Brilon. Die Gasknappheit lässt die Preise steigen. Bestatter Christian Schirm aus Brilon erklärt, wie teuer eine Einäscherung bald werden könnte.

Der Krieg in der Ukrainemacht alles teurer. Mieter sollen sich auf einen harten Winter gefasst machen, die Gasabschläge gehen schon jetzt durch die Decke. Doch trotz dieser Umstände bleibt eines im Hochsauerlandkreis wie überall auf der Welt gleich: Weiterhin sterben Menschen und sie müssen bestattet werden. Christian Schirm, der seit 21 Jahren in Brilon mit einem Bestattungsunternehmen selbstständig ist, bemerkt in diesem Jahr ein sehr großes Interesse an Feuerbestattungen. „Im vergangenen Jahr waren es circa 30 Prozent, die diese Variante gewählt haben. In diesem sind es bisher 80 Prozent. Das ist extrem.“ Doch die Krematorien sind auf Gas angewiesen.

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Von einem Trend möchte Schirm nicht sprechen. Noch ist August, viele Beerdigungen finden seiner Erfahrung nach nach dem Sommerlich wieder ab Oktober an. Dann kann die Statistik wieder anders aussehen. „Das liegt auch immer daran, aus welchen Familien jemand gestorben ist. Wenn ein Familienmitglied bereits eingeäschert wurde, dann wird das beim zweiten ähnlich gemacht, weil es ein Doppelgrab gibt. Das hohe Interesse in diesem Jahr ist also eher Zufall.“

Nicht viel Energiezufuhr nötig im Krematorium

Aber führen die steigenden Gaspreise auch dazu, dass die Kosten für die Feuerbestattungen steigen werden? Schirm hält es nicht für ausgeschlossen, dass Krematorien in Zukunft höhere Preise veranschlagen. „Sie können mehr Geld nehmen, aber brauchen es eigentlich nicht. Krematorien schalten die Öfen oft nicht ab und haben dann keinen Gasverbrauch, weil die meisten Varianten autark laufen. Dort braucht es dann wenig bis gar keine Energiezufuhr.“ In Dortmund sei das beispielsweise etwas anders, weil dort noch Flachbettöfen benutzt würden. Schirm glaubt, dass Krematorien die Preise anziehen, wenn sie merken, dass jemand in der Hinsicht den ersten Schritt macht. Eine Veranlassung sieht er dafür aber nicht. „Das könnte man gegenüber keinem Bestatter, der Ahnung hat, rechtfertigen.“ In der Nähe von Brilon gibt es unter anderem ein Krematorium in Diemelstadt. Im Moment habe die Energiekrise noch keine Auswirkungen auf die Bestattungskosten bei Christian Schirm.

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Mit Blick auf drohende Verteilungskonflikte um Energie beharrt laut Evangelischem Pressedienst (epd) der Bundesverband Deutscher Bestatter auf der Systemrelevanz des Bestatterhandwerks und der Krematorien. „Der Worst Case träte ein, wenn Bestatter ihre Kühlanlagen nicht mehr betreiben können, oder wenn Krematorien das Gas zur Einäscherung fehlt“, sagte demnach Sprecherin Elke Herrnberger dem epd.

Trauerkultur müsse geschützt werden

Bis zu drei Viertel der rund einer Million Menschen, die in Deutschland jedes Jahr sterben, würden per Feuerbestattung beigesetzt. „Es geht um Daseinsvorsorge und Seuchenschutz“, betonte Herrnberger. Der Verband sei mit den zuständigen staatlichen Stellen im Gespräch.

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Die Trauerkultur müsse in Zeiten nationaler Krisen unbedingt geschützt werden. „Sie verabschieden sich genau einmal von einem Menschen. Der letzte Anblick eines Toten und die Trauerfeier mit allem, was gelungen ist, oder eben nicht: Das bleibt Ihnen in Erinnerung“, so Herrnberger. „Das musste und das müssen wir leider immer wieder ins politische Bewusstsein rufen.“

Mehrkosten von bis zu 20 Euro für die Einäscherung

Christian Schirm erklärt hingegen, dass steigende Kosten bei den Krematorien nicht dafür sorgen, dass eine Bestattung im großen Stil teurer wird. Er rechnet mit circa 10 bis 20 Euro Mehrkosten. Das mache keinen so großen Unterschied in Anbetracht der Gesamtkosten für eine Beerdigung. „Die Erdbestattungen werden auch teurer. Das liegt an den Friedhöfen. So kann man die Leute auch dazu bringen, sich für eine Einäscherung zu entscheiden, obwohl sie das vielleicht eigentlich gar nicht wollten.“

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Ein Blick nach Thüringen zeigt derweil: Von der Erhöhung der Gaspreise ist die Branche zum Teil noch nicht betroffen – das sagte der Vorsitzende des Bestatterverbands Thüringen, Gerd Rothaug. der dpa. Er glaube nicht, dass es keine Einäscherungen mehr gibt, sollte der Gasnotfall ausgerufen werden. „Ich gehe davon aus, dass wir dann zu den Gruppen gehören, die bevorzugt weiter Gas beziehen dürfen.“ Dass Einäscherungen eingestellt werden müssten, glaubt er nicht. „Wir können die Leichname ja nicht einfach verscharren.“ Auch in einer Zeit wie dieser sei die Wahrung der Pietät und Würde oberstes Gebot.