Hamburg. Wer keinen eigenen Parkplatz in Oberbillwerder bekommt, muss mit Ticket parken. Dass so radikal geplant wird, verärgert die Politik.
Wer mit dem Gedanken spielt, nach Oberbillwerder zu ziehen, wird dort Teil der Vision einer autoarmen Zukunft. Was gut klingen mag, bedeutet allerdings, sich dem Diktat der Planer des Zukunftsstadtteils zu unterwerfen: „Wichtig ist von Anfang an ein möglichst geringes Angebot an Stellplätzen, vor allem für die privaten Pkw der Oberbillwerderaner selbst“, sagte David Maddus von der „Planersocietät“ aus Dortmund jetzt in Bergedorfs Stadtentwicklungsausschuss. „Andernfalls bleibt die Zahl privater Autos auf Dauer sehr hoch.“
Karen Pein, Chefin des städtischen Oberbillwerder-Entwicklers IBA Hamburg, drückte es moderater aus: „Wir wollen das Auto nicht verbieten. Aber wir wollen es mithilfe attraktiver Rad- und Fußwege, über Leihstationen für alle Mobilitätsarten sowie gute Bus- und Bahnverbindungen so leicht wie möglich machen, auf den eigentlich ja teuren eigenen Wagen zu verzichten.“
Zwei von drei Wohnungen in Oberbillwerder ohne Stellplatz
Die Zahlen dazu lieferte IBA-Planerin Britta Arends – und überraschte Bergedorfs Politiker: Zwei von drei Wohnungen sollen jetzt in Oberbillwerder ohne Parkplatz für das eigene Auto bleiben. Nur die Hälfte des im Masterplan auf 0,6 je Wohnung festgelegten Stellplatzschlüssels steht künftig den Mietern oder Eigentümern im Stadtteil zur Verfügung. Die andere Hälfte soll stundenweise über Parktickets genutzt werden, also Besuchern sowie den in Oberbillwerder arbeitenden Menschen zur Verfügung stehen.
„Das ist eine Mogelpackung“, ärgert sich CDU-Verkehrsexperte Jörg Froh. „Insbesondere die später Zuziehenden werden größte Schwierigkeiten haben, einen dieser Stellplätze zu ergattern.“ Für ihn sei dies das „Ergebnis einer Politik, die sich nicht am Bedarf orientiert, sondern allein ideologisch motiviert ist“. Auch CDU-Fraktionschef Julian Emrich ist verwundert über die Vorfestlegung: „Oberbillwerders moderne Parkhäuser, die Mobility-Hubs, sind doch flexibel angelegt. Über sie bietet sich die Möglichkeit, auf die tatsächliche Stellplatznachfrage zu reagieren – und das sollte auch genutzt werden“, fordert er.
Tatsächlich spielt genau diese Idee auch bei den Planern der IBA eine große Rolle – nur in die umgekehrte Richtung. Sie stellten dem Ausschuss drei Varianten der Mobility-Hub-Pläne vor: Eine mit gut 5000 Stellplätzen, die nur 1100 mit stundenweisem Parkticket und genügend Dauerstellplätzen für rund die Hälfte der Wohnungen vorsieht. Die beiden anderen Szenarien verknappen die Parkplätze auf 4000 beziehungsweise bloß noch 3457.
„Ziel ist es, bis zu Oberbillwerders Fertigstellung um das Jahr 2042 eine möglichst niedrige Zahl an Stellplätzen zu erreichen“, fasste IBA-Chefin Karen Pein zusammen. „Wo wir genau hinkommen und was bis dahin jeweils zur tatsächlichen Nachfrage an Parkraum passt, wird ab 2028 im Fünf-Jahres-Rhythmus evaluiert und dann auch so umgesetzt.“ Schließlich solle der Stadtteil bei der Mobilität nicht auf heutige Vorstellungen festgelegt bleiben.