Hagen-Mitte. Überraschend ist der leergezogene Wolkenkratzer unter Schutz gestellt worden. Warum und was das nun bedeutet.

Der alte Arbeitsamtsturm an der Körnerstraße war zuletzt viele Male im Fokus unserer Berichterstattung. Der Flutschaden in der Tiefgarage, der anschließende Verkauf durch die Arbeitsagentur, der Kauf durch eine Hotel-Gruppe, mögliche Umbauarbeiten für ein Hotel im Niedrigpreissegment. Während immer wieder Thema war, wie es mit dem Turm weitergehen kann, ist er vor mittlerweile drei Monaten in die Denkmalliste der Stadt Hagen aufgenommen worden. Damit ist auch klar, dass er - im Gegensatz zum Langen Oskar zum Beispiel, der 2004 gesprengt wurde - für immer im Stadtbild präsent bleiben wird. Eine Denkmaleintragung und ihre Folgen.

„Die vorläufige Eintragung in die Denkmalliste der Stadt Hagen erfolgte am 8. August 2024. Es war die systematische Erforschung des Stadtgebietes im Rahmen der Denkmaltopographie, die das Hochhaus in den Fokus der Denkmalpflege gebracht hat“, erklärt die Stadt Hagen auf Anfrage dieser Zeitung. Und weiter: „Eine umfassende Beschäftigung mit dem Objekt und die Erstellung eines ausführlichen Gutachtens benötigen Zeit. Dass es mehr oder weniger zeitgleich 2021 der Flut zum Opfer fiel und letztendlich zum Verkauf stand, waren somit nicht der Auslöser für die Unterschutzstellung.“

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Das Luftbild des Arbeitsamtsturms in Hagen zeigt seine bedeutende Lage im Bahnhofsquartier und vor dem Kernbereich der Innenstadt. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Die Entscheidung, dass das Hochhaus denkmalwert ist, wurde beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) gemeinsam mit der Unteren Denkmalbehörde in Hagen getroffen. Im Juli dieses Jahres habe der lokalen Denkmalbehörde ein Gutachten und ein Antrag auf Unterschutzstellung vom LWL vorgelegen. „Der Turm ist aus Sicht der Denkmalpflege denkmalwert, weil er bedeutend für die Geschichte der Menschen in Hagen ist. Das Objekt hat das alltägliche Leben vieler Hagener Bürger besonders geprägt. Er hat zudem eine ausgeprägten städtebaulichen Aussagewert“, erklären die Stadt Hagen und ihre Denkmalbehörde.

Die Baukultur der 1980er-Jahre

Der Turm dokumentiert die „vertikale Akzentuierung der Innenstadt“. Von zahlreichen Anhöhen der Stadt sei das Gebäude weithin sichtbar. Zuletzt gebe es wissenschaftliche, architekturgeschichtliche und künstlerische Gründe für den Erhalt. „Das Hochhaus ist ein gut erhaltenes Belegstück für die Architektur und Ausstattung moderner Arbeitsverwaltung der Bundesrepublik in den späten 1970er und 1980er Jahren“, erklärt die Stadt.

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Warum blieb der „Lange Oskar“ dann stehen?

Aber hat folglich nicht auch der „Lange Oskar“ die Innenstadt auf die gleiche Weise geprägt? Am 29. November 1975 war das nach einem Entwurf des Hagener Stadtarchitekten Karl-Heinz Zernikow erbaute Sparkassen-Hochhaus an der Stelle des heutigen Sparkassen-Karrees eingeweiht worden. Mit 98 Metern war das im Volksmund „Langer Oskar“ genannte Hochhaus damals das höchste Gebäude in der Innenstadt. Aber: Anfang der 2000er-Jahre war die Fassade des Hauses undicht, Wasser drang ein. Eine Sanierung der Fassade hätte auch die Sanierung der Klimaanlage und den An- oder Einbau eines zweiten Treppenhauses zur Folge gehabt. 42 Millionen Euro sollte das damals kosten. Hingegen nur 3,8 Millionen kostete eine Sprengung. Und zu der kam es am 7. März 2004. Deutschlandweit beachtet als spektakuläre Wolkenkratzer-Sprengung in einer City.

Viele Fragen beim Umbau

„Die Sprengung des Langen Oskars ist lange her“, erklärt die Stadt Hagen. „Wie in vielen Bereichen ändern sich auch die Erkenntnisse der Denkmalpflege. Hätte man sich zum damaligen Zeitpunkt in der Denkmalpflege schon mit Bauten der 1980er Jahre beschäftigt, hätte man den Sparkassenturm mit Sicherheit auch hinsichtlich Denkmalschutz geprüft. Damals hatte man den Blick aber noch verstärkt auf die Bauten um 1900 und älter gelegt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Lange Oskar nach heutigem Kenntnisstand ein Denkmal geworden wäre“, heißt es aus der Pressestelle weiter. Umso wichtiger sei es vielleicht auch, dass das noch erhaltene Hochhaus bewahrt werde. „Für viele Hagener und Besucher ist es das Erste, was man von der A45 aus sieht, wenn man aus dem Süden in die Stadt kommt. Eine richtige Landmarke.“

Ein Turm als Landmarke - so sieht es zumindest die Denkmalbehörde der Stadt Hagen.
Ein Turm als Landmarke - so sieht es zumindest die Denkmalbehörde der Stadt Hagen. © WP | Michael Kleinrensing

Besonderer Fokus auf zwei Etagen

Für den Eigentümer bedeutet der Denkmalschutz, dass er bei geplanten Umbau- und Umnutzungsvorhaben eine denkmalrechtliche Erlaubnis beantragen und eine Abstimmung mit der Denkmalbehörde erfolgen muss. „Es kommt dann im Detail auf die konkreten Maßnahmen an, ob eine Genehmigung erteilt werden kann oder nicht. Aber grundsätzlich wird eine Sanierung auch unter denkmalschutzrechtlichen Auflagen möglich sein. Selbstverständlich gibt es Bauteile, die nicht vollständig zu erhalten sind. Das ist dem Denkmalschutz bewusst“, erklärt die Stadt.

Für über 5 Millionen Euro auf dem Markt

Die Redaktion hat bei der Eigentümer-Gesellschaft City Best, die den Turm für nicht mal eine halbe Million Euro gekauft hat, zum Thema Denkmalschutz angefragt, aber noch keine Antwort erhalten. Zuletzt bot eine Berliner Immobiliengesellschaft das Gebäude für über fünf Millionen Euro zum Weiterverkauf an. City-Best-Geschäftsführer Markus Kühne erklärte zuletzt im Oktober gegenüber dieser Zeitung, dass auch ein Verkauf oder eine Vermietung der Räumlichkeiten geprüft würden. Infrage kämen, so Kühne, folgende Optionen: „Wir führen die Sanierung fort und eröffnen das Hotel wie geplant in Eigenregie. Nach der Sanierung der Technik bleibt es bei der Büronutzung, Interessentengespräche werden aktuell geführt. Wir veräußern das Projekt an einen großen Konzern“, zählt Kühne auf.

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Er wird nie wieder weichen

Besonders denkmalwürdig erscheinen der Denkmalbehörde übrigens das Erdgeschoss mit seinem für die 80er-Jahre repräsentativen Eingangsbereich und die 17. Etage, wo die Geschäftsführung saß und wo sozusagen baulich dokumentiert ist, wie Führung und Chefetage in den 1980er-Jahren interpretiert wurden. Dass der Turm quasi bis in alle Ewigkeit weiterstehen wird, ist auch klar. Denn: „Wenn ein Gebäude erst einmal unter Denkmalschutz steht, ist es sehr schwierig, den Denkmalschutz wieder zurückzunehmen“, so die Stadt Hagen.