Wittgenstein. Wir haben drei junge Jäger getroffen: So unterschiedlich ihr Weg zur Jagd war, so einig sind sie sich darüber, was sie mit ihrem Hobby bezwecken.

Sie sind morgens draußen, wenn andere noch schlafen. Oder es zieht sie abends in den Wald, wenn andere auf dem Sofa entspannen. Kathleen Klein, Sven Bartsch und Dominic Müller sind Jäger – aber noch gar nicht so lange. Wir haben mit den dreien über ihre Faszination an der Jagd gesprochen, über Tierwohl und das „grüne Abitur“. Die Drei kennen sich seit ihrem Jungjägerkurs, den sie 2019/2020 absolviert haben. Dominic Müller lebt mit seiner Familie in Berghausen. Er ist 37 Jahre alt und Konstrukteur für Sägewerksanlagen. Sven Bartsch ist 42 Jahre alt und Dachdeckermeister. Der Birkefehler lebt inzwischen in Bad Berleburg. Die Jüngste im Bunde ist die Tierarzthelferin Kathleen Klein aus Sassenhausen. Sie ist 22 Jahre alt.

Unterschiedliche Wege zur Jagd

So unterschiedlich ihr Weg zum Jagdschein war, so einig sind sich die Drei darüber, was sie mit ihrem Hobby „Waidwerk“ bezwecken.

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„Bei mir hat es familiäre Gründe. Ich bin damit aufgewachsen“, sagt Dominic Müller. Der Vater sei Jäger und habe ihn bereits früh für Jagd und Natur begeistern können. Und dann, nach der Familiengründung und Hausbau, hatte sich der heute 37-Jährige entschlossen, auch den Jagdschein zu machen.

Bei Kathleen Klein ist es ihr Freund, der sie für die Jagd begeistert. „Bei mir in der Familie hat tatsächlich niemand etwas mit der Jagd zu tun. Aber mein Freund hat mich mal mit auf den Hochsitz genommen und dann war’s passiert“, sagt die 22-Jährige. Sven Bartsch hat sich viel Zeit gelassen: „Ich dachte schon vor 20 Jahren daran. Und dann hat mir meine Familie die Ausbildung zum Geburtstag geschenkt.“

Klare Ziele für die Jagd

Für Bartsch war schon lange klar: „Ich will die komplexe Natur kennen lernen.“ Aber auch gesundes Fleisch ist Bartsch wichtig. „Im Supermarkt sehe ich ja nur die Verpackung“. Das eint die Drei. „Wir haben unseren Fleischkonsum inzwischen gedrosselt. Bei uns kommt nur auf den Tisch, was ich geschossen habe, oder, wenn es ein Tier vom Nachbarn ist, bei dem man weiß, wie es gehalten wurde“, macht Dominic Müller klar. „Und wenn es dann in der Pfanne liegt, erinnere ich mich an jeden Moment der Jagd.“ Auch Kathleen Klein kennt das: „In jedem Stück steckt eine eigene Geschichte“, sagt sie über die erlegte Beute. Und die Tierarzthelferin schaut auch noch mit ihrem fachlichen Blick auf die Tiere. „Wir haben eine hohe Wilddichte, dann breiten sich Krankheiten schneller aus. Bei der Jagd geht es auch um einen gesunden Bestand.“

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Lange haben die Drei die Schulbank gedrückt, viele Bücher gelesen und auch praktische Übungen – vor allem beim Schießen – absolviert. „Man muss schon was dafür tun“, sagt Sven Bartsch mit Blick auf den Schwierigkeitsgrad und die Menge des Stoffs. „Wir haben gebüffelt“, pflichtet ihm Dominic Müller bei. Aber es lohne sich: „Ich habe unwahrscheinlich viel über die Natur und deren Zusammenhänge gelernt.“ Aber nach der Prüfung ist noch lange nicht Schluss. Drei Jahre lang dürfen die Jungjäger noch kein eigenes Revier pachten. Sie sollen sich in der Praxis erst noch das notwendige Wissen und Können durch Übung erarbeiten. „Es hilft auch viel in der Jägerschaft unterwegs zu sein“, sagt Kathleen Klein. Sie profitiere von den Gesprächen mit den Erfahrenen.

Die Sassenhäuserin geht nicht nur deshalb gerne auf Drückjagden, bei denen viele Jäger mit dabei sind. Drückjagden mag sie auch, weil sie die Arbeit mit den Hunden liebt.

Genau hinsehen ist wichtig

Dominic Müller schätzt eher die Ansitzjagd. Einen Abend oder gar eine Nacht auf dem Hochsitz ist für den 37-Jährigen Entspannung pur. „Es gibt ja keine Garantie, dass das passende Stück kommt. Dann beobachte ich die Natur oder lese ein Buch.“ Auch Kathleen Klein geht nicht mit dem unbedingten Ziel auf die Pirsch, auch Wildbret mit nach Hause zu bringen. Ohnehin ist allen Dreien wichtig, nicht einfach auf Tiere zu schießen. Es gehe darum, genau hinzusehen, was man dort im Visier habe. Und für Jungjäger ist es auch noch keine Routine. „Ich habe mein erstes Reh bestimmt eine halbe Stunde lang angeschaut“, gibt Kathleen Klein zu. Doch dann hat sie geschossen. Und auch Dominic Müller mahnt zur Ruhe: „Wenn ich das Tier nicht sauber ansprechen kann, lasse ich den Finger gerade.“ Keiner der Drei will ein Tier waidwund schießen. „Man muss sich sicher sein“, sagt auch Sven Bartsch, „wir jagen nach moralischen Grundsätzen.“

Die Jagd wegen der Trophäe, wegen dem Hirschgeweih oder dem Gehörn eines Rehbocks ist den Dreien zweitrangig. Ihnen geht es mehr – um das Aufsuchen und Bejagen des Wildes und um ein hochwertiges Lebensmittel.