Altena. Seit Jahren soll die Ruhr-Sieg-Strecke durch das Lennetal zukunftsfähig gemacht werden. Doch die Planungen ziehen sich hin.
Möchte ein Unternehmen im Sauer- oder Siegerland seine Produkte per Container über die Schiene verschicken, ist das häufig nicht leicht. Denn auf der vor über 160 Jahren ursprünglich vorrangig für den Transport von Kohle und Stahl gebauten Ruhr-Sieg-Strecke von Hagen über Altena bis Siegen können keine modernen Überseecontainer und Sattelauflieger transportiert werden. Das soll sich jetzt mit dem Mammut-Projekt „Ausbaustrecke Hagen-Siegen-Hanau“ ändern. Im Bundesverkehrswegeplan 2030 ist der Ausbau als „vordringlicher Bedarf“ geführt.
Sieben Jahre nach Planungsauftrag sind nun erste Probenentnahmen und Vermessungen durchgeführt. Der Ausbau der Tunnel soll die Strecke fit für den Kombinationsverkehr aus Güter- und Personenzügen machen und somit zu einer Art Highway des Schienentransports werden. In einem öffentlichen Dialogtermin in Altena erklären Projektleiterin Laura Hoppenheit und Kollege Jochen Havers sowie Projektpartnermanagerin Marion Michels, wie weit die Planungen vorangeschritten sind.
Insgesamt neun Schritte sind bis zum Bau vorgesehen. Was wurde seit 2017 gemacht? Das Trio erklärt, dass man im Grunde das Bauvorhaben vorbereitet. Dabei wurden mit Kernbohrungen Beprobungen des Baugrundes sowie des Berges vorgenommen. Ziel dieser Vorplanung ist, dass man sich zum einen für eine Modernisierungsvariante für die Tunnel entscheidet und auch die Kosten für diese große Maßnahme abschätzt, so Laura Hoppenheit.
„Wir wollen diese traditionsreiche Strecke in die Zukunft bringen.“
Zukunft ungewiss
Doch trotz der Beprobungen sei es „schwer zu sagen, was wir antreffen werden“, so Hoppenheit. Daher sei eine zuverlässige Aussage zur Dauer der Maßnahme noch nicht zu treffen. Gegenüber dieser Redaktion teilte ein Bahnsprecher im Sommer 2023 mit: „Die DB Netz plant derzeit mit dem Beginn des Planfeststellungsverfahrens ab 2029.“ Zum Vergleich: der Bau der Rahmedetalbrücke auf der A45 soll bereits 2027 vollständig fertig sein. Der Zustand der A45-Brücken fand schon in einem, von der IHK Siegen in Auftrag gegebenen, Gutachten zum Tunnelausbau der Ruhr-Sieg-Strecke im Jahr 2012 Erwähnung.
Auch über die Kostenaussicht könne man vonseiten des Bahn-Projektteams noch nichts Genaues sagen. Über die bereits entstandenen Kosten möchte man sich hingegen nicht äußern, so Projektleiter Jochen Havers. Gegenüber der Altenaer Kreiszeitung teilt die Bahn mit, dass sich das Projektvolumen inklusive der Baukosten auf 700 Millionen Euro belaufe.
Favorisierte Variante gefunden
Für die Tunnel im Bereich Altena und Nachrodt möchte man die sogenannte Tunnel-im-Tunnel-Verfahrensweise anwenden. Dabei wird der Verkehr auf ein Gleis reduziert und ein provisorischer Tunnel in den Bestand eingezogen. Währenddessen wird der Bestandstunnel abgebrochen und erweitert. Ziel ist es, dass durch den Tunnel zwei Gleise mit einem Abstand von vier Metern passen. Zudem wird durch das Ausweiten der Transport von Überseecontainern und Sattelaufliegern ermöglicht.
Alternativ könne man eine zweite Tunnelröhre in den Berg schlagen, was im Bereich Altena und Nachrodt jedoch aufgrund beengter Platzverhältnisse nicht möglich ist, so die Planer der Deutschen Bahn. Bei der Untersuchung der Varianten aufgefallen ist auch, dass beispielsweise Brücken erweitert, Flächen für Rettungskräfte und viele weitere, ortsbezogene, Einzelheiten geklärt werden müssen, bevor der Bau beginnen kann, erklärt Havers.
Modernisierungsvarianten im Vergleich
Bahnverkehr stabiler, weniger LKW
Laura Hoppenheit betont jedoch, dass es sich bei dieser Maßnahme nicht um eine Streckenerneuerung handelt, sondern lediglich um die Aufweitung der Tunnel, um diese mit größeren Waggons befahrbar zu machen. Dennoch schaffe man auch sogennante Überleitstellen für bis zu 740 Meter lange Züge. Diese sind wichtig, damit sich Züge gegenseitig überholen können. Größte Herausforderung sowohl beim Tunnelbau, als auch bei den Überleitstellen: „Die Platzverhältnisse hier sind beengt“, ist sich Hoppenheit sicher.
Besonders der Güterverkehr werde von der Aufweitung der Tunnel profitieren. Doch auch der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) erhalte mit den Maßnahmen Vorteile, denn: Mit den Überleitstellen können die schnellen Personenzüge die langsameren Güterzüge überholen, was den ÖPNV schneller mache, so Marion Michels. „Der Bürger wird merken, dass der Bahnverkehr zum einen stabiler wird und zum anderen weniger Lkw auf den Straßen unterwegs sein werden“, gibt sich Projektleiter Havers zuversichtlich.
Ungeduld wächst
„Das dauert jetzt schon viel zu lange!“
Die IHK Siegen sehnt dem Ausbau der Strecke entgegen. Sie ist wichtig für die Wirtschaft in der Region. Nur das Tempo missfällt. „Das dauert jetzt schon viel zu lange“, findet Hans-Peter Langer, Sprecher der Industrie- und Handelskammer Siegen, deutliche Worte. Er erklärt, dass aktuell sämtlicher Containerverkehr über den Kölner Rheinkorridor und die Sieg-Strecke nach Siegen fährt. So muss ein Container, der in Hamburg auf die Schiene kommt, den Umweg durch die Domstadt nehmen. Mit der Ruhr-Sieg-Strecke könnte dieser Umweg entfallen. Langer macht deutlich, dass „der Zustand der Straße an seine Grenzen stößt und es bereits viele Baustellen gibt. Gerade jetzt bräuchte es die Schiene als zweiten Verkehrsträger.“
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Das Südwestfalen Containerterminal in Kreuztal könne ihm zufolge noch stärker ausgelastet werden, wenn die Ruhr-Sieg-Strecke bereits fertig wäre. Aber auch die Sieg-Strecke von Köln nach Siegen ist bereits überlastet, denn seit dem Krieg ist die Strecke etappenweise nur eingleisig.