Hohenlimburg. Das Job-Beben in der Autoindustrie trifft auch Betriebe in Hagen. Das Kaltwalzunternehmen Bilstein will zahlreiche Stellen streichen.
Die Hiobsbotschaften aus der Autoindustrie reißen nicht ab - und heimische Unternehmen bleiben nicht verschont. Bis zu 300 Beschäftigte will das Kaltwalzunternehmen Bilstein nach Informationen dieser Zeitung entlassen. Das hat die Geschäftsführung auf einer Belegschaftsversammlung verkündet.
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Stellenabbau in Autoindustrie
Von Volkswagen und Continental über Bosch bis zum Zulieferer ZF - in zahlreichen Betrieben der Automobilindustrie wird dieser Tage offen über Stellenabbau - teils von zehntausenden Jobs - gesprochen. Als einer der weltweit größten Hersteller von kaltgewalztem Bandstahl produziert auch die heimische Bilstein Group in ihren Werken hauptsächlich Vormaterial für die Autobranche - von Material für Lenksäulen und Sicherheitsgurte bis zu Getriebeteilen.
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Absatzkrise in der Branche
Die Absatzkrise in der Branche führt die Geschäftsführung auch als Grund für die personellen Einschnitte an: „Wie viele andere Unternehmen aus dem Bereich Stahl-/Metallerzeugung und -verarbeitung – von den Stahlherstellern bis zu den Automobilproduzenten in Europa – erlebt auch die Bilstein Group aktuell einen deutlichen Rückgang der Nachfrage“, heißt es in einer Mitteilung auf Anfrage dieser Zeitung.
„Da perspektivisch eine Auslastung der vorhandenen technischen Kapazitäten nicht gegeben sein wird und sich eine Belebung der Marktlage in absehbarer Zeit nicht abzeichnet, führt auch die Bilstein Group derzeit Gespräche mit der Arbeitnehmerseite über eine Reduzierung der Arbeitsplätze und Anpassung der Mitarbeiterzahlen.“
Der Fokus liege auf einer sozialverträglichen Umsetzung der Anpassungsmaßnahmen. „Neben der Ausnutzung der natürlichen Fluktuation stehen insbesondere Freiwilligenprogramme im Vordergrund.“ In Abhängigkeit von der weiteren gesamtwirtschaftlichen Entwicklung könnten allerdings auch betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen werden.
Nach Informationen dieser Zeitung soll auf der Belegschaftsversammlung auch der Weggang von zwei Geschäftsführern verkündet worden sein. Die Bilstein Group äußerte sich auf Anfrage zu dieser innerbetrieblichen Angelegenheit nicht.
Bedarf anpassen
„Weite Teile der europäischen Industrie befinden sich aktuell in einer tiefen Krise. Durch umfangreiche organisatorische Maßnahmen und den Abbau von Arbeitsplätzen passt die Bilstein Group an den deutschen Standorten ihre Kapazitäten an den absehbaren Bedarf an und stellt somit eine zukunftssichere Ausrichtung des gesamten Unternehmens auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sicher,“ so Marc T. Oehler, geschäftsführender Gesellschafter der Bilstein Group.
„Der Abbau von Arbeitsplätzen ist für uns als Unternehmen und für mich persönlich alles andere als schön. Im Hinblick auf die dramatische Entwicklung in der gesamten Wertschöpfungskette und damit auch bei vielen unserer Kunden ist eine Anpassung unserer Strukturen allerdings ohne Alternative.“
„Der Abbau von Arbeitsplätzen ist für uns als Unternehmen und für mich persönlich alles andere als schön. Im Hinblick auf die dramatische Entwicklung in der gesamten Wertschöpfungskette und damit auch bei vielen unserer Kunden ist eine Anpassung unserer Strukturen allerdings ohne Alternative.“
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Neue Geschäftsfelder
Die Krise in der Autobranche trifft die mittelständische Zuliefererindustrie in Südwestfalen besonders. Bilstein gehört dabei zu den Unternehmen, die auf die hohe Abhängigkeit von der Autobranche mit Blick auf ein mögliches „Aus“ des Verbrenner-Motors reagieren wollen und dafür längst neue Geschäftsfelder ausloten, wie mit der Produktion innovativer Stahlfasern für die Baubranche.
Entlassungswelle droht
Dass die Bilstein Group nur eines von vielen heimischen Industriebetrieben ist, das sich aktuell in schweren Fahrwassern befindet, machte jüngst der Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) deutlich. Rund 41 Prozent der Stahl- und Metallverarbeiter werde Mitarbeiter entlassen müssen, prognostizierte der Verband Anfang Oktober auf Grundlage einer Umfrage zum Geschäftsklima. „So was haben wir in den letzten 20 Jahren nicht erlebt“, ließ sich Christian Vietmeyer, Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbands Stahl- und Metallverarbeitung (WSM), zitieren.
WSM: Hausgemachte Krise
Erstmals seit Jahrzehnten lasse sich eine wirtschaftliche Flaute nicht mehr über Zeitarbeitskräfte und das Instrument der Kurzarbeit regulieren, so der WSM weiter. Die drastische Welle werde Menschen mit gut bezahlten Jobs treffen, bei den Entlassungen geht es um Industriearbeitsplätze aller Qualifikationsstufen. Die Krise sei strukturell und von der Politik hausgemacht, so der WSM. „Ein gewaltiges Gewitter überrollt den Industriestandort Deutschland und die Politik verteilt Taschenschirme.“