Siegen. Ehemaliges Kreiswehrersatzamt an der Tiergartenstraße in Siegen soll Flüchtlingsunterkunft werden. Das wurde es auch, aber anders als geplant.
Die Unterbringung Geflüchteter stellt die Kommunen seit einiger Zeit wieder vor enorme Herausforderungen. Die Diskussionen um Wohncontainer als Notlösung wird – unter anderem in Wilnsdorf und Netphen – emotional geführt; viele Anwohner lehnen die Errichtung solcher Anlagen in ihrer Umgebung erbittert ab. Die Stadt Siegen ist in der vergleichsweise „komfortablen“ Situation, mit dem ehemaligen Kreiswehrersatzamt an der Tiergartenstraße über eine städtebauliche Reserve zu verfügen. Die große Immobilie und das weitläufige Grundstück in ziemlich zentraler Lage sollen mittelfristig unter anderem für sozialen Wohnungsbau und auch als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden. Da hier ausreichend Platz im Hof ist, hat die Stadt zunächst 25 Wohncontainer errichtet, die 75 Personen Platz bieten. Dazu kommen drei Sanitärcontainer und zwei als Küche und Aufenthaltsbereich, ferner das ehemalige Werkstattgebäude, wo zwischenzeitlich die Ukraine-Hilfe ein Lager unterhalten hatte.
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Die Liegenschaft gehört der Kommunalen Entwicklungsgesellschaft (KEG), die es Anfang 2023 von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) übernommen hat. Für den Erwerb konnte die städtische Tochtergesellschaft eine Kaufpreisverbilligung in Anspruch nehmen und ging damit auch die Verpflichtung ein, das Gelände nicht brach liegen zu lassen. „Das ist auch nicht in unserem Sinne“, so Kämmerer und KEG-Geschäftsführer Wolfgang Cavelius auf Anfrage. Seit 2015 hatte die Stadt Siegen einen Teil des Komplexes bereits genutzt, um hier Flüchtlinge unterzubringen. Während der Corona-Pandemie war hier auch eine Quarantänestation eingerichtet, derzeit sind im Erdgeschoss vier Räume belegt. Der Rest des Gebäudes, sagt Sozialdezernent Andree Schmidt, ist aufgrund der Brandschutzbestimmungen nicht nutzbar; nur im Erdgeschoss gebe es einen Fluchtweg.
Ehemaliges Kreiswehrersatzamt: Preisgünstiger Wohnraum an der Tiergartenstraße in Siegen
Auch künftig sollen hier Geflüchtete untergebracht werden, auch geförderter („sozialer“) Wohnungsbau ist angedacht. Daneben wurden Ideen entwickelt, wie das Areal noch für die Stadtentwicklung genutzt werden könnte: Kita, kulturell-integrative Einrichtungen wie das KIQ (KulturIntegrationQuartier) in der alten Hammerhütter Schule und ein Parkhaus für den wachsenden Innenstadt-Hauptcampus der Uni Siegen, der vor Ort keine Auto-Stellplätze haben soll. Von letzteren beiden Punkten ist aktuell jedoch zumindest keine Rede mehr.
Grundsätzlich halten Stadt und KEG an der weiteren Entwicklung von Grundstück und Gebäude fest, zuletzt aber ist auch Siegen unter Druck geraten, wieder mehr Geflüchtete unterbringen zu müssen. Die Stadt hat ihre gesetzlich vorgeschriebenen Aufnahmequoten im Unterschied zu kleineren Nachbarkommunen seit Jahren immer deutlich übererfüllt – Siegen wurden bis Ende September 2023 nur neun Flüchtlinge und Asylbewerber zugewiesen sowie 32 Spätaussiedler. Durch die deutschlandweit hohen Aufnahmezahlen sank die Quotenerfüllung aber dann kontinuierlich; das Land NRW regelte das Thema zum 1. Dezember neu, womit Siegen unter 100 Prozent sank und verpflichtet wurde, 46 Personen aufzunehmen.
Wohncontainer für Geflüchtete: Auch in Siegen auf Dauer keine gute Sache
Deshalb wurde das Areal kurzfristig – und laut Mietvertrag noch bis Herbst 2025 – als Übergangseinrichtung hergerichtet, um Wohnraum für Flüchtlinge, Asylsuchende und Aussiedler zu gewinnen. Die Wohncontainer sollen so lange auf dem Gelände stehen, bis das Bestandsgebäude zumindest in Teilen so weit hergerichtet und saniert ist, dass hier eine „dauerhafte Übergangslösung“ entstanden ist. Zuletzt hatte etwa auch die Gemeinde Wilnsdorf angekündigt, dass Containeranlagen keine gute Sache seien und festen Wohnraum kaufen oder sogar neu bauen zu wollen.
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Die Stadt Siegen hält nach Angaben von Sozialdezernent Schmidt derzeit zwei städtische Übergangseinrichtungen (Im Wiesental/Geisweid, Am Dreesch/Hengsbach) und eine Übergangseinrichtung der KEG vor, außerdem gibt es die Notunterkunft im Rüsterweg in Geisweid als Puffer. Darüber hinaus stehen zehn weitere städtische und 39 angemietete Objekte zur Verfügung (darunter 24 auch die Tiergartenstraße ohne Container mit 24 Plätzen). Von den insgesamt 484 Plätzen sind etwa 70 Prozent belegt. Da laufend einzelne Gebäude saniert und renoviert werden müssen, stehen nicht unbedingt alle Plätze jederzeit zur Verfügung. Die Stadt achtet demnach auch auf die Zusammensetzung der Personengruppen in den beengten Quartieren, etwa hinsichtlich des Geschlechts oder der Religionszugehörigkeit.