Sassenhausen. Was man mit Wild alles zubereiten kann und worauf man beim Wildbret nicht nur als Jägerin achten muss, erläutert die 24-Jährige Sassenhäuserin.
Es gilt als eines der gesündesten Lebensmittel. Wildbret liegt im Trend, auch wenn die Nahrung von Reh, Hirsch, Hase und Wildschwein durchaus durch Umwelteinflüssen belastet sein kann. Das Attribut „gesundes Fleisch“ bezieht sich dabei wohl mehr auf den Konsumenten, weil es weniger fett ist als bei konventionell aufgezogenen landwirtschaftlichen Schlachttieren.
Für Kathleen Klein aus Sassenhausen gibt es gute Argumente, Wild zu essen. Die Studentin ist passionierte Jägerin. Und sie geht auch deshalb auf die Jagd, um hochwertiges Fleisch zu bekommen. Die 24-Jährige hat vor drei Jahren ihren Jagdschein gemacht. „Mein Ex-Freund hat mich mal mit auf den Hochsitz genommen und dann war’s passiert“, erklärt sie den Ursprung ihrer Leidenschaft.
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Warum auch Dachs als Delikatesse gilt
„Im Grunde kann man eigentlich jedes Wild essen“. Klein zählt Hirsch, Reh, Wildschwein, Hase, Muffel, Damwild, Sikawild, Enten, Gänse, Fasane, Rebhühner, ja sogar Waschbären und Dachse auf. Vieles hat sie selbst schon gekostet. „Aus Dachs kann man Schinken machen. Aber der hat einen sehr eigenen Geschmack“, berichtet die 24-Jährige und verzieht das Gesicht. „Dachs muss ich nicht mehr haben.“
Aber Rehe und Wildschweine gibt es in dem Revier im hessischen Bad Endbach, in dem die Studentin pirschen darf. Neben den klassischen Braten aus Keule, Rücken und Filets macht sie Wildlasagne oder auch eine Bolognesesoße oder auch Wurst. „Im Grunde kann man beim Wild fast alles verwerten. Das ist auch sehr nachhaltig“, sagt sie. Neben dem Muskelfleisch und Innereien wie Lunge, Herz, Leber, Nieren und Darm gibt es auch die Felle, die der Jäger Decke nennt. Und selbst die Läufe, also die Unterschenkel der Beine von Schwein, Hirsch und Reh können bei der Jagdhundeausbildung verwendet werden.
Was kann man essen und was nicht
Was man essen kann und was nicht, hängt aber von mehreren Faktoren ab: „Ich nutzte Lunge und Herz meist nicht, weil das bei einem sauberen Schuss verletzt wird“, erklärt Klein. Und dann ist der Abschuss eines Tieres nicht selten ein Hegeabschuss, also das Töten eines Tieres, das alt oder krank ist. Diese Entscheidung fällt die Jägerin lange bevor sie anlegt. „Man muss genau schauen: Verhält sich das Stück normal? Wie bewegt es sich? Ist sein Ernährungszustand normal?“, listet Kathleen Klein nur einige von vielen Kriterien auf.
Hat sie geschossen und getroffen, kommt ein für das Wildbret entscheidender Teil der Jagdarbeit. Das Tier muss „versorgt“ werden. Das heißt, es wird ausgenommen und zerwirkt. Auch das lernen Jäger in ihrer Ausbildung. „Bis man das geschickt kann, muss man viel üben und vorsichtig sein“, berichtet Klein von ihren Erfahrungen mit dem Messer und der Säge. Nicht umsonst ist Metzger ein Handwerksberuf.
Der geschulte Blick
Und auch bei Zerwirken kommt es auf den geschulten Blick an. Denn Jäger sollten erkennen, ob das Tier vielleicht von einer Wildkrankheit befallen ist, die auf den ersten Blick nicht zu sehen war. Für Kathleen Klein ist das nicht neu. „Ich bin vorbelastet, weil ich Veterinärmedizin studiere“, sagt sie.
Beim Aufschneiden des Tierkörpers ist außerdem Fingerspitzengefühl gefragt, denn schnell ist das Wildfleisch verdorben: „Ich darf die Blase, den Magen, Galle, Darm oder Pansen nicht verletzen“, beschreibt sie das Vorgehen bei einem Wiederkäuer wie Reh oder Hirsch. Diese Innereien werden ausgeräumt, weil die Verdauungsorgane Säuren enthalten und das Fleisch ungenießbar machen würden. Passiert das doch einmal, muss der Jäger schnell sein und das aufgebrochene Tier ausspülen. Das aber will man vermeiden: „Man sollte Fleisch nicht waschen, weil es an Geschmack verliert“, schiebt sie die einfache Erklärung hinterher. Erfahrene Jäger sorgen auch immer dafür, dass das Wild an den Hinterläufen aufgehängt wird, so liefe alles nach unten weg und die Keulen als wertvollste Fleischstücke bleiben sauber. Oft passiert das Ausnehmen eines geschossenes Stückes noch an dem Ort, wo das Tier gefallen ist. Erst danach geht es mit dem Tier in die Kühlung. Dort sollte es in der Decke, also dem Fell, noch einige Tage reifen, um den wildtypischen Geschmack zu entwickeln.
Ein wichtiges Argument für Kathleen Klein ist, dass Rehe, Hirsche, Hasen oder Wildschweine in ihrem natürlichen Lebensraum aufwachsen und ein gutes Leben bis zu ihrem Tod haben. Der Aspekt, dass man als Jäger weniger Fleisch beim Metzger oder im Supermarkt kaufen muss, ist am Rande auch nicht unwichtig. Aber 30 Kilometer bis ins Revier fahren, die Stunden auf dem Ansitz, die Munition und die Arbeit beim Ausnehmen und zerwirken muss man auch rechnen. Es ist also kein günstiges Vergnügen, aber so berichtet die junge Jägerin: „Hinter jedem Stück steckt eine Geschichte“ und die kann Kathleen Klein dann beim Essen mit Familie oder Freunden auch erzählen.
Die Serie: Back to the Roots
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