Hamburg. Immobiliensparte der Versicherung wird womöglich das auf Eis liegende Bauvorhaben fortführen. Was der Bezirk dort aktuell baut.
Das ist eine gute Nachricht im Drama um den inzwischen weitgehend insolventen Immobilienkonzern Signa: Es wird wieder gebaut an der brachliegenden Fläche der ehemaligen Gänsemarkt-Passage in der Hamburger Innenstadt. Allerdings wurde nicht mit dem von der Signa auf Eis gelegten Neubauprojekt gestartet, sondern mit dem Bau eines provisorischen Gehwegs begonnen.
Ab der kommenden Woche können Fußgänger dort wieder entlanggehen. Zuvor mussten Passanten wegen der Baustelle seit mehr als einem Jahr auf die andere Straßenseite ausweichen. Damit hier wieder Platz ist, wurde der Bauzaun auf dem Grundstück versetzt.
Signa scheitert bei Suche nach Bauunternehmen, Hamburg-Mitte wird aktiv
Eigentlich wäre die Wiederherstellung des Gehwegs Aufgabe der Signa gewesen, doch die hat dem Vernehmen nach kein Bauunternehmen gefunden, das bereit war, den Auftrag zu übernehmen. Die Firmen haben wohl Angst, auf ihren Rechnungen sitzen zu bleiben.
Deshalb ist nun das Bezirksamt Hamburg-Mitte im Rahmen einer Ersatzvornahme tätig geworden und hat die Bauarbeiten beauftragt. Die Kosten werden dann der Signa, die bis vor wenigen Wochen von dem schillernden Österreicher René Benko gesteuert wurde, in Rechnung gestellt.
Die Initiative ging von Bezirksamtsleiter Ralf Neubauer (SPD) aus. Dieser sah dringenden Handlungsbedarf und sagte dem Abendblatt: „Der fehlende Fußweg war schon die ganze Zeit eine ziemliche Zumutung, viele sind auch einfach auf der Straße gelaufen. Deshalb haben wir ihn nun provisorisch wiederherstellen lassen. Das war auch ein ausdrücklicher Wunsch vieler Anlieger.“
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Neubauer ist aber auch wichtig, „dass möglichst bald mit der Umsetzung des Neubaus auf der freien Fläche begonnen wird. Es ist vermutlich so, dass die Signa dieses Projekt wohl nicht mehr umsetzen wird. Aber ich gehe davon aus, dass sich demnächst andere Investoren finden werden, die dieses Grundstück im Herzen der Innenstadt bebauen.“ Denn was man an so einem prominenten Standort nicht wolle, sei eine Brache.
Der im Oktober 2022 gestartete Abriss der mehr als 40 Jahre alten Gänsemarkt-Passage verlief noch reibungslos. Doch bereits vor zwei Monaten deckte das Abendblatt auf, dass die Signa dort nicht mit dem Neubau beginnen wird. Damals hieß es noch, es gebe noch keine Mieter und deshalb keine Kredite von den Banken für das 250-Millionen-Euro Bauvorhaben.
Eigentlich hatte die Signa, wie auch beim seit fast zwei Monaten stillgelegten Elbtower-Bau in der HafenCity, Großes am Gänsemarkt geplant: Das Grundstück misst immerhin stolze 3900 Quadratmeter. Bis Ende 2025 sollte dort das Quartier „Am Gänsemarkt“ entstehen: Geplant war ein Komplex mit drei Baukörpern, die mit den denkmalgeschützten Häusern an den Colonnaden zwei öffentliche Innenhöfe und einen privaten Wohnhof umschließen.
Gänsemarkt Hamburg: Insider vermuten, dass HanseMerkur das Projekt übernimmt
Auf 17.000 Quadratmetern sollten Flächen für Einzelhandel, Gastronomie und Büros – allein dafür waren 11.700 Quadratmeter vorgesehen – sowie 22 Wohnungen in den oberen Etagen entstehen. Sechs davon sollten Sozialwohnungen sein.
Aber wie geht es jetzt mit dem Filetgrundstück weiter? Diese Frage wird natürlich auch in der Immobilienbranche intensiv diskutiert. Und es könnte schon bald eine Lösung geben: Nach Abendblatt-Informationen hat die HanseMerkur Grundvermögen AG (HMG), in der die Immobilienaktivitäten der HanseMerkur Versicherungsgruppe mit Sitz in Hamburg gebündelt sind, Interesse daran, das Projekt „Am Gänsemarkt“ zu übernehmen.
Dem Vernehmen nach hat die HMG auch bereits in der Vergangenheit in das Signa-Projekt „Am Gänsemarkt“ investiert.
Immobilien Hamburg: Gänsemarkt – HanseMerkur möchte sich nicht äußern
Auf Abendblatt-Anfrage sagte ein HanseMerkur-Sprecher am Freitag lediglich: „Wir bitten um Verständnis, dass wir zu diesem Thema keinen Kommentar abgeben möchten.“ Ein Dementi gibt es also nicht.
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Die HMG verantwortet aktuell, so ist es der Internetseite zu entnehmen, ein Immobilienvermögen von mehr als sechs Milliarden Euro. Das Unternehmen beschreibt sich auf seiner Website so: „Wir stehen für langfristig orientierte Immobilien-Investments und ganzheitliches Immobilienmanagement mit hanseatischer Handschrift. Fairness, Vertrauen und Zuverlässigkeit bestimmen den Umgang mit unseren Kunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitern.“
Dem Vernehmen nach soll es aber auch andere bekannte Projektentwickler geben, die durchaus Interesse an dem Areal der ehemaligen Gänsemarkt-Passage haben. Die Signa wurde auch um eine Stellungnahme gebeten – aber die Pressestelle ist seit fast zwei Monaten mehr oder minder abgetaucht.