Siegen. Eine Fahrspur pro Richtung geht auf Hauptstraße Siegen/Geisweid an Fahrrad und Bus. Stadt will Auto nicht Platz wegnehmen: HTS gleich obendrüber.
„Es geht nicht darum, Autofahrer aus der Innenstadt herauszuhalten“, betont der Bürgermeister. Sondern den Verkehrsmix zu verbessern; Fahrrad und Bus bessere Möglichkeiten zu bieten. Montag, 8. April, beginnt die Markierung der Umweltspur zwischen der Innenstadt und Geisweid; für Autos und Lastwagen steht dann auf fünf Kilometern Länge über weite Strecken von Sand-, Hagener und Weidenauer Straße eine Fahrspur weniger zur Verfügung. Mit Blick auf vergangene umfangreiche Änderungen im Straßenverkehr rechnet Steffen Mues auch hier damit, dass es ein paar Wochen dauern dürfte, bis sich die Verkehrsströme angepasst haben: „Die Menschen müssen sich erst dran gewöhnen.“
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Nach durchaus intensiver Diskussion war das Vorhaben im vergangenen Jahr mit großer Mehrheit politisch beschlossen worden. Wenig spricht gegen die Umweltspur, auf der auch Busse fahren dürfen – auch Fahrradclub ADFC, Verkehrsbetriebe VWS und Polizei hatten sich klar dafür ausgesprochen, glauben an das Potenzial der Maßnahme. Denn der Fahrradweg unter der HTS, der eigentlich ein Fußweg ist, auf dem man auch mit dem Rad fahren darf, hat seine Kapazitätsgrenzen erreicht; immer öfter komme es zu Konflikten, vor allem im Sommer, sagt Stadtbaurat Henrik Schumann. Außerdem sei es je nach Startpunkt auch nicht immer ganz einfach, die Trasse überhaupt zu erreichen – die Umweltspur auf der Hauptstraße biete da ganz andere Voraussetzungen, sei niedrigschwelliger zu erreichen, sicherer zu befahren.
Fuß- und Fahrradweg unter der HTS in Siegen ist voll - immer mehr Konflikte
Konflikte dürften in den ersten Wochen auch auf der Hauptachse mit der Umweltspur zu erwarten sein. Auf fünf Kilometern gibt es diverse Kreuzungen, Abbiegespuren, Ampeln, an denen Auto- und Radfahrer aufeinander achtgeben müssen. Was in der Fahrradstadt Münster seit jeher Alltag sei, müsse Siegen nun noch lernen, so Steffen Mues. Auch während der Bauphase werde daher intensiv und genau beschildert; es gelte, sich an diesen Verkehrszeichen zu orientieren. „Wir nehmen niemandem etwas weg“, bekräftigt auch Henrik Schumann – Verkehrsmittel sollten hierdurch gleichberechtigt auf den Straßen unterwegs sein können. Es gehe um echte Wahlfreiheit; Auto, Bus oder Fahrrad, letzteres gerade auf Kurzstrecken. „Die haben wir in Siegen bislang nicht, weil das Angebot fehlt.“ Der Radverkehrsanteil beträgt 3,9 Prozent - und soll durch die Umweltspur auf 6,3 ansteigen.
Außerdem hat das Auto ja weiterhin Platz. Direkt über der Hauptstrecke „unten“ verläuft die HTS. Die wird nach wie vor nicht in dem Ausmaß genutzt, in dem es möglich wäre, um in Siegen zum Ziel zu gelangen. Schon in der Feinstaub-Diskussion, als Fahrverbote durch die Innenstadt drohten, oder bei den veränderten Ampelschaltungen vor Reichwalds und an Kochs Ecke, die den Verkehr ums Zentrum herum über die Schnellstraße führen sollten, ließen einige Autofahrer nicht von der nun längeren und umständlicheren Strecke ab. Die HTS, appelliert der Bürgermeister, vertrage problemlos mehr Verkehr, „da ist der Platz vorhanden“.
Einmal mehr hat der Cyberangriff auf die Südwestfalen-IT ein Projekt verzögert – die Umweltspur sollte eigentlich schon zu Jahresbeginn markiert werden, damit sie in der „Fahrradzeit“, Frühjahr und Sommer, in Betrieb ist. Im Herbst, sagt der Stadtbaurat, werde eine solche Spur weniger akzeptiert, wenn dann witterungsbedingt wenig Fahrräder darauf fahren. Das Leistungsverzeichnis – Pläne, Kostenaufstellungen, Unterlagen – für die Maßnahme sei jedenfalls durch den Hackerangriff erstmal futsch gewesen, Larena Kühnel von der Abteilung Straße und Verkehr begann in mühevoller Arbeit von vorne. Und als sie fertig war, standen die Daten dann auch wieder zur Verfügung... Dennoch sei es gelungen, ein Unternehmen zu finden, das Anfang April loslegen konnte, „das war echt auf Kante genäht“, sagt Schumann.
Schritt für Schritt „arbeitet sich“ die Umweltspur von Geisweid nach Siegen voran
Die Markierungsarbeiten schreiten von Nord (Geisweid, Ecke Bahnstraße/Geisweider Straße) nach Süd (Innenstadt) voran, für beide Fahrtrichtungen. Etwa zwei Monate, bis Mitte Juni, soll es etwa dauern, bis die ganze Route fertig markiert ist: Mit weißen Streifen und Piktogrammen auf der Strecke, rot in Kreuzungs- und potenziellen „Konfliktbereichen“. 3000 Quadratmeter Verkehrsfläche werden markiert, sagt Marco Fechtner, Abteilung Straße und Verkehr, der die Ausführung überwacht. In dem Moment, indem sie markiert ist, ist die Umweltspur da und in Kraft - freie Fahrt fürs Fahrrad, nicht mehr fürs Auto. Nicht zuletzt auch für den Busverkehr – die meisten Verspätungen entstehen in den zentralen Lagen von Siegen. Jeden Tag steht also ein Abschnitt mehr fürs Fahrrad bereit - oder eben weniger, aus Auto-Sicht. Auch in dieser „dynamischen Phase“ werde genauestens beschildert, wer wo wie fahren darf und wo es zum HTS-Fahrradweg geht, versprechend die Verantwortlichen.
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Final fertig werde die Umweltspur auch im Juni noch nicht sein. Es wurde zwar umfassend simuliert und prognostiziert, den „Praxistest“ muss die neue Route im tatsächlichen Betrieb bestehen. „Gerade an Kreuzungen und Ampeln wird Nachsteuerungsbedarf bestehen“, vermutet Stadtbaurat Schumann. Die Gesamtkosten werden auf 310.000 Euro beziffert.