Alertshausen. Künstlerin Anke Althaus-Aderhold zeigt uns Schritt für Schritt, wie es am Spinnrad funktioniert. Doch gerade der Einstieg ist nicht einfach.

Spinnen – das kann nicht jeder. Jedenfalls nicht, wenn es dabei um die Herstellung von Wolle geht und ein klassisches Spinnrad zum Einsatz kommt. Und seit meinem Besuch bei der Alertshäuser Künstlerin Anke Althaus-Aderhold, die Kreativ-Kurse zum Thema anbietet, weiß ich: Aller Anfang ist schwer. Bis ich das Spinnrad samt Spule und Spindel per Trittbrett überhaupt in Schwung bringen kann, vergeht schon einige Zeit.

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Im Grunde sei das Spinnen „keine große Kunst“, ist Althaus-Ader­hold überzeugt. „Wenn man einmal die Fuß-Hand-Koordination hinkriegt, fängt es an, richtig Spaß zu machen. Man kann dabei sogar entspannen.“

Lunte mit rechts herausziehen

Na, dann mal los. Mit einem Haufen weicher Lama-Rohwolle auf dem Schoß versuche ich einen einzelnen Faden zu spinnen. Bei Anke Althaus-Aderhold hatte das gerade noch ganz einfach ausgesehen: Rohwolle locker in die linke Hand nehmen, mit den Fingern der rechten Hand eine sogenannte Lunte herausziehen, während sich das Spinnrad nach rechts dreht. Doch wenn immer ich trete, ändert das Rad urplötzlich die Drehrichtung – und das bringt den ganzen Spinnvorgang durcheinander. Die Künstlerin schmunzelt und erklärt geduldig: „Die linke Hand gibt Wolle frei. Die rechte Hand dosiert den Drall und auch die Dicke des Fadens.“

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Back to the Roots

In unserer Sommerserie „Back to the Roots“ zeigen wir Ihnen Handwerke, Techniken und Methoden, mit denen man viele Dinge – wie früher – selbst machen kann. Manche Dinge sind althergebracht, andere moderner. Vielleicht finden Sie dabei etwas, das Sie selbst mal ausprobieren wollen.

Heute: Spinnen

11.7. Pralinen herstellen

15.7. Wildkräuter

18.7. Fahrradreifen flicken

22.7. Käse herstellen

25.7. Brot backen

29.7. Honig und Imkern

1.8. Wild zerwirken

5.8. Wurst herstellen

8.8. Marmeladen zubereiten

11.8. Pilze sammeln

15.8. Eier aus dem Garten

18.8. Kleidung reparieren

22.8. Gemüse einwecken

Wenn Althaus-Aderhold das Treten übernimmt und ich mich nur auf den Faden konzentriere, geht es etwas besser. Da wäre dann wohl noch einiges an Übung bei mir angesagt. Vielleicht sollte ich doch einen von Althaus-Aderholds Kursen besuchen, die sie über die VHS Siegen-Wittgenstein, aber auch privat in ihrem Hofatelier anbietet. Die nächsten Kurse seien für den Herbst geplant, so die Alertshäuserin – mit jeweils vier Abenden im Gemeindehaus Elsoff. Spinnräder würden gestellt, könnten aber auch von den Kursteilnehmenden mitgebracht werden.

Auch für Kinder geeignet

Geeignet sei das Spinnen übrigens auch für Kinder, hat Anke Althaus-Aderhold festgestellt. „Sie sind höchst geschickt darin. Sie müssen es nur wollen.“ Deshalb hat sie die Zielgruppe ihrer Kurse altersmäßig auch weit gesteckt: Menschen von zwölf bis 102 Jahren mit Spaß am Handwerk. Ergebnis nach der Erfahrung der Künstlerin: „Drei von vier Kursteilnehmerinnen wollen mit dem Spinnrad weitermachen.“ Und es seien bisher tatsächlich nur Frauen zum Kurs gekommen, versichert die Kursleiterin. Natürlich seien auch kreative Männer jederzeit willkommen.

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Ob Halstuch oder Wollpulli - das gestrickte Ergebnis von Anke Althaus-Aderhold kann sich sehen lassen.
Ob Halstuch oder Wollpulli - das gestrickte Ergebnis von Anke Althaus-Aderhold kann sich sehen lassen. © Eberhard Demtröder

Wie ist die Alertshäuser Künstlerin eigentlich selbst zum Spinnen gekommen? „Ich habe mich erkundigt“, erzählt sie – bei Ruth Schwarz, Frau des früheren Girkhäuser Pfarrers Achim Schwarz. Und die habe es ihr beigebracht. Inzwischen hat Althaus-Aderhold fast 15 Jahre Erfahrung mit dem Handwerk, gibt ihr Wissen seit etwa zehn Jahren in Kursen weiter.

Schöner ist’s in geselliger Runde

Kann man sich das Spinnen auch selbst beibringen? Sicher, sagt Althaus-Aderhold. „Aber es ist schon schöner, wenn man in geselliger Runde lernt“, findet sie. Früher habe es ja auch viele Spinnstuben gegeben, „wo die Frauen sich trafen und Geschichten erzählten“. Fernsehen? Internet? Soziale Medien? Gab es damals ja noch nicht.

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Spinnen könne gar zur Sucht werden, so die Künstlerin – „wenn man vor Augen hat, was aus der Wolle werden soll“. Wenn man sich etwa der Farben klar sei. Althaus-Aderhold selbst spinnt ihre Wolle daheim nach Bedarf – ehe sie daraus dann dicke Winterpullis oder bunte Halstücher für die ganze Familie strickt. Das gesponnene Garn spannt Althaus-Aderhold meist gleich auf eine Haspel und spritzt es nass, „damit sich der Faden dehnt, das Strick-Ergebnis ordentlich wird – und nicht schief“.

Tipp: Mit gewaschener Rohwolle beginnen

Anfängern rät die Alertshäuserin zu gewaschener Rohwolle fürs Spinnen. Die sei im Internet zu haben, aber zum Beispiel ebenso in der Hallenberger „Wollmühle“. Hier werde die Wolle auf Wunsch auch kardiert. Das Kardieren dient im Prozess des Spinnens zur ersten Ausrichtung der losen Textilfasern zu einem Flor oder Vliesstoff.

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Früher sei das Spinnen übrigens „eine Tätigkeit für die dunkle Jahreszeit“ gewesen, sagt Anke Althaus-Aderhold, wenn draußen die Ernte lief und der eingebrachte Flachs zu Leinen versponnen wurde – oder auch das Fell der geschorenen Schafe zu Wolle. „Das mit dem Flachs war eine unglaubliche Arbeit“, weiß die Alertshäuserin: „Einweichen, brechen, die Fasern kämmen und dann spinnen. Dann war es endlich Winter.“

Kontakt: Anke Althaus-Aderhold, Tel. 02750/389, E-Mail: anke.althaus-aderhold@web.de, Internet: www.althaus-aderhold.de