Die Werke haben Namen wie “Burn out!“ oder “Stilllegung02“. Mehr als 50 Exponate werden derzeit ausgestellt und als “Leihkunst“ angeboten. “Ist Mietkunst etwa das neue Geschäftsmodell der maroden Bank?“, will nun der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Thomas Böwer wissen
Hamburg. Menschenleer ist es an diesem Morgen in der Zentrale der HSH Nordbank am Gerhart-Hauptmann-Platz. Im Konferenzzentrum im ersten Stock geht es hinter geschlossenen Türen womöglich um Zertifikate und Derivate in Millionenhöhe. Im Flur geht es um Öl auf Leinwand und um Siebdruck auf Papier. Es geht um Kunstwerke, die Titel wie "Kotzbrocken", "Burn out!" oder "Stilllegung02" tragen. Mehr als 50 Werke aus der zeitgenössischen Kunstsammlung der HSH Nordbank werden derzeit in der Ausstellung "Nordschau I" gezeigt, die wochentags von 10 bis 18 Uhr geöffnet ist. Den "Kotzbrocken" - Joachim Grommeks grünes Öl-viereck auf Spanplatte, Maße 28 mal 35,5 Zentimeter - kann man sich fürs eigene Wohnzimmer anmieten. Alle anderen Bilder auch. In der Regel werden die Werke für ein halbes Jahr verliehen. Der Preis: Verhandlungssache.
Ein schneller Blick ins Gästebuch mit seinen drei Einträgen lässt vermuten, dass seit der Ausstellungseröffnung vor mehr als drei Monaten nicht allzu viele Kunstfreunde den Weg über die Wendeltreppe in diese besondere Galerie gefunden haben.
Und die, die einen Blick in die Bilderbank geworfen haben, scheinen wenig begeistert: "Harmlos, gefällig, leicht", fasst ein Besucher seine Eindrücke zusammen. "Teils gute Kunst, aber die Hängung ist eine Katastrophe", schreibt ein anderer. Doch so vermeintlich wenig sich die Hamburger Öffentlichkeit für die Kunstsammlung der HSH Nordbank interessiert, umso mehr tut es die Politik.
"Ist Mietkunst etwa das neue Geschäftsmodell der maroden Bank?", will der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Thomas Böwer wissen. Nur durch staaliche Hilfen von drei Milliarden Euro war die HSH Nordbank vor dem Kollaps gerettet worden. "Ich interessiere mich ganz brennend für den Kunstgeschmack der HSH Nordbank", sagt Thomas Böwer. Am vergangenen Montag hat er deshalb eine Kleine Anfrage gestellt, die Antwort des Senats wird heute erwartet. Böwers Kernfragen: Seit wann existiert die Kunstsammlung? Wie viele Kunstwerke befinden sich aktuell im Besitz der HSH Nordbank, und welchen Gesamtwert haben sie? Wie viele Werke der HSH Nordbank sind derzeit vermietet und wie hat sich die Anzahl der verliehenen Kunstwerke in den vergangenen fünf Jahren entwickelt? Außerdem will Thomas Böwer wissen, welche Einnahmen durch den Verleih der Kunstwerke jährlich erzielt wurden.
Einige dieser Fragen kann Barbara Kuhls von der HSH Facility Management Holding AG, einer 2005 gegründeten Tochtergesellschaft der Bank, beantworten. Barbara Kuhls kümmert sich um das "Art Management" der Bank, also um die Kunst. Insgesamt 1680 Werke umfasse die Sammlung der HSH Nordbank. "Etwa 80 Prozent davon schmücken repräsentative Räume der Bank", sagt sie. Die Bilder seien jeweils zwischen 75 Euro und 8000 Euro wert. Der durchschnittliche Wert pro Bild liege folglich bei etwa 1100 Euro. "Wir reden hier nicht von einem Picasso", sagt Barbara Kuhls.
Die Rede ist eher von der Hinterglasmalerei "Vielleicht -Vielleicht" der Kieler Künstlerin Cora Korte, einem Ölgemälde mit dem Titel "Parkplatz in Kleers" von Nina Kluth oder auch von "Wrong Yellow", einem neonfarbigen Materialmix des Künstlers Oliver Ross, im stolzen Format 143 mal 140 Zentimeter. "Uns geht es in erster Linie darum, die Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und heimische Künstler aus Hamburg und Schleswig-Holstein zu fördern", sagt Barbara Kuhls.
Nein, ein lukratives Geschäft sei die Leihkunst nicht, heißt es auch in der Pressestelle der HSH Nordbank. Im Gegenteil: "Eine externe Vermittlung der Bilder ist bisher wegen mangelnder Nachfrage noch nie zustande gekommen", sagt Sprecherin Gesine Dähn. Der monatliche Mietpreis betrage im Schnitt etwa 20 Euro pro Bild. Allerdings gebe es gerade einen Interessenten, der sich vorstellen könnte, einige Bilder anzumieten.
Thomas Böwer will den Besitz der HSH Nordbank und ihrer Tochtergesellschaften dennoch genau untersucht wissen. "Ich bin gespannt, was meine Anfrage ergibt", sagt er. Zumal gerade erst bekannt geworden sei, dass der Bayerischen Landesbank beispielsweise das bekannte Schloss am Wörthersee sowie Teile des Obersalzberg gehören, und die Nord LB Teile des Harzer Brocken besitzen soll.
Einer Tochtergesellschaft der HSH Nordbank gehört die Yacht MS "Merkur II", die in Kiel liegt. Sie kann übrigens gemietet werden. Genau wie die Kunst.