Hagen. . Ein ehemaliger niederländischer Polizist stützt die Mord-Anklage im Fall eines Widerstandskämpfers aus dem Grenzort Delfzijl. Sein Sohn musste aber in Hagen im SS-Prozess gegen den früheren SS-Mann Siert B. für ihn sprechen.

Der niederländische Widerstandskämpfer Aldert Klass Dijkema ist nach Aussage eines Polizisten im September 1944 hinterrücks erschossen und nicht auf der Flucht getötet worden.

Der betagte Polizist konnte seine Angaben allerdings nicht selbst im Hagener Prozess gegen den früheren SS-Mann Siert B. (92) vortragen. Das Gericht befragte seinen Sohn. "Sie haben ihn einfach abgeknallt", gab der Sohn die Worte seines Vater wieder. Siert B. aus Breckerfeld ist wegen Mordes angeklagt.

Zeugen im Pflegeheim auf Fall angesprochen

Der ehemalige Polizist war am 21. September 1944 zusammen mit einem Arzt von den deutschen Besatzern zum Tatort in Appingedam gerufen worden. B. und sein Vorgesetzter August Neuhäuser hätten erklärt, Dijkema sei auf der Flucht erschossen worden. Das habe sein Vater nicht geglaubt. Er habe beteuert, dass das eine Lüge sei. Auf der Flucht habe man nicht eine Hand in der Tasche. Auch der Arzt habe die Version nicht geglaubt.

Der Sohn hatte auf Bitten von Ermittlern für den Prozess gegen Siert B. den Vater im Pflegeheim auf den Fall angesprochen. Als er aufgeregt, aber klar reagierte, habe er die Ermittler hinzugerufen. Nach wiederholter Betonung, sie hätten ihn einfach abgeknallt, alles andere sei eine Lüge, habe sein Vater gesagt, jetzt habe er den Kopf wieder frei.

Unterwegs eine Flucht vorgetäuscht?

Siert B. und Neuhäuser sollen Dijkema mit dem Auto von der Grenz- und Hafenstadt Delfzijl Richtung seines Wohnortes Appingedam gebracht haben. Laut Anklage haben sie unterwegs eine Flucht vorgetäuscht und ihn erschossen. Der Befehl soll von Vorgesetzten gekommen sein. Siert B. behauptet, er habe den Plan nicht gekannt und auch nicht geschossen.

Delfzijl war eine wichtige Hafenstadt an der Emsmündung gegenüber von Emden. Der Grenzposten war gegen Ende des Krieges vor allem zur Spionageabwehr ausgebaut worden. Siert B. und Neuhäuser, der mittleweile tot ist, waren bereits wegen Beihilfe zum Mord an zwei Juden 1980 in Hagen zu Haftstrafen verurteilt worden.

Urteil in Lebenslang umgewandelt

Der gebürtige Niederländer Siert B. war zwar nach dem Krieg von einem niederländischen Sondergericht zum Tode verurteilt worden. Weil er als SS-Mann die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten hatte, wurde er aber nie ausgeliefert. Später wurde das Urteil des Sondergerichts in lebenslange Haft umgewandelt. (dpa)