Hamburg. Der CDU-Politiker will 2025 Bürgermeister von Hamburg werden. Welchen Fehler Tschentscher aus seiner Sicht gemacht hat.

Für ihn sind die Würfel noch längst nicht gefallen: „Solange nicht der erste Spatenstich gemacht worden ist, wird es Oberbillwerder mit uns nicht geben“, sagt Dennis Thering. Der designierte CDU-Landeschef, der seine Partei als Spitzenkandidat in die Bürgerschaftswahl 2025 führen und Hamburgs Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) ablösen will, macht den geplanten 105. Stadtteil zum Wahlkampfthema.

„Wenn Grüne und SPD bis zur Wahl nicht noch schnell Fakten schaffen, wollen wir die Grünflächen auf jeden Fall schützen und Oberbillwerder nicht versiegeln“, betont der 38-Jährige im Gespräch mit unserer Redaktion.

Oberbillwerder: CDU lehnt Bau des neuen Hamburger Stadtteils ab

Damit unterstützt der Oppositionsführer in der Hamburgischen Bürgerschaft den Kurs seiner Parteifreunde auf lokaler Ebene. Die CDU-Fraktion in der Bergedorfer Bezirksversammlung lehnt das Großprojekt Oberbillwerder seit jeher kategorisch ab. Der städtische Projektentwickler IBA Hamburg plant in den Bergedorfer Marschlanden südlich des Naturschutzgebiets Boberger Niederung auf 118 Hektar Fläche den Bau von 6000 bis 7000 Wohnungen.

Außerdem sollen unter anderem ein Bildungs- und Begegnungszentrum, zwei Grundschulen, bis zu 14 Kitas und ein Schwimmbad entstehen. Die Planer sprechen davon, dass 4000 bis 5000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Oberbillwerder soll weitgehend autofrei sein, Fahrzeuge sollen in mehreren Parkhäusern, den sogenannten Mobility Hubs, zentral geparkt werden. Es ist Hamburgs zweitgrößtes Stadtentwicklungsprojekt nach der HafenCity. Der Senat hat das Projekt im Februar 2019 beschlossen.

Dennis Thering will Hamburgs Grünflächen erhalten

Die Kritik der Bergedorfer CDU: Oberbillwerder zerstöre die an dieser Stelle gewachsene Kulturlandschaft. Dennis Thering sagt: „Wir lehnen Oberbillwerder ab, weil die Verkehrsanbindung schwierig ist, aber in erster Linie, um die wenigen Grünflächen, die Hamburg noch hat, zu erhalten.“ Die Hansestadt sollte bei Neubauten nicht in die Breite, sondern eher in die Höhe gehen – „also ein bis zwei Stockwerke draufsetzen, wo es möglich ist.“

Zudem sehen die Christdemokraten bei der Entwässerung ein großes Problem. Wo Oberbillwerder entstehen soll, sammelt sich das Wasser aus der Bergedorfer Marsch. Auch darum sorgt sich Thering. Bei einem Praktikumstag in der Gärtnerei Sannmann im benachbarten Ochsenwerder habe er von der Problematik mit Starkregen und Entwässerung erfahren – wobei er einräumt, „dass ich kein Experte für Gräben und Sperrwerke bin“.

CDU-Politiker kennt den Bezirk Bergedorf gut

Thering reist zurzeit durch die Bezirke, will zuhören und sich von den „größten Herausforderungen“ berichten lassen. Der Senat brauche nach 14 Jahren SPD-Regierung frischen Wind, sagt er. Dabei kann der einstige Hobby-Torwart (in der B-Jugend des HSV) durchaus Gefahren und Risiken von vorn einschätzen: „Seit 2004 mit der absoluten Mehrheit von 47 Prozent für Ole von Beust haben wir uns eigentlich bei jeder Wahl nur verschlechtert – bis zuletzt zum historischen Tief von nur 11,2 Prozent.“ Dennoch fühle er die Stadt derzeit in Aufbruchstimmung, meint der Oppositionsführer.

Zwischen dem Lohbrügger Ortsteil Boberg und Neuallermöhe soll Hamburgs 105. Stadtteil Oberbillwerder entstehen.
Zwischen dem Lohbrügger Ortsteil Boberg und Neuallermöhe soll Hamburgs 105. Stadtteil Oberbillwerder entstehen. © IBA Hamburg GmbH/Falcon Crest Air | IBA Hamburg GmbH/Falcon Crest Air

Der CDU-Politiker hat enge Beziehungen nach Bergedorf. „Ich bin dem Bezirk sehr zugetan. Meine Großeltern wohnten in einer Genossenschaftswohnung in Lohbrügge, an einer sehr lauten Straße.“ Es war der Reinbeker Redder. Den Sommer habe er nahe dem Ootkatensee in einem Stelzenhaus verbracht, das „leider nicht mehr im Familienbesitz“ ist. Noch heute besuche er mit Frau und Tochter (8) oft Freunde in Altengamme, insbesondere das „Haus Anna Elbe“.

Dass sich Hamburg-Tourismus stärker für Bergedorf einsetzen sollte, es weiterhin kostenlose Parkplätze auf dem Frascatiplatz geben muss und er die Stellplatzpflicht für Neubauten wieder einführen möchte, sind für Dennis Thering nicht nur Randthemen. Die Hoffnung der Boberger auf einen S-Bahn-Anschuss sei zur Zeit kein Thema, „aber das nehme ich als Wunsch mal mit“.

Ideen für die Belebung der Bergedorfer Innenstadt sind gefragt

Kreativ zeigt sich Thering mit Ideen für eine Belebung der von Leerständen geplagten Bergedorfer Innenstadt: „Schon als wir 2014 hier im Schloss geheiratet haben, merkten wir, dass die Innenstadt mehr belebt werden muss, vielleicht mit kulturellen Events“, so der Bürgermeister-Herausforderer, der sich Bandauftritte und Theaterbühnen vorstellen kann, als „Ergänzung zum Shopping-Erlebnis“.

Es müsse dem Bezirk einfach mehr Leben eingehaucht werden, findet Thering, der offiziell Mitglied in zwölf Vereinen ist: „Vielleicht könnte man die Wochenmärkte geringfügig subventionieren und zudem wieder einen mittelalterlichen Markt auf der Bergedorfer Schlosswiese mit bis zu 5000 Euro fördern. Da müssen wir wirklich mal an die städtische Gebührenordnung ran.

Dennis Thering fordert mehr Geld für soziale Einrichtungen

Mehr Geld solle es auch für soziale Projekte geben, so Thering, bei dem so mancher Satz mit den Worten „da sehe ich die Stadt in der Pflicht“ beginnt. „Jeder Bezirk sollte mindestens ein Frauenhaus haben, zudem braucht auch Bergedorf eine Tagesaufenthaltsstätte für Obdachlose“, sagt der CDU-Politiker aus Sasel und fordert für Letzteres auch festes Personal ein: „Denn da hört das Ehrenamt doch irgendwann auf.“

Ebenso habe die Sozialbehörde darauf zu achten, dass die Jugendzentren saniert werden und ebenso attraktiv bleiben wie die Sportvereine, die ausreichend Hallenzeiten bräuchten. Nicht zuletzt wäre es auch eine gute Idee, die Suche nach einem Kitaplatz zu digitalisieren, um Mehrfach-Anmeldungen zu vermeiden: „Alle Betreiber müssten in einem Tool tagesaktuell ihre freien Plätze melden, damit der Bedarf besser planbar ist“, wiederholt er eine Antrags-Idee der Opposition.

Thering: „Für Altersheime muss die Stadt Flächen zur Verfügung stellen“

Der Bankkaufmann und Politikwissenschaftler, der sieben Jahre als Projektentwickler beim städtischen Betreiber Pflegen & Wohnen gearbeitet hat, will zudem für mehr Kapazitäten in der stationären Pflege einstehen: „Für Altersheime muss die Stadt Flächen zur Verfügung stellen. Aber der Bundesgesundheitsminister sollte zugleich dafür sorgen, dass die Pflege trotz Personalmangel auch bezahlbar bleibt.“

Bei Karl Lauterbach (SPD) ließe sich auch das Thema medizinische Versorgung andocken. Doch der kenne sich ja in Bergedorf nicht aus, und „mir haben schon viele Bergedorfer geklagt, dass sie lange auf Termine beim Haus-, Fach- oder Kinderarzt warten müssen“, erzählt Dennis Thering und urteilt: „Es war ein Fehler, dass Tschentscher die Gesundheitsbehörde aufgelöst hat.

Wir müssen mehr Kassensitze ausweisen und Anreize schaffen, damit Ärzte in die ländlichen Gebiete gehen, ihnen da eine gut ausgestattete Praxis anbieten.“ Denkbar sei ein finanziertes Studium mit der Verpflichtung, anschließend eine Landarztpraxis zu eröffnen. Sehr bald werde er sich mit Hamburgs Kassenärztlichen Vereinigung treffen: „Wir dürfen uns nicht mit dem Status Quo abfinden.“

CDU-Mann kritisiert, dass es im Haushalt viele ungenutzte Millionen gebe

Wie die Ideen finanziert werden sollen – darüber macht sich Dennis Thering keine großen Sorgen. Schließlich habe die Stadt Hamburg „seit 2011 stark steigende Steuereinnahmen und einen gut gefüllten Haushalt“. Anstatt den „Personalkörper in unseren Behörden aufzublähen“, würde er lieber andere Prioritäten setzen: „Wir haben viele ungenutzte Millionen im Haushalt, zum Beispiel für den Klimaschutz. Aber nur 30 von insgesamt 1300 städtischen Gebäuden verfügen über Photovoltaik.“

Ein weiteres Thema, das dem CDU-Mann wichtig sei, ist die innere Sicherheit in Hamburg: Man müsse die Polizeipräsenz auf der Straße wieder erhöhen und alle Menschen konsequent abschieben, die sich nicht an Recht und Ordnung halten – auch zurück nach Syrien und Afghanistan.

An dieser Stelle betont Thering, dass er „eine klare Brandmauer nach rechts“ sehe: Die AfD sei für ihn eine offen-rassistische Partei, mit der er eine Zusammenarbeit entschieden verweigere, sagt der 38-Jährige.

Dennis Thering verspricht: „Bis zur Wahl werde ich noch oft in Bergedorf sein.“ Zunächst aber soll seine Wahl zum Landesvorsitzenden bei der nächsten Sitzung des Landesausschusses am 3. April stattfinden – zwei Tage vor seinem 39. Geburtstag.