Der langjährige Leiter der Bayreuther Festspiele und Enkel Richard Wagners starb am Sonntag im Alter von 90 Jahren in Bayreuth.
Bayreuth. Die Opernwelt trauert um Wolfgang Wagner. Der langjährige Leiter der Bayreuther Festspiele und Enkel Richard Wagners starb am Sonntag im Alter von 90 Jahren in seinem Haus in Bayreuth. 57 Jahre lang, von 1951 bis 2008, stand er an der Spitze der weltberühmten Richard-Wagner-Festspiele, davon mehr als 40 Jahre in alleiniger Verantwortung. Zum 1. September 2008, zwei Tage nach seinem 89. Geburtstag, übergab er die Festspielleitung an seine Töchter, die Halbschwestern Eva Wagner-Pasquier (64) und Katharina Wagner (31).
Intendanten, Künstler und Politiker würdigten Wagners einzigartige Lebensleistung. Bundespräsident Horst Köhler schrieb an die Töchter: „Mit Ihrem Vater verlieren Bayreuth und die gesamte Opernwelt einen ihrer wahrhaft Großen.“ Wagner habe das Erbe seines Großvaters in herausragender Weise gepflegt und fortgeführt. „Er hat sich um das kulturelle Ansehen unseres Landes verdient gemacht.“ Der Direktor der Wiener Staatsoper, Ioan Holender, sagte: „Von den Größten war er der Größte.“
Nach Angaben seiner Tochter Katharina ist Wagner friedlich eingeschlafen. Er soll im Kreis der engsten Angehörigen in Bayreuth bestattet werden. „Die Familie möchte, dass die Beerdigung Privatsache bleibt“, sagte Festspielsprecher Peter Emmerich. Dies entspreche dem Wunsch des Verstorbenen. Daneben soll es auch eine offizielle Gedenkfeier geben. Wagners Töchter informierten am Montag die Beschäftigten im Festspielhaus offiziell über den Tod Wagners. Auf dem Festspielhaus wurde auf Wunsch der Belegschaft die Wagner-Fahne mit Trauerflor auf halbmast gehisst. Die Flagge mit einem roten „W“ auf weißem Grund wird üblicherweise nur im Sommer während der Festspiele aufgezogen.
1. ONLINE-TAGEBUCH ZU DEN RICHARD-WAGNER-FESTSPIELEN 2009
2. HINTERGRUND: DIE RICHARD-WAGNER-FESTSPIELE
Wagner wurde am 30. August 1919 in Bayreuth als Sohn von Siegfried und Winifred Wagner geboren. Gemeinsam mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Wieland baute er nach dem Zweiten Weltkrieg die Festspiele wieder auf, die durch die Nähe seiner Mutter zu Adolf Hitler und den Nationalsozialisten diskreditiert waren. Nach dem frühen Tod seines Bruders im Herbst 1966 war Wolfgang Wagner mehr als 40 Jahre lang allein verantwortlich für die Festspiele, die Jahr für Jahr fast 60000 Musikliebhaber aus aller Welt anziehen.
In seine Ära fallen rund 1700 Aufführungen am „Grünen Hügel“, zwölf eigene Inszenierungen der Werke seines Großvaters in Bayreuth sowie zahlreiche Gastinszenierungen unter anderem in Dresden, Mailand, Palermo und Tokio. Zu den großen Verdiensten Wolfgang Wagners zählen die Stabilisierung der Festspiele und die Verpflichtungen von Regisseuren wie Patrice Chereau für den „Jahrhundert-Ring“ 1976, Götz Friedrich („Tannhäuser“ 1972) und Christoph Schlingensief 2004 („Parsifal“).
„Es war die größte Freude, die man mir jemals bereitet hat“, sagte Schlingensief am Montag über das damalige Engagement. Der Dirigent Daniel Barenboim, der oft in Bayreuth am Pult stand, nannte Wagner einen „beispielhaften“ Intendanten. „Er besaß eine intime Kenntnis vom Werk seines Großvaters, wie sonst kaum jemand auf der Welt.“
Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) würdigte Wagner als großen Erneuerer des Musiklebens in der Bundesrepublik der Nachkriegszeit. „Obwohl er selbst eher als konservativer Regisseur galt, hat er epochale Neuinterpretationen, die von vielen auch als Provokation aufgefasst wurden, ermutigt und unterstützt“, sagte Neumann. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nannte Wagner eine herausragende Theaterpersönlichkeit. Der Intendant der Dresdner Semperoper, Gerd Uecker, sagte: „Mit dem Tod von Wolfgang Wagner verliert die Opernwelt einen ihrer bedeutendsten Intendanten.“
Ein Meilenstein in der über 130-jährigen Geschichte des bedeutendsten deutschsprachigen Opernfestivals war im Jahr 1973 die Gründung der Richard-Wagner-Stiftung. Damit habe Wolfgang Wagner die Zukunft der Festspiele gesichert, erklärte der Stiftungsvorsitzende Toni Schmid. Im November 2009 wurde Wagner das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband verliehen, die zweithöchste Auszeichnung der Bundesrepublik Deutschland.