungen" beschränkt bleiben. Bei der Sicherung der musikalischen Qualität soll Hausdirigent Christian Thielemann als Berater helfen.

Der Entscheidung des Stiftungsrates am Montag war ein Bühnenstück von Wagnerschen Dimensionen vorausgegangen. Die Hauptrolle in dem Familiendrama in mehreren Akten mit einer fast siebenjährigen Pause spielten Wolfgang Wagner und seine Frau Gudrun.

Der letzte Akt begann Ende November mit dem plötzlichen Tod von Wagners zweiter Ehefrau Gudrun. Sie hatte 1976 Wolfgang Wagners Tochter Eva vom "Grünen Hügel" gejagt. Mit dem zunehmenden Alter ihres Mannes galt die dominante Mutter von Katharina als die eigentliche Herrin im Festspielhaus. Nur für sie und mittelfristig für die gemeinsame Tochter wäre der Prinzipal 1999 bereit gewesen, von seinem lebenslangen Vertrag als Festspielleiter zurückzutreten. Schon damals hatten sich auch Eva Wagner-Pasquier und Nike Wagner beworben.

Im Herbst 2000 bezichtigte Wagner seine Tochter Eva der Unfähigkeit und erklärte die Debatte um seine eigene Nachfolge für beendet. Der folgende Machtkampf zwischen Wagner und dem Stiftungsrat - insbesondere in der Person des damaligen bayrischen Kunstministers Hans Zehetmair (CSU) - hatte teils operettenhafte Züge. Zehetmair warf Wagner damals Unbeweglichkeit und Starrsinn vor. Der Alte giftete zurück, der Minister inszeniere ein Kesseltreiben gegen ihn, das ungute Assoziationen wecke. Der wiederum konterte: "Die jüngsten, reichlich bizarren Äußerungen von Wolfgang Wagner gehören nach Wortwahl und Inhalt eher in die Abteilung Rumpelstilzchen, sie regen aber ansonsten niemanden auf."

Der Stiftungsrat stand vor einem Scherbenhaufen. Ungeachtet dessen kürten die Vertreter der Zuschussgeber Ende März 2001 einstimmig Eva Wagner-Pasquier zur neuen Festspielchefin und forderten den Alten auf, zurückzutreten. Doch die Politiker bissen sich an dem fränkischen Dickschädel die Zähne aus. Der Enkel Richard Wagners saß auch diese brenzlige Situation aus. Eva Wagner-Pasquier resignierte und zog ihre Bewerbung zurück. Auch die Drohung des Stiftungsrates, Wagner einen "Notgeschäftsführer" zur Seite zu stellen, fruchtete nicht.

Annähernd sieben Jahre nach dem ersten Scheitern Eva Wagner- Pasquiers am Widerstand ihres Vaters kam wieder Bewegung in die Nachfolgefrage. Wenige Wochen vor dem Tod ihrer Mutter präsentierte Katharina Wagner im November 2007 ihre Bewerbung mit dem "Hügel"- Dirigenten Christian Thielemann. Der tragische Tod von Gudrun Wagner war ein Schicksalsschlag für Wolfgang Wagner und eine gute Fügung für den Stiftungsrat. Er ebnete den Weg zur Versöhnung zwischen Vater und Tochter Eva und schließlich zur gemeinsamen Bewerbung der beiden Halbschwestern. Am 8. April 2008 signalisierte der altersschwache Wagner seine Bereitschaft zum Rücktritt und schlug seine beiden Töchter als geeignete Nachfolgerinnen vor.