Hallenberg. . 1870 beginnt die Tradition des Sauerländer Hofes mit Franz-Heinrich Stöber, dem Ur-Ur-Opa der Inhaber Christoph Stöber und Kerstin Bäumer.

  • Drei Gläser mit Pflaumenmus symbolisieren die fast 150-jährige Geschichte des Hauses
  • 1929 brennt das Haus ab und wird als der heute mit Fachwerk verkleidete Teil wieder aufgebaut
  • Als 2007 Vater Herbert Stöber stirbt, überträgt Margret Stöber ihren Kindern die Verantwortung

Drei Weckgläser mit Pflaumenmus. Eingekocht im Jahr 1976. Sie stehen hoch oben auf dem alten Aussteuerschrank in der Gaststube des Sauerländer Hofs. Und kaum einer der Gäste ahnt, dass diese drei Gläser die fast 150 Jahre Geschichte des Hauses symbolisieren.

1870 begann die Tradition des Sauerländer Hofes mit Franz-Heinrich Stöber, dem Ur-Ur-Opa der heutigen Inhaber Christoph Stöber und Kerstin Bäumer, geborene Stöber. Er war damals der Stadtvorsteher von Hallenberg und verheiratet mit Mathilde Winter, die aus einer Gastwirts-Familie stammte – der „Winter’sche Saal“ ist noch vielen älteren Hallenbergern bekannt.

Wandergasthof und Qualitätsbetrieb

Ihre ersten Wanderschuhe hat Kerstin Bäumer aus Neuseeland mitgebracht, seit 15 Jahren hat sich der Sauerländer Hof dem Wandern verschrieben. Er trägt die Gütesiegel „Sauerländer Wandergasthof, Qualitätsbetrieb Rothaarsteig und Qualitätsgastgeber „Wanderbares Deutschland“.

Die Siegel garantieren ein umfassendes Service-Paket wie u.a. Putz-, Wasch- und Trockenmöglichkeiten für die Wanderausrüstung, Gepäcktransfer, Tourentipps und geführte Wanderungen.

Zudem ist der Sauerländer Hof für „Speed-Hiking“ zertifiziert – eine athletische Form des Wanderns mit Stöcken.

Franz-Heinrich Stöber war das Patenkind von Franz Lachemeyer, der in der Hallenberger Geschichte einen bedeutenden Namen hat. Er verfasste die legendäre Lachemeyer’sche Chronik und war Mitbegründer sowie erster Hauptmann und König der Schützengesellschaft Hallenberg. Weil seine vier Kinder früh verstarben, übergab er seinem Patensohn seinen Gasthof in der Königsstraße, wie damals die Merklinghauser Straße noch hieß. 1870 erhielt Franz-Heinrich Stöber seine eigene Konzession für das altehrwürdige Gebäude - die Geburtsstunde des Sauerländer Hofs.

1929 brannte das Haus ab und wurde als der heute mit Fachwerk verkleidete Teil des Gesamtgebäudes wieder aufgebaut. In diesen Jahren kümmerte sich die erst 14-jährige Maria Stöber mit ihrer zwei Jahre jüngeren Schwester Clara aufgrund von Krankheit und frühem Tod der Mutter um Küche und Gäste, denn die Familie hatte zusätzlich auch noch ein Holzrücke-Unternehmen und Landwirtschaft, 1955 kam noch ein Sägewerk dazu.

Großer Um- und Anbau 1994

In den 70er Jahren übernahm dann Herbert Stöber als vierte Generation mit seiner Frau Margret den Sauerländer Hof. Angesichts der stetig steigenden Gästezahlen entschieden sie sich 1976, hinter dem Hotel im „Katzenberg“ ein Gästehaus zu bauen und so die Kapazitäten auf 14 Zimmer zu erweitern. Und an dieser Stelle kommt das Pflaumenmus ins Spiel: Dieser Plan bedeutete, dass die uralten Pflaumenbäume, die Jahr für Jahr ihren Teil zur Verköstigung der Gäste beigetragen hatten, für die Zukunft des Hotels und damit auch der Familie weichen mussten. Deshalb kochte Margret Stöber die letzten Pflaumen ein und verwahrt die Gläser bis heute als Andenken.

Mutter Margret Stöber mit ihren Kindern Kerstin (Bäumer) und Christoph, die das Hotel seit 2007 leiten, beim Durchblättern alter Fotoalben.
Mutter Margret Stöber mit ihren Kindern Kerstin (Bäumer) und Christoph, die das Hotel seit 2007 leiten, beim Durchblättern alter Fotoalben.

Ihre Kinder Christoph und Kerstin wurden quasi im Hotel groß. Für Christoph stand früh fest, dass er Koch werden und die Familientradition weiter führen wollte. Nach seiner Ausbildung im Gasthof Schütte in Oberkirchen wechselte er in den Schwarzwald ins 5-Sterne-Hotel Traube Tonbach. Für seine Schwester Kerstin war es dagegen noch nicht klar, ob sie in Hallenberg bleiben würde. Sie lernte nach dem Abitur Hotelfachfrau in der Glashütte in Bad Laasphe und ging dann für ein Jahr nach Neuseeland.

Pension mit Tradition - alle Folgen

Kleine und mittlere Hotels, Pensionen und Gasthöfe haben im Laufe der Jahre eine Menge erlebt. Vor allem, wenn sie im Familienbesitz sind und schon über Generationen geführt werden. Da gibt es viele kleine Geschichten zu erzählen, über Gäste, über lustige, aber auch traurige Anlässe. Viel hat sich verändert in den Jahrzehnten. Die Besitzer müssen sich immer neuen Herausforderungen stellen. Haben Sie noch Zukunft? Wie sieht es in den Familien mit der Nachfolge aus?

Übereinstimmend sagen heute beide: „Unsere Eltern haben das gut gemacht: Wir konnten unseren eigenen Wege gehen, sind aber schon früh in alle Entscheidungen rund um den Sauerländer Hof eingebunden worden.“ So zum Beispiel den großen Um- und Anbau aus dem Jahr 1994, als die Kapazität auf 30 Zimmer ausgeweitet und damit mehr als verdoppelt wurde. Durch diese freiwillige Verantwortung entstand eine viel intensivere Bindung, als sie durch Druck hätte wachsen können.

Geschwister übernehmen das Hotel

2002 steckte Christoph Stöber, der mittlerweile wieder in Hallenberg war, in der Abschlussprüfung seines Betriebswirt-Studiums. Deshalb kehrte auch Kerstin Bäumer zurück, um ihm den Rücken frei zu halten - eigentlich nur für ein paar Monate, das Visum für Neuseeland war schon verlängert. Doch dann fragte Christoph, ob sie als Expertin für Rezeption und Hotelmarketing nicht mit einsteigen wollte. „Das war genau die richtige Entscheidung. Wir sind verschiedene Charaktere, haben aber das gleiche Ziel. Und wir können uns abwechseln, einer ist ja immer da.“ Als 2007 Vater Herbert Stöber stirbt, überträgt Margret Stöber ihren Kindern die Verantwortung für das Haus.

Das Haus atmet förmlich Geschichte, wenn man durch die Gaststube, das ganz frisch renovierte Restaurant oder die Hotelflure geht. Überall finden sich alte Fotos, Möbelstücke oder Andenken aus der Historie des Hauses, geschmackvoll kombiniert mit neuen Dingen und Ausstattungen. Ob die Holzverkleidung im großen Saal, der „Wohlfühlhimmel“ genannte Wellness- und Saunabereich mit der Dachterrasse, die Bodenfliesen unter einer freistehenden Badewanne – zu allem wissen Margret und Christoph Stöber oder Kerstin Bäumer etwas zu erzählen.

Das Ziel für ihre Gäste klingt einfach, ist nicht in erster Linie materiell und doch zugleich hoher Maßstab: „Das sind wir und unsere 20 Mitarbeiter. Wir legen Wert auf eine anständige Ausbildung und Fachverstand. Unsere Gäste sollen Wärme und Herzlichkeit spüren.“ Die Gäste – das sind nicht nur die Hotelbesucher, sondern auch viele Einheimische, Vereine und Stammtische, die seit fast 150 Jahren zum Essen oder auf ein Bier vorbeikommen.

Gastgeber-Gen steckt tief drin

Das Gastgeber-Gen steckt in der Familie Stöber ganz tief drin: „Wir kennen die Menschen, die zu uns kommen, und begleiten sie – manchmal sogar von der Taufe bis zur Beerdigung. Wir können mit kleinen Dingen dafür sorgen, dass sie sich wohlfühlen. Gibt es einen schöneren Beruf?“

Mittlerweile wird mit Carla, Theodor und Anna die sechste Generation im Sauerländer Hof groß. Ob sie die Gastronomie-Tradition irgendwann weiter führen werden? Sicher ist, dass ihnen Oma Margret bestimmt einmal die Geschichte von den drei Pflaumengläsern, in denen gleichzeitig Wurzeln und Zukunft der Familie Stöber vereint sind, erzählen wird.

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