Hagen. . Der Prozess vor dem Landgericht in Hagen gegen einen 92 Jahre alten ehemaligen SS-Mann geht weiter. Zeugen aus jener Zeit leben nicht mehr. Erinnern soll sich daher einer, der bereits früher gegen den Angeklagten ermittelt hatte.

Mit der Befragung eines pensionierten Staatsanwalts ist am Donnerstag der Hagener Prozess gegen einen 92-jährigen ehemaligen SS-Mann fortgesetzt worden. Der Angeklagte soll im Zweiten Weltkrieg an der Erschießung eines niederländischen Widerstandskämpfers beteiligt gewesen sein. "An Einzelheiten kann ich mich nicht erinnern", sagte der als Zeuge geladene Oberstaatsanwalt außer Dienst.

In den 1970er Jahren hatte er gegen den Angeklagten Siert B. und seinen inzwischen verstorbenen Kameraden ermittelt. Die Männer, die gemeinsam am Polizeigrenzposten Delfzijl bei Groningen Dienst taten, hätten sich in den Vernehmungen gegenseitig den Hauptanteil der Schuld an der Erschießung gegeben, gab der Staatsanwalt an. Bei Bruins' Kollegen habe er nach seinen heutigen Erinnerungen den Eindruck gehabt, dass er eher dazu geneigt habe, zu lügen.

Mord verjährt nicht

Im Fall der Ermordung des Widerstandskämpfers hatte er das Verfahren eingestellt - wohl, weil er die Tat als Totschlag gewertet habe und Bruins nur Angaben zu einem anderen Tatvorwurf habe machen wollen, so der pensionierte Staatsanwalt. Mittlerweile wertet die Staatsanwaltschaft die Erschießung als Mord - und der verjährt nicht.

Bisher hat der 92-jährige Bruins vor Gericht zu den Vorwürfen geschwiegen. In einem Fernsehinterview im Jahr 2012 hatte er allerdings angegeben, sie seien zwar zu zweit am Tatort gewesen, geschossen habe jedoch der andere.

Beihilfe zur Erschießung zweier jüdischer Brüder

1980 hatte ein Gericht beide Männer wegen Beihilfe zur Erschießung zweier jüdischer Brüder schuldig gesprochen. Wer Täter und wer Helfer war, konnte nicht aufgeklärt werden. An Einzelheiten zu der Tat, die damals nicht zur Anklage kam, nämlich die Erschießung des Widerstandskämpfers Aldert Klaas Dijkema, soll sich an diesem Freitag ein ehemaliger Richter erinnern.

Weil es keine lebenden Zeugen mehr für die Tat gibt, stützt sich die Anklage auf alte Vernehmungsprotokolle und Aussagen von Zeugen des über 30 Jahre zurückliegenden Verfahrens.