Mittelstands-vereinigung der Christdemokraten wirft Senat “Unfähigkeit“ vor. Schon 2010 Boni für alle Vorstände?
Die Sonderzahlung in Höhe von 2,9 Millionen Euro an den Vorstandsvorsitzenden der angeschlagenen HSH Nordbank, Dirk Jens Nonnenmacher, sorgt für einen heftigen Streit innerhalb der Hamburger CDU. Deren Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT) zeigte gestern in einer offiziellen Mitteilung "völliges Unverständnis", dass Bürgermeister Ole von Beust und Finanzsenator Michael Freytag (beide CDU), aber auch der grüne Koalitionspartner diese Zahlung abgesegnet hatten. "Wie man mit so wenig Fingerspitzengefühl in einer solchen Lage eine derartige Zahlung tätigen kann, ist weder vermittelbar noch politisch verantwortlich und zeigt leider die Unfähigkeit der handelnden Akteure", so MIT-Vize Volker Ernst.
Kritik kommt auch von Schleswig-Holsteins Ex-Wirtschaftsminister Werner Marnette (CDU). "Ich gehe davon aus, dass nach der Bundestagswahl Teile der richtigen Wahrheit über das Geschäftsjahr 2009 zutage kommen - und das bestimmt die politische Taktik", sagte er dem TV-Sender Hamburg 1. Für Finanzsenator Freytag, bis vor Kurzem Aufsichtsrat der Bank, brächen schwere Zeiten an. Marnette: "Die Hauptverantwortlichen für diese Boni-Zahlungen sind die Politiker, die im Aufsichtsrat der HSH Nordbank gesessen haben."
Weiteres Ungemach droht bereits: Durch Boni-Zahlungen soll die für die HSH-Manager geltende Gehaltsgrenze von 500 000 Euro pro Jahr gekippt werden, berichtet das ARD-Magazin "Panorama". Konkret gehe es um "variable Vergütung in Abhängigkeit von noch zu treffenden Regelungen über Nachhaltigkeit". So stehe es in einem Vermerk des schleswig-holsteinischen Finanzministers Rainer Wiegard (CDU).
Dass die Bank solche Vergütungen zahlen darf - und wird -, sobald sie "dividendenfähig" ist, entspricht der offiziellen Sprachregelung der Regierungen in Hamburg und Schleswig-Holstein. Sie setzten sich (wie berichtet) über Beschlüsse der Parlamente hinweg, die dem 13-Milliarden-Rettungspaket für die Bank nur unter der Bedingung zugestimmt hatten, dass während der Laufzeit der Zehn-Milliarden-Euro-Garantie die Vorstände maximal 500 000 Euro im Jahr verdienen und keine Boni erhalten dürfen. Die Frage ist nur, wann eine Bank "dividendenfähig" ist. Denn das war die HSH sogar zu schwersten Krisenzeiten, zum Beispiel im Februar. Damals wollte sie trotz des sich anbahnenden 2,7-Milliarden-Euro-Verlusts 200 Millionen an stille Einleger zahlen. Die "Dividendenfähigkeit" sollte künstlich, durch Auflösung einer Rücklage, hergestellt werden. Erst die EU stoppte das Ansinnen. Mit anderen Worten: Wenn es gewollt ist, könnten mit dem Argument "Dividendenfähigkeit" schon nächstes Jahr wieder üppige Boni an die Vorstände gezahlt werden.
Der SPD-Finanzexperte Peter Tschentscher befürchtet gar, dass jetzt bereits über Bonusregelungen verhandelt wird, die die 500 000-Euro-Grenze nachträglich völlig ad absurdum führen könnten. Zum Beispiel durch einen Passus, wonach zu einem Zeitpunkt x ein so großer Bonus fällig wird, dass das Gehalt für alle Jahre, in denen es "nur" 500 000 Euro gab, nachträglich deutlich über die Millionengrenze hebt. Tschentscher: "Die Antworten, die der Senat zu dieser Frage gegeben hat, lassen genau dies befürchten."
Bezeichnenderweise hatte auch der HSH-Aufsichtsratsvorsitzende Hilmar Kopper im Zuge der Diskussion über die Millionen für Nonnenmacher betont, "die Festgehälter" der Vorstände würden auf 500 000 Euro begrenzt werden. Das schließt einen späteren Nachschlag nicht aus.