Siegen. „Investoren müssen damit rechnen, dass wir uns einmischen“: Die Stadt Siegen will einen Städtebau-Masterplan für Schlüsselgrundstücke erarbeiten.

Seit Jahren und Jahrzehnten kommt die Stadt oft an und- oder untergenutzte „Schlüsselgrundstücke“ nicht heran – Brachflächen zum Beispiel, frühere Unternehmensstandorte, abgerissene oder leerstehende Gebäude. Die liegen in vielen Fällen zentral oder sind aus anderen Gründen für die Stadtentwicklung Siegens von großer Bedeutung, aber die Stadt hat kaum eine Handhabe. „Das gefällt mir nicht“, sagt Stadtbaurat Henrik Schumann. Ein Masterplan soll nun her, damit die Verwaltung gezielt Einfluss nehmen kann auf bauliche Entwicklungen und nicht mehr überrumpelt wird. Es sei auch nachhaltiger, zunächst im Innenbereich gründlich zu planen („Nachverdichtung“), als auf der grünen Wiese neue Baugebiete zu erschließen.

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Manchmal gehe es dann nämlich auch ganz schnell, erläutert Schumann: Nachdem ein Grundstück lange brach lag, stehe plötzlich ein Investor vor der Tür, „und wir können erst dann anfangen, uns damit auseinanderzusetzen, aber oft nicht mehr beeinflussen, was passiert.“ Für Verwaltung und Politik sei es aber entscheidend, gerade bei Großprojekten frühzeitig eingebunden zu werden, die langen Linien der Stadtentwicklung im Blick zu behalten. Das soll der „städtebauliche Masterplan Innenentwicklung Siegen“ ermöglichen, der – im Unterschied zu den Städtebau-Förderprogrammen „Siegen zu Neuen Ufern“, „Rund um den Siegberg“ und aktuell „Siegen verbindet“ (siehe unten) – das gesamte Stadtgebiet in den Blick nimmt. „Räumlich hat das eine ganz andere Dimension“, bekräftigt der Stadtbaurat.

Siegen will regulierend eingreifen, bevor mit Bauprojekten Fakten geschaffen werden

Und eben auch im Ablauf. Der Masterplan soll den Rahmen abstecken, innerhalb derer Bauherren agieren können. „Investoren müssen damit rechnen, dass die Stadt sich einmischt“, kündigt Henrik Schumann an. Er habe immer öfter feststellen müssen, dass nicht die Stadt Angebote machen könne, sondern dass Planer umgekehrt Vorhaben ankündigen, „für die wir in den seltensten Fällen gerüstet sind.“ Vor allem außerhalb der Innenstadt sei das der Fall, wo immer wieder größere Flächen frei würden, „die wir gar nicht auf dem Schirm hatten“, sagt Henrik Schumann – zuletzt etwa auf dem Gelände der früheren Firma Hund und Weber in Geisweid. Die Stadt legt Wert darauf, dass bestehende Infrastrukturen optimiert und weiter genutzt, Quartiere verjüngt, Baulücken geschlossen werden und bestenfalls neue Angebote entstehen.

Gleichzeitig biete der Masterplan auch Grundstückseigentümern Sicherheit, die sich nicht gut mit der Materie auskennen. „Das bedeutet nicht, dass wir rechtlich alles durchboxen können“, unterstreicht er. Wo ein Bebauungsplan darübergelegt werde, müsse gut abgewogen werden. Aber sollte ein Vorhaben angestrebten städtebaulichen Linien widersprechen, hätte die öffentliche Hand eben die Möglichkeit, regulierend einzugreifen.

Testentwürfe für besonders wichtige Grundstücke in Siegen sollen

Konkret bedeutet der Masterplan, dass eine Art Kataster städtebaulich relevanter Grundstücke erarbeitet wird – all die Flächen, die in kurz-, mittel- und langfristiger Zukunft für Siegen wichtig werden dürften, sind dann dort verzeichnet. Dafür müssen sie zunächst identifiziert werden, für besonders wichtige Areale sollen demnach auch vertiefende Testentwürfe erarbeitet werden, „erste Entwicklungsideen, was wir uns vorstellen können“, erklärt der Stadtbaurat. Potenziale solcher Grundstücke gelte es bestmöglich zu nutzen – eingeschossige Supermärkte ohne Wohnetagen obendrüber etwa seien künftig wohl nicht mehr vorstellbar. Dass die Stadt Überlegungen für ein Grundstück anstellt, bedeute nicht, dass es dann so kommen werde – und auch nicht, dass die Stadt jede untergenutzte Fläche genau unter die Lupe nehmen wird. Siegen hat eine städtebaulich schwierige Topografie, vor allem die dichtbebauten Tallagen sind begehrt und auf die wird sich die Abteilung Stadtentwicklung, Stadtplanung und Liegenschaften auch konzentrieren.

Als Gesamtkosten für den Masterplan werden 180.000 Euro kalkuliert. Wird das Vorhaben genehmigt, rechnet die Stadt mit der Fertigstellung im Frühjahr 2025.

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Das Städtebau-Förderprogramm „Siegen verbindet“ („Integriertes Handlungskonzept Innenstadt“, IHaKo) ist eng verknüpft mit dem Umzug zweier weiterer Uni-Fakultäten in die Innenstadt („Siegen – Wissen verbindet“). Für die daran angedockten Teilkonzepte („Stadtraum verbindet“, „Grün verbindet“, „Gemeinschaft verbindet“) hätte die Stadt Fördermittel beantragen können, das wurde aber um ein Jahr verschoben: Wie berichtet hatte es einen Abstimmungstermin in Sachen Uni-Umzug mit den zuständigen NRW-Ministerien gegeben. Die forderten, sich räumlich auf Errichtung der beiden Teilcampus’ Nord und Süd zu fokussieren, den gesamten Innenstadt-Campus anzugehen, war den Geldgebern zu unkonkret.