Ein Team von Pro Sieben hat die Menschenrechtler Rüdiger Nehberg und Annette Weber begleitet und ihren Kampf gegen die Beschenidung von Frauen und Mädchen dokumentiert. Das „Galileo Spezial – Karawane der Hoffnung“ wird am Sonntag auf ProSieben um 19.10 Uhr gezeigt.

Hamburg. Wenn sein Leben anders verlaufen wäre, dann hätte er jetzt wohl Hochkonjunktur. Er würde in seiner Konditorei stehen und seinen Mitarbeitern dabei zusehen, wie sie seine fantasievollen Weihnachtskreationen backen. Denn Fantasie und Tatkraft hat Rüdiger Nehberg schon immer reichlich besessen. Doch der Sog der Ferne war zu groß, aus dem Hamburger Konditormeister wurde der Großmeister des Abenteuers. Dschungel, Wüsten und Ozeane durchquerte er, zumeist mutterseelenallein. So manches Mal sah es aus, als kehrte er nicht mehr zurück. Doch irgendwann wollte „Sir Vival“ nicht nur selber überleben, er wollte, dass andere überleben. Erst verschaffte er den von der Ausrottung bedrohten Yanomami-Indianer am Amazonas ein geschütztes Reservat und damit eine Chance zu Überleben. Und seit dem Jahre 2000 steckt Rüdiger Nehberg – inzwischen unglaubliche 74 Jahre alt und derzeit an den Folgen einer Knieoperation laborierend – seine ganze Kraft in den Kampf gegen die weibliche Genitalverstümmelung. Eigens dafür hat er die Organisation TARGET gegründet. 150 Millionen Frauen vor allem in der islamischen Welt sind von diesem 5000 Jahre alten, grausamen Brauch betroffen, pro Jahr werden drei Millionen weitere Mädchen beschnitten. Mit rostigen Rasierklingen, manchmal mit Glasscherben, werden den Kindern namentlich bei der schlimmsten Form, der pharaonischen Beschneidung, Schamlippen und Klitoris ohne Betäubung abgetrennt, die klaffenden Wunden grob zusammengenäht oder mit Dornen zusammengesteckt. Unzählige Frauen sterben an Schock und Infektionen, die Überlebenden sind zu einer Existenz voller Schmerzen verurteilt. Bei manchen Völkern ist es üblich, dass die Männer in der Hochzeitsnacht ihre zugenähten Frauen rüde mit dem Messer auftrennen.

Vermutlich sind Nehberg und seine Frau und langjährige Weggefährtin Annette – die er in diesem Jahr heiratete – beim Kampf gegen dieses Verbrechen inzwischen erfolgreicher als irgendwer sonst auf der Welt. Zitternd vor ohnmächtiger Wut haben beide solche Verstümmelungen an Mädchen in Äthiopien mit eigenen Augen gesehen und auch gefilmt. Geweint hat er hinterher, der harte Bursche, aber er hat sich geschworen: „Dieses Mädchen hier kann ich nicht retten, aber ich werde alles tun, um Tausende andere zu retten“. Seine geniale Idee war es, den Islam selber gegen diese Barbarei in Stellung zu bringen, denn die Sitte stammt eben aus pharaonischer Zeit. Nirgendwo im Koran oder in den Hadithen, den Lebensweisheiten Mohammeds ist diese entsetzliche Tradition niedergelegt. Islam-Gelehrte, den Nehberg die Filme vorführte, reagierten selber entsetzt und angewidert – sie hatten keine Vorstellung über die Grausamkeit dieses Verbrechens. Der Afar-Stamm in Äthiopien schaffte auf Nehbergs Betreiben die Beschneidung ab und stellte sie unter Strafe, 2006 ächteten gar höchste Islam-Gelehrte, versammelt auf Initiative des in rausdorf bei Hamburg wohnenden Nehberg in der altehrwürdigen Kairoer Al-Azhar-Universität, die Genitalverstümmelung als „Verbrechen“. Sensationelle Erfolge. In einem Goldenen Buch, das an Gelehrte in der islamischen Welt geschickt wird, sind die medizinischen und religiösen Argumente gegen die weibliche Genitalverstümmelung zusammengefasst. Der Traum, der beiden Nehbergs ist es, dass die Frauen-Beschneidung eines Tages auch in Mekka als Verbrechen gegen Islam und Menschlichkeit geächtet wird.