Polizei legt Zahlen der Körperverletzungsdelikte auf dem Kiez für 2008 vor: Innensenator Ahlhaus beschließt mit dem runden Tisch neue Maßnahmen und droht weiter mit Alkoholverkaufsverbot.

Die Innenbehörde legte gestern bei einem runden Tisch erste Zahlen zum Thema Glasflaschen und Gewalt auf St. Pauli vor. Danach wurde bei fast jeder zweiten Körperverletzung mit einer Waffe eine Flasche als Tatwerkzeug eingesetzt. Insgesamt kam es von Anfang Januar bis Anfang November zu 2481 Fällen von Körperverletzung. 84 Prozent davon waren einfache Körperverletzungen mit bloßen Händen. In 386 Fällen wurden Waffen eingesetzt. Gut 40 Prozent davon waren Glasflaschen - 157 Fälle. Das heißt: Im Schnitt kam es auf St. Pauli jeden zweiten Tag zu einer Attacke oder einem Überfall mit einer Glasflasche. Nach Polizeischätzungen besuchten in dem Zeitraum 3,4 Millionen Menschen den Kiez. Die Polizei setzte in der Zeit 4649 Polizisten ein - das sei eine der höchsten Polizeidichten in Deutschland.

An dem runden Tisch nahmen Vertreter der Innenbehörde, der Polizei, der Interessengemeinschaft St. Pauli, der Wirtschaft, der Unternehmensverbände des Bezirks Mitte und anderer Behörden teil.

Innensenator Christoph Ahlhaus: "Ziel der Runde ist es, die Sicherheit im Bereich der Reeperbahn und der angrenzenden Straßen noch zu steigern. Das ist mir insbesondere nach den Ereignissen vom vergangenen Wochenende ein wichtiges Anliegen und hat höchste Priorität. Jede Straftat ist eine zuviel. Das Maßnahmenkonzept gegen Gewalt auf dem Kiez wird auch künftig konsequent eingesetzt. Sollte das nicht reichen, schließe ich weitere Maßnahmen wie zum Beispiel ein Alkoholverzehrverbot nicht aus."

Am vergangenen Wochenende war es auf St. Pauli zu Attacken gekommen, bei denen ein junger Mann eine Schädelfraktur erlitt; einem zweiten wurde ein lebensgefährlicher Lungenstich zugefügt.

Weil die Zahl der Körperverletzungen mit Glasflaschen im vergangen Jahr rasant gestiegen war, hatten Senat und Behörden einen freiwilligen Verkaufsverzicht von Glasflaschen durchgesetzt. Über dessen Umsetzung herrscht jedoch Uneinigkeit. Für die Innenbehörde zeigt die Vereinbarung "erste positive Wirkung". Testkäufe des Abendblatts hatten ergeben, dass sich die meisten der Kioske nicht an die Vereinbarung halten.

Nach der Drohung des Innensenators Ahlhaus, ein Verkaufsverbot von Alkohol durchzusetzen, vereinbarte der runde Tisch folgende Punkte:

Auch Gastwirte sollen prüfen, ob das Umfüllen von Getränken in Papp- oder Plastikbecher "umsetzbar" ist.

Ahlhaus schlug die "Kiez-Pulle" aus Plastik vor.

Behörde und Bezirke prüfen, ob ein Glasflaschenverkaufs-Verbot rechtlich möglich ist.

Der Bezirk wird 15 zusätzliche BOD-Mitarbeiter (Bezirklicher Ordnungsdienst) auf Kontrollgänge schicken. Täglich ab Mitte Dezember sollen zwei unterwegs sein.

Auch Imbisse sollen keine Glasflaschen abgeben.

Der nächste runde Tisch soll im Februar kommenden Jahres zusammenkommen.