Hamburg. Der Comedian und Moderator Thomas Hermanns hat sich der hohen Kunst der guten Laune verschrieben.
„Lieber Lachfalten als Tränensäcke“ – für Thomas Hermanns ist das das perfekte Lebensmotto. Der Comedian, Moderator, Entertainer und Gründer des Quatsch Comedy Clubs hat den Humor zu seinem Beruf gemacht, und er kultiviert seine Nettigkeit.
In seiner Autobiografie „netter is better“ schreibt der gebürtige Rheinländer, dass er zur „Glas-halb-voll-Fraktion“ gehöre. „Ich will Spaß haben, will voller Freude jeden Tag genießen – und das klappt nur mit Nettigkeit.“ Das Leben sei halt manchmal bunt – und manchmal eben nicht. „Umso mehr sollten wir die guten Momente feiern und aus Leichtigkeit, Freude, Spaß und Nettigkeit die Kraft schöpfen, mit dem Leben besser umzugehen.“ Schon in jungen Jahren habe er sich vorgenommen, auch im Berufsleben die Menschen, mit denen er arbeitet, immer respektvoll zu behandeln, sagt der 56-Jährige.
„Nettigkeit ist kein Zeichen von Schwäche! Viele Menschen scheinen das zu verwechseln“, sagt Hermanns im Abendblatt-Interview. Sie glaubten, man sei freundlich, um Konflikten aus dem Weg zu gehen, „aber dazu gehöre ich nicht“. Er habe aber früh gemerkt, dass er als Teamplayer erfolgreicher sei, sagt er. Respektvoll miteinander umzugehen, statt rumzubrüllen sei einfach zielführender. „Auf den Tisch zu hauen kostet Zeit. Alle erschrecken, und dann machen sie erst mal ein bisschen Dienst nach Vorschrift.“ Inzwischen lernten Vorgesetzte so etwas auch in Coachings.
„Nettigkeit ist eine Art Schmiermittel“, findet Hermanns. Das Leben sei doch viel angenehmer, sobald alle freundlich zueinander seien. „Nettigkeit ist der Kitt der Gesellschaft.“
Hermanns lobt den Umgangston in der Hansestadt
Hermanns, der nach seinem (abgeschlossenen) Studium der Theaterwissenschaften längere Zeit in New York gelebt hat, erlebte dort einen Umgang, wie er ihn aus seinem harmonischen Elternhaus kannte: „Man wünschte sich einen Guten Morgen, wenn man die Bäckerei betrat, plauderte kurz über das Wetter und sagte Bitte und Danke.“ Wie viel angenehmer das Leben dann doch sei, sagt der Entertainer.
Hermanns, der sowohl in Berlin als auch Hamburg arbeitet, lobt den Umgangston in der Hansestadt. Das sei ihm sofort aufgefallen, erinnert er sich, als er nach Hamburg gezogen war, weil es die Stadt mit der höchsten Dichte an Live-Entertainment in Deutschland gewesen sei: „Hier wurde geflötet, auch die Taxifahrer waren freundlich. Die höflichsten fahren tatsächlich in Hamburg“, versichert er. Das sei immer noch so. Berlin dagegen sei die Stadt der „direkten Konfrontation“ und die kesse Berliner ‚Schnauze‘ eine gewisse Herausforderung. „Aber das wird durch die vielen Zugezogenen etwas gemildert.“
Den Deutschen fehle oft eine gewisse Leichtigkeit
Den Zug zwischen Hamburg und Berlin bezeichnet er jedenfalls als den „nettesten in ganz Deutschland“. Viele hätten ja wie er ein „Doppelleben“, arbeiteten in der einen Stadt, lebten in der anderen. Oder es ziehe sie zum Feiern nach Berlin, und dann genössen sie wieder die Geruhsamkeit in Hamburg.
Den Deutschen fehle oft eine gewisse Leichtigkeit, findet Hermanns und nennt das Rolltreppen-Phänomen: „Alle wissen, dass man rechts steht und links geht. Befindet sich aber beispielsweise jemand in England oder Amerika auf der falschen Seite, würde jeder sagen: ,Entschuldigung, kann ich mal bitte durch?‘ In Deutschland bleiben die Menschen gerne ganz eng hinter dir stehen, hauchen dir heiß in den Nacken und hoffen auf dein Schuldbewusstsein – oder darauf, dass die Polizei kommt. Wir machen es uns immer schwer im Leben. Es wäre viel entspannter, wenn wir mit mehr Selbstbewusstsein einfach nett und ohne gleich zu toben oder die Autorität herbeizurufen sagen würden, was wir wollen“, schreibt Hermanns in seiner Autobiografie.
Freundlichkeit und positives Denken stehen unter Generalverdacht
Nettigkeit sei in Amerika etwas absolut Positives. In Deutschland stehen seiner Ansicht nach Freundlichkeit und positives Denken, das sich unter anderem im Lachen oder Lächeln ausdrückt, dagegen immer gleich unter Generalverdacht. Natürlich ahne er, wo das seinen Ursprung habe, schreibt Hermanns: „Wir leben schließlich im Land der Dichter und Denker. Wir sind nun einmal nicht bekannt für die Leichtigkeit des Rokokos oder die Lebenslust des Barocks, sondern für die Seele, die Innigkeit, die Tiefe, die Todessehnsucht. Wagner, Werther. Weltschmerz.
Das sind wir.“ Vermutlich deshalb habe er sein ganzes Leben lang gegen Widerstände argumentieren müssen und für seine „leichte“ Kunst kämpfen müssen. Er glaube aber nicht, dass Kunst immer schwer und bedrückend daherkommen müsse, so Hermanns, der im Lauf der Jahre viele Comedy-Talente entdeckt hat, die heute große Hallen füllen.
Es ist wichtig, sich für Dinge Zeit zu nehmen, die einem guttun
Der 56-Jährige, der neben der Arbeit in den Clubs auch immer wieder große Shows moderiert und ein strammes Arbeitspensum hat, betont, es sei wichtig, sich für Dinge Zeit zu nehmen, die einem guttun. „Diese Selbstfürsorge, dieses Nett-zu-sich-selber-Sein gibt einem überhaupt erst die Kraft, einen stressigen Alltag dauerhaft und mit guter Laune zu stemmen. Er könne gut viel arbeiten, aber auch gut Urlaub machen, sagt Thomas Hermanns. Seine Strategie: „Wenn ich nach dem Urlaub nach Hause komme, plane und buche ich gleich wieder den nächsten.“ Dann könne er sich gleich wieder freuen und die Zeit bis dahin auch die Arbeit ganz besonders genießen.
Und was meint er, wie sollte man unfreundlichen Menschen begegnen? „Grantig sein ist einfach schlechtes Benehmen“, findet Hermanns. „Dem würde ich einfach sagen: „Heute sind Sie ja besonders freundlich.“ Das könnte solche Menschen ja vielleicht zum Nachdenken bringen.