Hagen/Berlin. Die Frage, wie Banken und Sparkassen Konto-Gebühren erhöhen dürfen, bleibt umstritten. Warum das auch für Kunden ein Problem sein kann.
Gebührenerhöhungen bei Banken und Sparkassen sorgen weiter für Ärger. Mehr als drei Jahre nach einem richtungweisenden Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) im April 2021 herrscht laut Sparkassen- und Giroverband Deutschland (DSGV) nach wie vor Rechtsunsicherheit. Zuletzt hatte die Verbraucherzentrale NRW die drei Sparkassen Bielefeld, Bad Oeynhausen und die Sparkasse an Volme und Ruhr mit Sitz in Hagen erfolgreich abgemahnt, weil diese bei einer Gebührenerhöhung zu Beginn dieses Jahres keine ausdrückliche Zustimmung ihrer Kundinnen und Kunden eingeholt hätten.
Im April 2021 hatte der BGH in einem Fall der Postbank geurteilt, dass Banken und Sparkassen eine Gebührenerhöhung nicht einfach nur mitteilen und dann umsetzen dürfen. Rückwirkend hätten viele Kundinnen und Kunden die Gebührenerhöhungen - nicht die kompletten Gebühren - für mehrere Jahre zurückfordern können. Lediglich elf Prozent der Kunden taten dies auch, obwohl der Verbraucherzentrale Bundesverband sogar Anleitungen und Musterschreiben parat hielt - und hält.
„Nach unserer Erfahrung wollen unsere Kunden das möglichst einfach haben.“
Die Haltung vieler Sparkassen: „Nach unserer Erfahrung wollen unsere Kunden das möglichst einfach haben“, sagt Thomas Rienecker, Sprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands mit Sitz in Berlin. Sparkassenkundinnen und -kunden seien auch früher schon über jede Änderung ihres Vertrages informiert worden. Sie hätten schon immer genau gewusst, welche Leistungen und Gegenleistungen galten. „Die Leistungen der Sparkassen waren auch immer die Gegenleistung der Kunden wert. Viele unserer Kundinnen und Kunden empfinden es als unnötige Zumutung, dass sie dies immer wieder ausdrücklich bestätigen müssen“, sagt Rienecker für den Dachverband der Sparkassen in Deutschland.
Neun Kontomodelle waren der Sparkasse an Volme und Ruhr zu viel
Diese Erfahrung habe auch die jüngst abgemahnte Sparkasse an Volme und Ruhr mit Sitz in Hagen gemacht, die in den vergangenen Jahren durch Fusionen zwischen Hagen und Herdecke und vor einem Jahr schließlich auch mit Lüdenscheid auf ein Institut mit rund 180.000 Konten angewachsen sei. Durch die Zusammenschlüsse seien vor einem Jahr bei der Sparkasse an Volme und Ruhr „neun verschiedene Kontomodelle gültig gewesen“, sagt ein Sprecher. Ab Oktober 2023 habe man versucht, auf allen Kanälen, per Post, in den Filialen oder am EC-Automaten die Kunden zu informieren und um Zustimmung zu bitten. Dennoch blieben bis zur Jahreswende rund 6500 Kundenkonten ohne Zustimmung zur Gebührenvereinheitlichung. Auf Empfehlung des Westfälisch-Lippischen Sparkassenverbandes habe man dann die veränderte Gebührenordnung zu Beginn dieses Jahres eingeführt - was für die Abmahnung durch die Verbraucherzentrale NRW gesorgt hatte.
Einigung mit der Verbraucherzentrale NRW
Inzwischen haben sich die drei betroffenen Sparkassen mit den Verbraucherzentralen auf ein Vorgehen geeinigt: Bis Ende September werde versucht, noch einmal alle ausstehenden Zustimmungen durch persönliche Ansprache einzuholen. Erfolgt diese Zustimmung nicht, gilt das als Kündigung - es sei denn, die Kundinnen und Kunden nutzen im Oktober ihr Girokonto weiter, heben also Geld ab oder wickeln Buchungen darüber ab.
Dies gilt nun auch aus Sicht der Verbraucherzentrale NRW als Zustimmung, obwohl sie ein mindestens ähnliches Vorgehen zu Beginn des Jahres als unzulässig abgemahnt hatte. Schon zu Beginn dieses Jahres wollten die drei Sparkassen Kundinnen und Kunden bei weiterer Inanspruchnahme des Kontos so behandeln, als wenn die neuen Konditionen mit ihnen vereinbart worden wären. Auch eine Kontonutzung sollte als Zustimmung zu den neuen Konditionen gewertet werden.
Verlust der Kontoverbindung droht
Die Sparkasse an Volme und Ruhr hatte nach eigenen Angaben nach der Abmahnung durch die Verbraucherzentrale den betreffenden Kunden die Differenz der Erhöhung zurückgebucht und zunächst die alten Konditionen weiterlaufen lassen. „Wir wollen natürlich keine Kunden verlieren“, sagt der Sparkassensprecher aus Hagen. Daher werde nun noch einmal Aufwand betrieben, um ein Einverständnis zu erhalten. Ab dem 1. Oktober werde aber in jedem Fall die neue Gebührenordnung umgesetzt.
Für Kunden, deren Konto dann von Seiten der Sparkasse gekündigt wird, könnte dies problematisch werden. Ohne eine gültige Kontoverbindung wird es schwierig in Deutschland. „Verweigern Kunden dauerhaft die Zustimmung, werden die Sparkassen vermutlich die Kündigung aussprechen. Dass Banken und Sparkassen gegenüber Kunden, die eine Zustimmung zu neuen Geschäftsbedingungen und Konditionen anhaltend verweigern, letztendlich eine Kündigung des Girokontos aussprechen, dürfte rechtlich zulässig sein“, erklärt nun die Verbraucherzentrale NRW.
Dachverband der Sparkassen fordert zeitnah eine gesetzliche Regelung
„Es sollte durch gemeinsame Anstrengungen vermieden werden, dass Menschen allein aus solchen Gründen ihre Kontoverbindung verlieren. Es ist erforderlich, dass der Gesetzgeber hier sehr zeitnah Rechtssicherheit durch eine geeignete Gesetzesregelung für ein praxistaugliches Zustimmungsverfahren schafft“, sagt DSGV-Sprecher Rienecker.
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