Hagen. Borkenkäfer erzwangen in Wäldern und Sägewerken im Sauerland für Jahre Hochbetrieb. 2023 sank die Erntemenge deutlich. Das hat Folgen.
Die Zeiten des Ausnahmezustands in den Wäldern des Sauer- und Siegerlands scheinen vorerst vorbei zu sein. Gegenüber dem Rekordjahr 2021 sank die Holzernte in NRW im vergangenen Jahr um 63 Prozent. Aktuell hat die Wetterlage für so weiche Böden in den Wäldern gesorgt, dass auch in den ersten Wochen dieses Jahres eine Holzernte schwierig war. „Ich habe noch kein Frischholz gesehen, das abgefahren wurde“, erklärt Martin Schwarz vom Landesbetrieb Wald und Holz. Schwarz dürfte einen privilegierten Blick aufs Geschehen im Sauerland haben. Er arbeitet im Zentrum Holz in Olsberg.
Was sich gewaltig anhört, ist aus Sicht des Experten tatsächlich kein Drama. Schwarz beobachtet die Entwicklung des Waldes im Sauerland seit vielen Jahren und arbeitet mit an einer nachhaltigen Strategie, um die heimische Holzwirtschaft und die wichtige Klimafunktion des Waldes zu erhalten: „Wir müssen sehen, dass die nächste Generation auch noch Holz hat.“
Warum der Waldumbau schneller gehen muss
Daran ist auch die deutsche Sägeindustrie stark interessiert. Rund 200 Sägebetriebe gibt es in NRW. Ein Schwerpunkt liegt laut dem Bundesverband der Holz- und Sägeindustrie im Sauerland und dem restlichen Südwestfalen. „In keinem anderen Bundesland werden die aktuellen und künftigen Herausforderungen von Wald und Holz so deutlich wie in Nordrhein-Westfalen. Während die Waldschäden der letzten Jahre eindrücklich zeigen, dass der Waldumbau schneller voranschreiten muss, wird auch deutlich, dass die klimafreundliche Verwendung des nachwachsenden Rohstoffs auf eine regionale und zukunftsfähige Wertschöpfungskette angewiesen ist“, sagt Julia Möbus, Geschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Säge- und Holzindustrie.
Produktion in Sägewerken wieder auf Normalniveau
So wichtig eine Langfriststrategie auch ist, die Betriebe brauchen auch aktuell Holz. Viele Sägewerke im Sauerland verarbeiten Stämme - nach wie vor überwiegend Nadelholz - aus den heimischen Wäldern nicht nur als Bauholz, sondern auch für Produkte wie Gartenmöbel, Spielgeräte oder Zäune und werben heute noch damit, Holz aus der Region zu verwenden. Während es durch Borkenkäferschäden, Stürme und Trockenheit davon in den vergangenen Jahren mehr als genug zwangsweise geschlagenes Holz gab, sodass massenweise Fichtenstämme nach China und in die USA exportiert wurden und die Sägewerke dennoch nicht still standen, sieht es mittlerweile anders aus. Martin Schwarz beobachtet, dass die Sägewerke nach Dreischichtbetrieben die Produktion wieder auf ein normales Niveau zurückgefahren hätten.
Die um 63 Prozent drastisch gefallenen Mengen bei der Holzernte in NRW im Jahr 2023 gegenüber dem Spitzenjahr 2021 haben damit zu tun, dass Käferholz weitgehend, wenn auch noch nicht vollständig, aus den Wäldern verschwunden ist. Bis Ende 2023 verzeichnete NRW laut Bundesverband der deutschen Sägeindustrie mit mehr als 58 Millionen Kubikmeter die größte Schadholzmenge in Deutschland. Obwohl der Holzeinschlag im vergangenen Jahr mit einer Menge von 7,1 Millionen Kubikmeter gegenüber dem Jahr 2021 um 63 Prozent zurückgegangen ist, sei die entnommene Menge, aufgrund des nach wie vor sehr hohen Schadholzanteils von 85 Prozent, mehr als doppelt so hoch wie in den Jahren vor 2018, wo der durchschnittliche Einschlag etwa 3,3 Millionen Kubikmeter betrug.
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Peter Bitter, Chef des mittelgroßen Sägeunternehmens Schmitte in Finnentrop mit rund 30 Beschäftigten, sieht für den eigenen Betrieb in diesem Jahr noch keine drohenden Engpässe beim Holz. Schmitte nutzt überwiegend sogenanntes Schwachholz, jüngere Stämme mit geringerem Umfang. „Wir kommen noch ganz gut klar“, sagt Bitter. Andere dürften seiner Ansicht nach allerdings bereits Engpässe haben. „Größere Sägewerke müssen darüber nachdenken, stärkeres Holz, also ältere Stämme mit größeren Umfängen, aus anderen Regionen einzukaufen.“ Die Gleisanschlüsse, über die in den vergangenen Jahren massenweise Holz abtransportiert wurde, könnten in naher Zukunft für Holzimporte ins Sauerland genutzt werden. Bitter rechnet damit, dass es selbst für das Sägewerk Schmitte, das bislang ausschließlich auf Holz aus heimischen Wäldern setzt, in den kommenden Jahren schwieriger werde, ausreichend Stämme aus der Region zu bekommen.
Prognose: Holzpreise bleiben vorerst stabil
Dass weniger Holzernte in NRW für höhere Verbraucherpreise sorgt, sieht Peter Bitter nicht: „Aktuell ist der Preis für Holz leicht gestiegen. Ich denke, dass das Preisniveau in diesem Jahr in etwa stabil bleiben wird.“ Während die Holzpreise 2021 und 2022 zwischenzeitlich ähnlich in die Höhe schossen wie die Energiepreise, sind sie im vergangenen Jahr allmählich wieder gesunken, liegen aber weiter über dem Niveau der Jahre 2018 bis 2020.