Hamburg. Versicherung hatte Benkos Signa-Gruppe Kredite gegeben. Kühne nennt Bedingungen. Das sagt Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin.

Seit bald zwei Monaten ruhen die Arbeiten auf Deutschlands mittlerweile bekanntester Baustelle, dem Elbtower in der Hamburger HafenCity. An den Elbbrücken stehen zwar noch die Kräne, um den Wolkenkratzer dereinst auf 245 Meter in die Höhe zu ziehen.

Doch bei den derzeit gut 100 Metern ist erst mal Schluss, seit die Lupp Gruppe Ende Oktober wegen fehlender Zahlungen des Bauherrn Signa ihre Arbeiter abgezogen hatte.

Elbtower: Eine Lösung für den Weiterbau des Wolkenkratzers gibt es noch nicht

Am Donnerstag bestätigte Lupp-Geschäftsführer Matthias Kaufmann auf Abendblatt-Anfrage: „Die Bautätigkeit bleibt bis auf Weiteres eingestellt.“ Es bleibt also unklar, wie es mit dem Elbtower weitergeht. Inzwischen hört man in der Stadt, dass drei Investoren ausloten, wie sie das Projekt doch noch zu Ende bringen: Milliardär Klaus-Michael Kühne, die Versicherung Signal Iduna und die Commerz Real.

Doch die treten den Spekulationen mehr oder minder entgegen. „Wir verhandeln derzeit nicht über einen dortigen Einstieg“, sagte Thomas Wedrich, stellvertretender Konzernsprecher der Signal Iduna, auf Abendblatt-Anfrage.

Klaus-Michael Kühne will sich nur einbringen, wenn sich die Stadt „positioniert hat“

Klaus-Michael Kühne hingegen nennt gegenüber dem Abendblatt die Bedingungen: „Wir sind erst bereit und in der Lage, uns in das Projekt einzubringen, wenn sich die Stadt positioniert hat und eine mögliche Rettungsaktion wirkungsvoll unterstützen würde.“

Dabei ergeben die drei Namen durchaus Sinn. Alle drei sind seit Längerem Partner der Signa Prime des Österreichers René Benko. Anders als andere Unternehmen hat die Signa Prime noch nicht den Gang zum Insolvenzrichter angetreten. Angeblich werde noch immer die Herauslösung des Elbtowers aus dem schwankenden Immobilienreich geprüft.

So könnten die Bauarbeiten schnell wieder aufgenommen und weitere Kostensteigerungen im dreistelligen Millionenbereich verhindert werden. Signa ging zuletzt von nötigen Investments von 950 Millionen Euro aus, jede Verzögerung brächte den Durchbruch durch die Milliardenmarke.

Elbtower: Eine Insolvenz würde die Baustelle laut Insidern für zehn Monate lahmlegen

Insider sagen, dass eine Insolvenz der Elbtower GmbH & Co. KG die Baustelle allein um zehn Monate lahmlegen dürfte. In diesem Fall hätte die Stadt die Möglichkeit, das Grundstück für 117 Millionen Euro zurückzuerwerben – inklusive des Tower-Torsos. Da dieser aber schon deutlich mehr wert sein dürfte – Kenner schätzen das verbaute Kapital auf rund 300 Millionen Euro, manche sprechen gar von 400 Millionen Euro – klingt das nach einem guten Geschäft.

Aber Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat mehrfach klargemacht, dass die Stadt und damit der Steuerzahler nicht einen Euro in die Hand nehmen wolle.

Dann müssten es also private Investoren machen: Die Commerz Real, Klaus-Michael Kühne und die Signal Iduna eint, dass sie hier schon Geld investiert haben. Am einfachsten ist es für die Commerzbank-Immobilientochter Commerz Real. Im vergangenen Sommer hatte der offene Immobilienfonds Hausinvest der Commerz Real eine Beteiligung von 25 Prozent an der Hochhausentwicklung Elbtower erworben.

Signal Iduna ist nicht mit Eigenkapital am Elbtower beteiligt, hat Signa aber Kredit gewährt

Die Signal Iduna hat sich nicht mit Eigenkapital beteiligt, sondern der Signa Kredit gewährt. Dieser Kredit wiederum ist unter anderem mit dem Elbtower-Grundstück besichert. Klaus-Michael Kühne engagierte sich mit insgesamt zehn Prozent an der Signa.

Doch jetzt tritt der Investor auf die Bremse: „Für uns ist das Thema wesentlich weniger relevant, als immer wieder in der Presse kolportiert wird“, sagte er dem Abendblatt und fordert die Stadt auf, sich zu positionieren. Danach aber sehe es nach seinen Informationen nicht aus: „Man kommt nicht ins Gespräch“, sagt Kühne. Das gelte vermutlich auch für die Commerz Real und die Signal Iduna.

Milliardär Klaus-Michael Kühne ist in seiner Heimatstadt Hamburg auch Eigentümer vom Luxushotel The Fontenay an der Außenalster.
Milliardär Klaus-Michael Kühne ist in seiner Heimatstadt Hamburg auch Eigentümer vom Luxushotel The Fontenay an der Außenalster. © Kühne | Kühne

Elbtower: Klaus-Michael Kühne hat ein „gewisses Interesse“

„Wir selbst können die Dinge nur beobachten und abwarten“, sagt Kühne weiter. „Ein gewisses Interesse, ein einheitliches gemeinsames Konzept zu finden, besteht, aber leider kommen die Dinge aus den oben genannten Gründen nicht recht voran.“

Bei der Signal-Iduna will man die Marktgerüchte nicht bestätigen. „Auch nach der Insolvenz einiger Signa-Gesellschaften erwarten wir für unsere dortigen Engagements keine wesentlichen Kreditausfälle“, sagt der stellvertretende Konzernsprecher Thomas Wedrich auf Abendblatt-Anfrage: „Unsere Investments sind größtenteils grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen in 1-a-Lagen in einigen der größten Städte Deutschlands, die auch in der Höhe auskömmlich gesichert sind. Dies gilt auch für unser Engagement am Projekt Elbtower.“

Am Freitagabend reagierte die Stadtentwicklungssenatorin: „Unsere Position ist klar und eindeutig: Die Stadt Hamburg hat ein großes Interesse an der zügigen Wiederaufnahme der Bautätigkeiten und an einer Fertigstellung des Elbtowers“, sagte Karen Pein (SPD). „Wir werden daher konstruktiv an Lösungen für die Realisierung des Elbtowers mitwirken. Klar ist aber auch, dass es sich um ein privat finanziertes Bauvorhaben ohne staatliche Zuschüsse handelt.“

Klaus-Michael Kühne und Signal Iduna haben schon zusammengearbeitet

Kühne und die Signal Iduna haben schon häufiger zusammengearbeitet. Als 2008 zur Rettung der Reederei Hapag-Lloyd das Konsortium Albert Ballin gegründet wurde, war zunächst die Stadt mit 40,7 Prozent der größte Investor. Dahinter folgten Klaus-Michael Kühne mit 26,6 und die Signal Iduna Vereinigte Lebensversicherung mit 12,6 Prozent.

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Zudem ist klar: Kühne will sich nur dann engagieren, wenn sich ein weiterer Investor beteiligt. Könnte das die Commerz Real sein? Gerd Johannsen, Pressesprecher der Commerz Real, hatte dem Abendblatt vor einigen Tagen gesagt: „Niemand will eine Bauruine. Alle Seiten haben ein hohes Interesse an der erfolgreichen Realisierung der Projektentwicklung, sodass wir davon ausgehen, dass die Bauarbeiten bald fortgesetzt werden. Wir bleiben auf jeden Fall für Gespräche offen.“

Als Minderheitsbeteiligung sitze die Commerz Real aber nicht am Steuer. Und die Commerzbank-Tochter würde dem Vernehmen nach auch erst aktiv werden, wenn eine Insolvenz für die Elbtower GmbH & Co. KG angemeldet wurde.

Springen Mieter wie die Hamburg Commercial Bank wegen Baustopps ab?

Spannend ist zugleich die Frage, wann die ersten von der Signa für den Elbtower präsentierten Mieter abspringen. Aufgrund der Bauverzögerung dürfte es entsprechende Klauseln in den Mietverträgen geben. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Hamburg Commercial Bank (HCOB): Das Finanzinstitut mit Zentrale am Gerhart-Hauptmann-Platz in der Innenstadt, auch das Gebäude gehört der Signa, wurde bereits vor drei Jahren als Mieter vorgestellt.

Die HCOB hat 11.000 Quadratmeter, mit einer Option für weitere 2000 Quadratmeter, der insgesamt 77.000 Quadratmeter Bürofläche angemietet. Die ursprüngliche Absicht, Ende 2025 in den Elbtower zu ziehen, ist wegen der Bauverzögerungen jedoch nicht mehr realistisch.

Elbtower: Nobu Gruppe äußert sich nicht zu derzeitigen Plänen für Hotel

Hinter den Kulissen dürfte über einen Plan B diskutiert werden. Aber offiziell gibt sich die HCOB nebulös. Auf die Frage, ob das Kreditinstitut an den Umzugsplänen festhält, sagte eine Sprecherin lediglich: „Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir aus Vertraulichkeitsgründen und mit Blick auf das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis hierzu keine Auskunft geben.“

Und dann ist da noch die Nobu Gruppe, an der Hollywoodstar Robert de Niro beteiligt ist, die ein schickes Hotel mit rund 200 Zimmern in dem Wolkenkratzer eröffnen und die Bar der öffentlichen Aussichtsplattform in 225 Meter Höhe betreiben wollte. Bleibt es bei den Plänen oder nimmt das Unternehmen jetzt Abstand vom Elbtower? Die Nobu Gruppe reagierte bislang nicht auf Abendblatt-Anfragen.