Ein August-Abend in Hamburg: Die Außentemperatur erreicht noch spät 30 Grad. Innen im ausverkauften Logo an der Grindelallee herrschen gefühlte 70 Grad. An 400 Körpern rinnt der Schweiß in breiten Strömen herunter, jedes Kleidungsstück ist längst durchsichtig.
Hamburg. Auf der Bühne steht das angesagte New Yorker Neo-Punk-Trio Yeah Yeah Yeahs. Aus den Verstärkern, die eben noch leise vor sich hin brummten, pustet Rock die Röcke hoch. Karen O, Sängerin des Trios, stöhnt, ächzt, kreischt, reibt sich am berühmt-berüchtigten Mittelpfeiler der Logo-Bühne - nur um sich kurz darauf breitbeinig (im Minikleid . . .) auf dem Boden zu wälzen. Im ganzen Club bricht die Hölle los. Eine nasse Masse Mensch schiebt sich wenige Zentimeter vor der nur 30 cm hohen Bühne hin und her, mancher geht zu Grunde und kniet, Leere im Blick, vor Karen O und versucht, den letzten Tropfen Bier aus der Flasche zu saugen, andere lassen sich von ungezählten Händen emporheben, um wie Käfer mit Händen und Füßen an der niedrigen Decke (!) entlang zum Tresen zu krabbeln. Kleidungsstücke bleiben liegen, und physikalische Gesetze scheinen längst aufgehoben . . .
Zwei Jahre später, am vergangenen Donnerstag, ist das Logo noch leer. Musiker der Band Crash Curse wuchten ihre Verstärker durch die Tür. Torsten "Tosh" Rörbäk prostet ihnen zu. Er ist seit einigen Jahren Booker des Clubs von Geschäftsführer Eberhard Gugel, ein Job mit Verantwortung. Schließlich gibt es das Logo, den lärmenden "Schuhkarton" im Uni-Viertel, schon seit mittlerweile 31 Jahren. Ungezählte Stars waren hier auf Durchgangsstation auf dem Weg nach oben: Wilson Pickett, The Verve, Oasis, Skunk Anansie, No Doubt, Queens Of The Stone Age, Beatsteaks, White Stripes, Adam Green, Kaiser Chiefs . . . ein Wer-ist-wer-wir-sind-bald-Wer des Pop.
"Das ist schon heiß, Du stehst hier mit Rammstein am Kicker, dann rocken die vor 50 Nasen, und ein paar Jahre später spielen sie in der ausverkauften Color-Line-Arena", lacht Tosh. Das ist das Logo: große Bands von morgen heute hautnah erleben. Aber das Geschäft ist hart geworden. Tosh: "In den 90ern war es leichter, 300 Bands im Jahr hier auftreten zu lassen. Heute ziehen die großen Arenen-Bands mit doppelt so teuren Ticketpreisen wie damals den potentiellen Logo-Gästen das Geld aus der Tasche, während wir uns mit der Künstler-Steuer für ausländische Acts und Konkurrenz zu anderen Freizeit-Themen, von Sport bis Playstation, rumschlagen." Kurz: Das Logo-Angebot günstiger Live-Musik von engagierten Bands und talentierten Newcomern ist: viel geben, wenig nehmen und noch weniger kriegen. "Unsere Newcomer-Reihe ,Ohrenschmaus' - Unwort - zieht mit drei Bands für 5 Euro im Schnitt 110 Gäste und trägt sich, aber Aufmerksamkeit in der Presse erregt man damit nicht, da braucht es eben Namen wie Adam Green."
Doch zwischen Tagen mit Künstlernamen, die Medien begierig aufsaugen und verbreiten, ist das Logo auf sich allein gestellt - Gras fressen am Limit. Doch gerade dieser Umstand ist es, der dem Logo Respekt in der Szene verschafft. Ein Brief in Toshs Logo-Ordner, kurz hinter der Liste mit den skurrilsten bisherigen Bandnamen ("Österreich Ungern"), spricht Bände: "Liebes Logo, ich habe für das ausverkaufte Konzert von Kula Shaker Karten gefälscht, um noch irgendwie hereinzukommen. Hiermit sende ich euch das dadurch entgangene Eintrittsgeld, ich werde so was auch nie wieder tun." Auch das ist Rock 'n' Roll - im Logo. In Hamburg. Hin!