Hagen. . Ulrike Schultz und ihr Ehemann Christian, der auch die anderen beiden Kläger vertritt, sind in die Offensive gegangen, um ihre Sicht der Dinge in Sachen Hospizanbau in Hagen darzulegen. Sie erheben schwere Vorwürfe und sehen sich wegen ihrer Klage einer Hexenjagd ausgesetzt.

Ulrike Schultz spricht von einer Hexenjagd. Seitdem bekannt wurde, dass sie gegen den Bau des Hospizes in der Rheinstraße Klage vor dem Verwaltungsgericht in Arnsberg erhoben hat, sei eine Flut von Schmähanrufen und entwürdigenden E-Mails über sie hinweggegangen.

Ehepaar geht mit Anwalt in die Offensive

Jetzt geht sie mit ihrem Mann, dem Rechtsanwalt Christian Schultz, der auch die anderen beiden Kläger vertritt, in die Offensive, um ihre Sicht der Dinge darzulegen: „Vorweg einmal: Wir haben natürlich nichts gegen das Hospiz an sich. Wir haben auch nie ein Wort dagegen vorgebracht. Hagen braucht ein Hospiz, keine Frage. Aber hier im Wohngebiet ist nicht der geeignete Ort dafür.“

Ulrike und Christian Schultz bewohnen ein Reihenhaus in der Kammannstraße, das geplante Hospizgebäude würde dicht an ihr Grundstück heranreichen. Es gebe zwischen Funckepark-, Rhein-, Zehlendorfer und Kammannstraße quasi kein Haus ohne großes Gartengelände, argumentiert Anwalt Schultz, der früher Stadtdirektor in Haan war und sich im Baurecht auskennt: „Der geplante Baukörper würde zwei Gärten zerstören und den Charakter unseres Wohngebietes enorm beeinträchtigen.“

Einem Anwohner, der zum Beispiel für seine Kinder ein solches Gebäude beantragt hätte, wäre das von der Stadtverwaltung nie und nimmer genehmigt worden, ist Schultz überzeugt: „Dieses Vorhaben setzt eindeutig die Regeln des Baurechts außer Kraft. Mit der Genehmigung hat die Stadt Sonderrecht geschaffen. Dagegen wehren wir uns.“

Ulrike und Christian Schultz bewohnen ein Reihenhaus in der Kammannstraße in Hagen. Das geplante Hospizgebäude würde dicht an ihr Grundstück heranreichen.
Ulrike und Christian Schultz bewohnen ein Reihenhaus in der Kammannstraße in Hagen. Das geplante Hospizgebäude würde dicht an ihr Grundstück heranreichen. © WP Michael Kleinrensing

Einer seiner Mandanten, der direkt neben dem Hospiz wohne, befürchte zudem, durch eventuellen Zu- und Abfahrtsverkehr um seine Nachtruhe gebracht zu werden. Man brauche auch gar nicht darüber zu diskutieren, dass der Wert der angrenzenden Grundstücke durch ein Hospiz gemindert würde: „Natürlich ist das so. Aber darüber reden wir vor Gericht gar nicht, unsere Argumentation ist rein baurechtlich gestützt.“

Nachbarn sollen vom Hospizverein nicht informiert worden sein 

Schwere Vorwürfe erheben die Eheleute gegen den Hospizverein, der es bis heute nicht für nötig befunden habe, die Nachbarn über das geplante Bauvorhaben zu informieren. Erst als sie im September aus dem Urlaub zurückgekehrt seien, habe ein Anhörungsbogen der Stadt in der Post gelegen: „Bis dahin wussten wir nichts von der Dimension des Baus.“

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Da die Einspruchsfrist abzulaufen drohte, sahen sie sich unter Zugzwang gesetzt und reichten Klage ein. Würde der geplante Anbau nur halb so groß ausfallen, wären sie bestimmt nicht vor Gericht gezogen, so Christian Schultz: „Und wäre der Verein auf uns zugekommen, hätten wir uns sicherlich einigen können. Aber so . . . Wir sind jedenfalls keine Fundamentalisten, die den Bau des Hospizes um jeden Preis verhindern wollen.“

Bislang kein vergleichbarer Fall in der Rechtssprechung

Mit der Klage, das weiß der Rechtsanwalt, betritt er Neuland. In der Rechtsprechung habe er bislang keinen vergleichbaren Fall gefunden, so Schultz. Kein Wunder, dass die Auseinandersetzung um den Standort des Hospizes längst die überregionalen Medien beschäftigt.

Der geplante Hospiz-Bau in Hagen. Grafik: Manuela Nossutta
Der geplante Hospiz-Bau in Hagen. Grafik: Manuela Nossutta

Aber auch in Hagen bewegt das Projekt weiterhin die Gemüter. Hildegard Murr (82) besuchte unsere Redaktion und erzählte, ihr Urenkel sei am Sonntag in der Erlöserkirche auf Emst getauft worden: „Und nach dem Gottesdienst wurde am Ausgang für das Hospiz gesammelt. Das hat mich sehr bewegt. Das sollte öfter in den Kirchen geschehen. Geburt und Tod gehören zusammen.“