Das Knust an der Feldstraße ist berühmt dafür, daß man hier die Stars von morgen trifft.

Hamburg. "Ich hab' R.E.M. und Heather Nova schon live in Hamburg gesehen, als sie kein Schwein kannte." Was dann folgt, ist eine der beliebtesten "Opa erzählt vom Krieg"-Geschichten der Hamburger Klubszene: "Ich war dabei." Denn ihre ersten Konzerte bestritten "R.E.M." und Heather Nova nicht auf der Trabrennbahn oder in der Großen Freiheit 36, sondern in einem kleinen, leicht gammeligen Klub, dessen Name irgendwie nach Brotkanten klingt: Knust.

Von 1976 bis 2001 war der Konzertschuppen an der Brandstwiete beheimatet, berühmt für Konzerte engagierter Newcomer und kommender Stars vor allem aus der amerikanischen Singer/Songwriter- und Neo-Folk-Szene, berüchtigt für heiße "Engtanzpartys". Doch im Juni 2001 wurden Eigner Karsten Schölermann (seit 1984) und Norbert Roep (Pächter seit 1999) die Verträge gekündigt, da das alte Kontorgebäude inklusive Knust einem Neubau weichen mußte. "Bis Frühjahr 2003 suchten wir an über 50 Standorten nach einem Raum für einen Knust-Nachfolger, ohne Ergebnis, bis uns die Betreiber des ,Schlachthof' im Neuen Kamp 30 an der Feldstraße anboten, ihren Klub zu übernehmen", erzählt Roep.

Die Lage zwischen St. Pauli und Karoviertel, direkt an der U-Bahn, war ebenso verlockend wie die Räume in der ehemaligen Rinderschlachthalle, mit einem Konzertsaal für knapp 350 Besucher, Empore und Barbereich mit einer zweiten kleinen Bühne. Auf der anderen Seite waren dort schon mehrere Betreiber gescheitert.

Was soll's, am 28. August 2003 enthüllte das Team, welches heute aus Schölermann, Roep, Dirk Matzke und weiteren Mitarbeitern besteht, das Namensschild des neuen Klubs: Knust. Die Marke sollte weiterleben mit allem, wofür sie steht.

"Die Kosten von der Künstlersozialkasse bis hin zu den Ticketpreisen der großen Konzertveranstalter sind in den letzten Jahren stark angestiegen, aber nach wie vor können Newcomer bei uns spielen, wenn sie einen Teil der Karten vorfinanzieren und selber verkaufen. Dafür geht die Knust-Tür inklusive Produktionskosten auf." Das einzige, womit die Bands noch rechnen müssen, ist das aus Rock 'n' Roll gemeißelte Gesicht von Roep in der ersten Reihe links vor der Bühne - mit Bierflasche und selbstgedrehter Kippe.

"Das ist ein Zeichen von Respekt gegenüber den Künstlern, kann doch nicht angehen, daß Klubbetreiber nicht dabei sind." Denn enge Kontakte zu Veranstaltern und Sub-Szenen von Rockabilly bis Folk sind nach wie vor das A und O im Knust. Und das spricht sich rum. "Das ist doch der Klub, wo die St.-Pauli-Fans feiern", sagten die Musiker von Teenage Fanclub aus Glasgow. Die Celtic-Glasgow-Fans sind eng mit dem FC St.Pauli verbunden, und scheinbar lärmen die regelmäßigen Saison-Abschlußpartys der Paulianer im Knust bis ins ferne Schottland.

In Zukunft soll es nach Konzerten am Wochenende verstärkt Partys im Geiste der jeweiligen Band geben, mit passender Musik und vielleicht auch mit der Möglichkeit, im Kreis der Musiker ein Bier zu heben. ",I Am Kloot' hat kürzlich nach dem Konzert noch bis 4 Uhr hier getanzt" und so soll es weitergehen. Zukunftsmusik.

Was sich aber heute sagen läßt, ist eine kontinuierlich steigende Resonanz bei Konzertveranstaltern und Zuschauern. Kein Wunder, ist doch der "Ich war dabei"-Faktor nach wie vor groß im Knust. Als die US-Rocker Maroon 5 im Knust auftraten, waren sie in der Heimat schon mit Platin ausgezeichnet worden, drei Wochen später ging's nach oben in den deutschen Charts. Die britische RetroPop-Gruppe Art Brut war im Knust noch Geheimtip, nun ist sie eine der angesagtesten Bands in Europa. Nicht zu vergessen The Divine Comedy, Trail of Dead, The Mars Volta, die Sterne, Melissa Auf der Maur, The Subways, Emiliana Torrini, Madsen, Hansen Band, Kaizers Orchestra: Sie waren schon da, große und große kleine Bands aus Hamburg und dem Rest der Welt.

Am 23. November kommt mit der schottischen Songwriterin KT Tunstall schon wieder ein "nächstes großes Ding", zu Hause Star, hier Geheimtip, nach Hamburg ins Knust. Roep steht wieder vorne links. Und in zehn Jahren sagt wieder jemand: "Ich war dabei."