Hamburg. Insolvenzverwalter spricht exklusiv im Abendblatt über den Verkauf des Großprojekts. Welche Top-Immobilien noch zu haben sind.
- Mitte März soll der Verkauf des unvollendeten Elbtowers in Hamburg starten.
- Insolvenzverwalter Torsten Martini äußert sich erstmals zu seinen Zielen.
- Gegenwind gibt es aus der Politik.
Es tut sich wieder etwas in Sachen Hamburgs wohl prominentester Baustelle: Der ImmobiliendienstleiterCBRE wird voraussichtlich Mitte März den offiziellen Verkaufsprozess für den Elbtower in der HafenCity starten. Das bestätigte der vorläufige Insolvenzverwalter Torsten Martini von Görg Rechtsanwälte im exklusiven Abendblatt-Gespräch.
Auf der Baustelle für den geplanten Wolkenkratzer an den Elbbrücken wird schon seit mehr als vier Monaten nicht mehr gearbeitet. Die Lupp Gruppe, die mit dem Rohbau beauftragt ist, hatte Ende Oktober die Arbeiten eingestellt. Der Grund: Der inzwischen weitgehend insolvente Immobilienkonzern Signa, der zum Firmengeflecht des Österreichers René Benko gehört, hatte Rechnungen in wohl erheblicher Höhe nicht bezahlt.
Unterdessen wurde zudem bekannt, dass Benko beim Landesgericht Innsbruck in Österreich auch für sein Privatvermögen Insolvenz angemeldet hat. Das berichten übereinstimmend österreichische Medien.
Elbtower: Insolvenzverwalter Martini möchte „so schnell und teuer wie möglich verkaufen“
Die Eigentümerin des Elbtower-Grundstücks, die Hamburg Elbtower Immobilien GmbH & Co. KG, hatte am 22. Januar am Amtsgericht Berlin-Charlottenburg einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Das Gericht setzte Torsten Martini als vorläufigen Insolvenzverwalter ein.
„Jeder Tag, an dem die Elbtower-Baustelle ruht, kostet Geld. Deshalb ist unser Ziel, den Elbtower so schnell und teuer wie möglich zu verkaufen“, sagt Martini. „Wir handeln im Sinne der Gläubiger.“
Insolvenzverwalter macht noch keine Angaben zur Höhe der Verbindlichkeiten
Zu der Höhe der Verbindlichkeiten allein beim Elbtower konnte der Fachanwalt für Insolvenzrecht noch keine Angaben machen. „Mein Team und ich ermitteln derzeit die Grundlagen für das vom Insolvenzgericht beauftragte Gutachten, das Grundlage für die Eröffnung des Hauptverfahrens sein wird. Die Höhe der tatsächlichen Verbindlichkeiten ist für die Eröffnung allerdings nicht entscheidend.“
Im Januar kursierte eine Liste der Gläubiger, in der laut „Bild“-Zeitung von Gesamtverbindlichkeiten aller Projekte der Signa – also nicht nur für den Elbtower – von mehr als 14 Milliarden Euro die Rede war.
Immobilien Hamburg: Auch für Alsterhaus und Karstadt-Gebäude startet Verkaufsprozess
Mit am Tisch beim Abendblatt-Gespräch in den Räumen der Hamburger Niederlassung der Kanzlei Görg am Alten Wall, zu dem Torsten Martini aus seinem Berliner Büro per Video zugeschaltet ist, sitzt Gerrit Hölzle. Der Insolvenzverwalter kümmert sich um die Hamburger Signa-Immobilien, während Martini sozusagen den Hut für sämtliche insolvente Signa-Immobiliengesellschaften aufhat. Es geht dabei auch um zahlreiche laufende Projekte in Berlin.
Zur Erklärung: Für jede der Premium-Immobilien aus dem Signa-Portfolio wie beispielsweise das Alsterhaus am Jungfernstieg, das Karstadt-Warenhaus an der Mönckebergstraße, das Hamburg-Commercial-Bank-Gebäude am Gerhart-Hauptmann-Platz oder auch das Filetgrundstück der ehemaligen Gänsemarkt-Passage hatte die Signa eine eigene Immobiliengesellschaft gegründet. Auch für diese wurden beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg jeweils Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt.
Hamburger City: Flüggerhöfe am Rödingsmarkt stehen bereits zum Verkauf
Für all diese Immobilien werde demnächst mit dem Verkaufsprozess gestartet, kündigt Insolvenzverwalter Martini an. Die Flüggerhöfe am Rödingsmarkt in der Hamburger City, ein denkmalgeschütztes Gebäudeensemble, in dem Flächen für Büros, Einzelhandel und Wohnungen entstehen sollten, stehen bereits zum Verkauf.
Dass es in der aktuellen Krise der Immobilienbranche eine Herausforderung sein wird, die einzelnen Objekte zu veräußern, ist kein Geheimnis. Torsten Martini will sich an solchen „Spekulationen“ jedoch nicht beteiligen und sieht es eher nüchtern: „Den Preis bestimmt der Markt.“
Elbtower: So soll der Verkaufsprozess nach Angaben der Insolvenzverwalter ablaufen
Zurück zum Elbtower: Eigentlich sollte das 64-stöckige Vorzeigehochhaus mit Büroflächen, Hotel, Gastronomie, Sportflächen, Hotel und öffentlicher Aussichtsplattform Ende 2025 fertiggestellt sein. Dieser Zeitplan ist inzwischen passé. Wie es mit dem bislang gut 100 Meter hohen Stumpf – der aus weiten Teilen der Stadt sichtbar ist – weitergeht, interessiert die Hamburger, die Politik und die Immobilienbranche.
Die nächsten Schritte erläutert Gerrit Hölzle: „Es werden mit Start des Verkaufsprozesses potenzielle Investoren angesprochen, aber auch jeder andere Interessierte kann im Rahmen des Veräußerungsprozesses sein Interesse bekunden“, sagt der Insolvenzverwalter. „Es werden dann, nach Prüfung des Interesses und Unterzeichnung einer Vertraulichkeitserklärung in einem geschützten Datenraum, die zur Abgabe eines Gebots erforderlichen Informationen zu der Immobilie zur Verfügung gestellt.“
Interessenten müssen Kaufpreisgebote für den Elbtower abgeben
Ein Preis für den halb fertigen Elbtower wird nicht aufgerufen, „die Interessenten müssen ein Kaufpreisangebot abgeben“, so Hölzle weiter. „Nach der ersten Runde werden wir mit ausgewählten Investoren in eine zweite, finale Runde gehen.“
Seit Monaten wird darüber spekuliert, wer das Hochhaus retten könnte. Dabei werden als mögliche Investoren immer wieder Milliardär Klaus-Michael Kühne – der mit zehn Prozent an der inzwischen insolventen Signa Prime beteiligt ist – oder der Versicherungskonzern Signal Iduna, der große Kredite gewährt hat, genannt. Auch die Commerzbank-Tochter Commerz Real, die über ihren offenen Immobilienfonds Hausinvest bereits mit 25 Prozent an der Elbtower Immobilien GmbH & Co. KG beteiligt ist, hält weiter an dem Prestigeprojekt fest: „Wir bei der Commerz Real glauben nach wie vor fest an den Elbtower“, sagte der Vorstandsvorsitzende Henning Koch vor Kurzem dem Abendblatt.
Doch Absprachen im Hintergrund mit möglichen Investoren wird es laut Hölzle nicht geben: „Jeder Interessierte muss sich an dem offiziellen Verkaufsprozess beteiligen.“
Immobilien Hamburg: Es wird ein internationales Interesse am Elbtower erwartet
Der Elbtower nimmt bei der Vielzahl der Signa-Projekte einen besonderen Stellenwert ein: „Wir gehen hier von einem internationalen Interesse aus, und deshalb werden wir bei dem Verkaufsprozess auch von dem global agierenden Immobiliendienstleister CBRE unterstützt“, erläutert Hölzle.
Zudem sind aber auch noch die Mitarbeiter der deutschen Signa Real Estate Management Germany GmbH – für dieses Unternehmen ist das Insolvenzverfahren bereits eröffnet – an der Vermarktung beteiligt. Von den einst 220 Mitarbeitern seien noch rund 80 Mitarbeiter verblieben, sagt Martini.
Und wie sieht es mit den Mietern der Elbtower-Flächen aus? Die von der Signa als Ankermieter präsentierte Hamburg Commercial Bank (HCOB) hatte gegenüber der „Deutschen Presseagentur“ vor Kurzem bestätigt, bereits im Januar „vertragskonform zurückgetreten“ zu sein.
Im Abendblatt-Gespräch sagt Hölzle, ohne auf die HCOB direkt einzugehen, dass eine Insolvenz allein nicht ausreicht, um vom Mietvertrag zurückzutreten. Allerdings möchte sich der Fachanwalt für Insolvenzrecht nicht dazu äußern, wie es um die anderen bereits bekannt gegebenen Mieter steht. Das seien Interna.
Insolvenzverwalter stehen wegen Elbtower im „Austausch“ mit der Stadt
So soll die Nobu Gruppe, an der Hollywoodstar Robert De Niro beteiligt ist, ein Hotel mit rund 200 Zimmern und Restaurant sowie die Aussichtsplattform samt Bar in 225 Meter Höhe betreiben. Auch der Versicherungskonzern AON wurde als Mieter von 6300 Quadratmeter Bürofläche bereits im Sommer 2022 präsentiert.
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Die städtische HafenCity Hamburg GmbH hatte der Hamburg Elbtower Immobilien GmbH & Co. KG das Filetgrundstück Anfang 2023 offiziell übergeben. Der Kaufpreis lag bei 122 Millionen Euro. Eine der Anforderungen war der Vorvermietungsnachweis von 30 Prozent für die insgesamt rund 77.000 Quadratmeter Bürofläche – der zumindest auf dem Papier erfüllt wurde.
Und wie steht es um die Kommunikation zwischen dem Insolvenzverwalter und der Stadt Hamburg? Die Stadt sei nicht Eigentümer der Immobilien und deshalb nicht offiziell in das Verfahren involviert, aber es gebe einen Austausch, so Hölzle.
Elbtower: Die laufenden Kosten für die Baustelle in der HafenCity sind gesichert
Die Stadt hat ein Wiederkaufsrecht für das Elbtower-Grundstück, das diese innerhalb im Kaufvertrag vorgesehener Fristen vollziehen könnte. „Es wäre natürlich bei einem Verkauf an einen Investor von Vorteil, wenn die Stadt ihre Zustimmung erteilt und auf die Ausübung dieses Wiederkaufsrechts verzichtet“, sagt Hölzle.
Der Verkaufsprozess des Elbtowers dürfte sich dem Vernehmen nach selbst im Idealfall noch bis zum Herbst hinziehen. Insolvenzverwalter Hölzle mochte sich zum Zeitplan nicht äußern. Zumindest seien aber, so bestätigt es sein Kollege Torsten Martini dem Abendblatt, die laufenden Kosten für die Elbtower-Baustelle gegenwärtig gesichert. Wann sich die Kräne auf dem Elbtower-Areal wieder drehen werden, ist derzeit also noch nicht absehbar.
Linke lehnt Verkauf des Elbtowers ab
Gegenwind für den geplanten Verkauf des Elbtowers kommt aus der Hamburger Politik. Die Bürgerschaftsfraktion der Linken weist darauf hin, dass ein schneller Verkauf nicht möglich sei. So sei im Kaufvertrag für das Grundstück geregelt, dass dieses bis ein Jahr nach Fertigstellung nicht weiterverkauft werden dürfe und auch ein „Kontrollwechsel“ bei der Gesellschafterin ausgeschlossen sei. Ohne Zustimmung des Senats könne ein Weiterverkauf daher nicht stattfinden.
„Sicherlich gibt es in der Immobilienwelt noch mehr Spekulant*innen und Glücksritter*innen wie René Benko, die den Elbtower nur für ihre Zwecke nutzen wollen. Deshalb muss der Senat die Zustimmung zu einem spekulativen Weiterverkauf oder zu einem überhöhten Preis verweigern“, wird die stadtentwicklungspolitische Sprecherin Heike Sudmann in einer Pressemitteilung zitiert. Jeder Versuch des Senats, „mit einem schnellen Weiterverkauf das Problem Elbtower wenigstens bis zur Bürgerschaftswahl von der Backe zu bekommen“, müsse verhindert werden.