Warstein. . Warsteiner sucht mit neuem Bier mit mehr Bitterstoffen die Lücke im Markt. Mit dem Warsteiner herb habe man ein “beachtliches Potenzial ausgemacht“, heißt es. Denn der Markt wird für die großen Brauereien immer schwieriger. Die Deutschen trinken immer weniger Bier.

Bierland Deutschland. 107 Liter Bier sind im vergangenen Jahr im Durchschnitt durch durstige bundesdeutsche Kehlen geronnen. Das sind zwar deutlich weniger als die fast 150 Liter, die es noch 1980 waren. Aber noch immer gehört Deutschland neben Weltmeister Tschechien (160 Liter) und Vize-Weltmeister Österreich (109 Liter) zu den führenden Biertrinker-Nationen.

Doch der Markt wird für die großen Brauereien immer schwieriger. Mit einer Vielzahl von Biermischgetränken und Neuschöpfungen (Stichwort: Fassbrause) ist es ihnen in der Vergangenheit gelungen, den sinkenden Bierkonsum zum Teil erfolgreich zu kompensieren. Zudem experimentieren auch die konservativsten Bierbrauer, denen einst nichts anderes als Wasser, Hopfen und Malz in Glas und Flasche kamen, inzwischen mit neuen Sorten und Spezialitäten.

Pils immer noch das beliebteste Bier

Trotz dieser Entwicklungen ist die Sorte Pils mit einem Marktanteil von satten 55 Prozent immer noch der liebste Gerstensaft der Deutschen. Danach folgen deutlich abgeschlagen Export (11 Prozent) und Weizen mit 9 Prozent.

Als im vergangenen Jahr die Warsteiner Brauerei angekündigt hat, ein herbes Pils zu brauen, hat das in der Branche ein mittleres „Bier-Beben“ ausgelöst: Ausgerechnet die Warsteiner, die in den 70er Jahren jene milde Pilssorte kreiert haben, an der sich inzwischen alle namhaften Brauereien orientieren.

„Dieser von Albert Cramer und seinem Vater Paul Cramer entwickelte ,westfälische Pilstyp hat anschließend einen unglaublichen Siegeszug angetreten“, erklärt Stefan Leppin, Pressesprecher der Warsteiner Brauerei. Bis zu 6 Millionen Hektoliter hat die Warsteiner in ihren Glanzzeiten bis in die 90er Jahre hinein jährlich gebraut. Leppin: „In den Folgejahren haben auch die anderen Brauereien ihre Bitterstoffe heruntergefahren und sich dadurch geschmacklich unserem Premium Verum genähert.“

Für herbe Bier-Variante gibt es beachtlichen Markt

Und diese Bitterstoffe spielen nun bei der Entscheidung, mit der Sorte „herb“ eine Alternative zum Klassiker anzubieten, eine bedeutende Rolle. Denn im Vergleich zum herkömmlichen Pils, dessen Bitterwerte sich je nach Sorte zwischen 23 und 25 bewegen, wird für das „Herb“ deutlich draufgelegt. „Wir haben“, erklärt Leppin, „zunächst eine umfangreiche Studie in Auftrag gegeben und dadurch festgestellt, dass es für die herbe Variante einen beachtlichen Markt gibt.“

Der Studie zufolge bevorzugen nämlich „nur“ 35 Prozent der Pilstrinker ausschließlich die milden Sorten, wie sie neben der Warsteiner auch Krombacher oder Veltins anbieten. 23 Prozent favorisieren den eher herben Gerstensaft im Glas. Und stattliche 42 Prozent sind klassische „Wechseltrinker“; sie entscheiden sich oft spontan, welche Sorte sie einkaufen. Leppin: „In den Bereichen der Herb- und der Wechseltrinker wollen wir fischen. Alles andere macht auch keinen Sinn; wir wollen ja nicht unsere eigene Stammsorte kannibalisieren.“

Warsteiner hat anderthalb Jahre für herbe Variante experementiert 

Anderthalb Jahre lang hat man in der hauseigenen Entwicklungsabteilung und der vor zwei Jahren gegründeten Versuchsbrauerei mit verschiedenen Geschmacksmöglichkeiten experimentiert. Im Mittelpunkt stand hierbei vor allem die Wahl des richtigen Hopfens.

Die nun auf den Markt gebrachte herbe Variante ist zwar deutlicher herber als das Premium Verum, liegt aber immer noch unter Marken wie Jever oder Flensburger (die jenseits der 40 bei den Bitterwerten liegen).

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Erstaunlich übrigens: Die von vielen Konsumenten als herb eingeschätzte Marke Becks gehört, was die Bitterwerte angeht, zu den milden Sorten und liegt sogar noch knapp unter Warsteiner Premium Verum. „An diesem Beispiel kann man sehen, wie man durch Werbung ein gewisses Image transportieren kann. Das ist Becks sicherlich ganz exzellent gelungen“, urteilt Leppin.

Bei der Konkurrenz verfolgt man die Markteinführung des „grünen Warsteiners“ mit einer gewissen Gelassenheit. Veltins-Pressesprecher Ulrich Biene: „Sehr stark gehopfte Biere sind eigentlich auf dem Rückzug. Wir sehen deshalb auch keine Perspektive für ein herbes Bier. Das kann allenfalls ein Nischenprodukt sein.“

Knapp acht Wochen nach der Markteinführung sei es für eine erste Bilanz noch zu früh, erklärt Stefan Leppin, zumal das Produkt erst jetzt deutschlandweit auf dem Biermarkt beworben wird. „Grundsätzlich aber sind wir mit dem Start zufrieden. Wir versprechen uns von diesem Segment richtig Musik.“