Lüdenscheid. Staatsanwaltschaft bestätigt den Einsatz am Freitagmorgen. Sie ermittelt zum Fall einer Frau, die nach der Geburt ihres Kindes starb.
Im dichten morgendlichen Nebel begann der Einsatz: Gegen 8.30 Uhr am Freitag fuhren die Fahrzeuge der Kriminalpolizei am Klinikum Lüdenscheid vor und parkten direkt vor der Notaufnahme. Ein Einsatz im Fall der jungen Mutter (26), die Tage nach der Geburt ihres Kindes im Krankenhaus verstarb. Die Staatsanwaltschaft Hagen ermittelt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Am Freitagmorgen tauchte die Polizei mit einem Durchsuchungsbeschluss auf und sicherte weitere Akten.
Klinikum Lüdenscheid: Durchsuchungen am Freitagmorgen
Dr. Gerhard Pauli, Oberstaatsanwalt bei der Hagener Ermittlungsbehörde, bestätigt den Vorgang auf Nachfrage der WESTFALENPOST. „Die Durchsuchungsmaßnahme dient der Auffindung und Sicherstellung von Beweismitteln“, kommentiert der Sprecher der Staatsanwaltschaft knapp.
Deutet der Einsatz auf eine mangelnde Kooperationsbereitschaft des Krankenhauses hin? „Dieses Vorgehen ist gerade bei möglichen Ärztefehlern nicht unüblich, weil der Berufsstand der Schweigepflicht unterliegt“, sagt der Oberstaatsanwalt. Im Klartext: Der Durchsuchungsbeschluss schafft Fakten auch dort, wo der Wille zur Zusammenarbeit längst gegeben ist, aber rechtlich ausgebremst wird. Inwieweit das auf den aktuellen Fall zutrifft, ist noch fraglich.
„Uns ist bekannt, dass zwischendurch einmal der Eindruck bestand, dass Mitarbeitende aus dem behandelnden Umfeld sich untereinander unter Druck gesetzt fühlten. Wir gehen aber davon aus, dass dies zwischenzeitlich aufgelöst werden konnte.“
Nach Informationen der WESTFALENPOST wurde die Durchsuchung auch nötig, weil die Ermittler Zweifel haben, ob das, was in den zuvor sichergestellten Akten steht, auch das ist, was tatsächlich in jener verhängnisvollen Nacht geschah. Aus Ermittlerkreisen ist zu erfahren, dass es Manipulationen gegeben haben könnte - und dass sogar Mitarbeiter unter Druck gesetzt worden sein könnten, bei Befragungen keine Auskünfte zu geben.
Lüdenscheiderin stirbt nach der Geburt ihres Kindes
Das Krankenhaus, das bei dem Todesfall in einer ersten öffentlichen Reaktion „von einem schicksalhaften Verlauf“ ausging, antwortete am Freitag auf eine entsprechende Anfrage dieser Redaktion so: „Wir können bestätigen, dass die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen heute fortgesetzt hat. Diese wurden auch persönlich von uns begleitet und weitere Dokumente ausgehändigt. Nach wie vor unterstützen wir vollumfänglich die Behörden bei dem staatsanwaltlichen Verfahren.“
Auf Fragen zu möglichen Manipulationen der Akten und Einflussnahmen auf das Personal antwortet das Klinikum: „Uns ist bekannt, dass zwischendurch einmal der Eindruck bestand, dass Mitarbeitende aus dem behandelnden Umfeld sich untereinander unter Druck gesetzt fühlten. Wir gehen aber davon aus, dass dies zwischenzeitlich aufgelöst werden konnte.“
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Eine 26-jährige Lüdenscheiderin war am 27. Dezember - zwei Wochen nach der Geburt ihres Kindes - im Krankenhaus gestorben. Die Familie der Verstorbenen erhebt schwere Vorwürfe gegen das Klinikum. Ihr Ehemann sagte gegenüber der WESTFALENPOST: „Wir haben den Ärzten vertraut. Jetzt haben sie uns unsagbares Leid angetan und uns mit offenen Fragen zurückgelassen. Wir wollen nur, dass die Wahrheit ans Licht kommt.“
Die Geburt der Tochter war offenbar ohne Komplikationen verlaufen. Um 21.16 Uhr kam Elisa zur Welt. Die Mutter habe ihr Kind für etwa 30 Minuten auf dem Arm halten können, ehe sie - nach Schilderung der Angehörigen - für einen kleinen Routineeingriff aus dem Kreißsaal gebracht worden sei - und nie mehr zurückkehrte.
„Ärzte und Personal haben Blickkontakt vermieden und sind uns aus dem Weg gegangen. Es war offensichtlich, dass etwas schiefgelaufen ist.“
Mit zunehmender Sorge habe die Familie gewartet, Nervosität habe sich dann beim Klinikpersonal breit gemacht. „Ärzte und Personal haben Blickkontakt vermieden und sind uns aus dem Weg gegangen. Es war offensichtlich, dass etwas schiefgelaufen ist“, berichtet der Bruder. Acht Tage nach der Geburt sei der Hirntod eingetreten, am 27. Dezember seien die lebenserhaltenden Maßnahmen eingestellt worden. Die Frau starb. Wie es dazu kommen konnte? Das aufzuklären ist Aufgabe der Ermittler.
Langwierige Untersuchungen der Gewebeproben
Die Obduktion der Leiche hat vor einer Woche stattgefunden. Gewebeproben sind entnommen worden und müssen nun im Labor analysiert werden. Unter anderem soll ein neuropathologisches Gutachten erstellt werden. „Gerade wenn ein ärztlicher Behandlungsfehler im Raum steht, muss über Gewebeproben herausgefunden werden, wie der genaue Ablauf der Behandlung war. Diese Gewebeproben sind entnommen worden, doch bis die ausgewertet sind, dauert es ein halbes Jahr“, erklärte Gerhard Pauli vor einigen Tagen.
Nach rund anderthalb Stunden verließen die ersten drei der sechs Beamten die Klinik wieder. In der Hand hielten sie mehrere Aktenordner, die nun auf die Auswertung warten.