Hagen-Haspe. Die überfällige Sanierung der Harkort-Grundschule in Hagen-Haspe wird erneut auf die lange Bank geschoben. Das hat die Politik so nicht gewollt.
Sind nach jahrelanger Hinhaltetaktik in Hagen 4,25 Millionen Euro für die überfällige Sanierung der Hasper Friedrich-Harkort-Grundschule am Quambusch jetzt tatsächlich verschwunden? Wird womöglich am Ende der zähen Hängepartie keines der i-Männchen, die in diesem Sommer stolz ihre Schnuckertüten zum ersten Schultag durch die Pforte der Bildungsstätte getragen haben, es erleben dürfen, dass der Durchzug an den klaffenden Ritzen von Fenstern und Türen der Klassenräume endet?
Die jüngsten Nachrichten rund um das leidige Thema zeugen in den Augen der Politik nicht bloß von dreister Ignoranz der Stadtverwaltung gegenüber einem klaren Ratsbeschluss, sondern drohen sich zu einer schulpolitischen Posse auszuwachsen.
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Doch der Reihe nach: Bereits seit dem Jahr 2010 mahnen die Eltern der Mädchen und Jungen aus dem Hagener Westen an, dass der marode Zweckbau aus den 1970er-Jahren baulich eine einzige Zumutung sei. Selbst Vertreter des städtischen Fachbereichs Gebäudewirtschaft räumten zuletzt im Gespräch mit der Stadtredaktion ein: „Das Gebäude ist energetisch eine Katastrophe – wir wissen, dass wir da dran müssen.“ Doch der Startzeitpunkt ist bis heute offen – das Projekt wird seit Jahren immer wieder auf die berühmte lange Bank geschoben.
Protestunterschriften gesammelt
Dabei duldet das Thema in den Augen der Betroffenen keinen weiteren Tag Aufschub. Zuletzt sammelten erboste Eltern 434 Protest-Unterschriften, um angesichts der unzumutbaren Zustände ihrem Unmut Luft zu machen. Sie berichten von defekten Türen, Fenstern, Toiletten und Oberlichtern, aber auch fehlendem Glasfasernetz, kaputter Beleuchtung, losen Deckenplatten, verrotteten Aluminium-Außenrollos und Schwitzwasser-Pfützen auf den Fußböden.
Mal abgesehen von fehlender Gebäudedämmung ziehe es durch die Fensterritzen so heftig, dass die Heizung selbst unter Volllast im Winter kaum eine angemessene Raumtemperatur schaffe, so die Bilanz der Schulfamilie, die auch Bezirksbürgermeister Horst Wisotzki nach diversen Besuchen in dem Gebäude bestätigt.
Ursprünglich sollte eine Generalsanierung des Gebäudes im Volumen von 4,25 Millionen Euro aus Mitteln des Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes erfolgen. Doch dazu kam es nie: „Aufgrund von fehlenden personellen Kapazitäten in Verbindung mit notwendigen, zeitintensiven Ausschreibungs- und Vergabeverfahren hätte nicht gewährleistet werden können, dass die Durchführung nach den gesetzlichen Vorgaben realisiert werden kann“, erklärt Stadt-Sprecher Michael Kaub, warum damit im vergangenen Jahr das Geld weggebrochen sei.
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Andere Prioritäten der Politik
In den Augen der Hasper Politik ein peinlicher Offenbarungseid: Einstimmig wurde daher bereits im Frühjahr gefordert, im Rathaus neue Prioritäten zu setzen. Und siehe da: Mit klarer Mehrheit brachte der Rat im April den Doppelhaushalt 2024/25 auf den Weg, in dem unmissverständlich festgelegt wurde, dass die 4,25 Millionen Euro für die sofortige Sanierung der Grundschule am Quambusch im Rahmen des Etats zur Verfügung zu stellen seien.
Geschehen ist seitdem freilich rein gar nichts. Als dieser Tage Bezirksbürgermeister Wisotzki bei einer Ortsbegehung mit der Schulverwaltung und dem neuen Leiter des Fachbereichs Gebäudewirtschaft, Dirk Schöneborn, sich nach dem Fortgang des Projektes erkundigen wollte, um den ungeduldigen Eltern Rede und Antwort stehen zu können, stellte sich heraus, dass die Sanierung des Baus im Arbeitsplan gar nicht auftauche. Es gebe dafür auch keinerlei Personalressourcen, und die Gelder suche man im Haushaltsplan vergeblich.
„Ich weiß auch nicht, wer die Kohle in seiner grenzenlosen Güte weggenommen hat“, spekulierte Wisotzki mit einem Schuss Galgenhumor in der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung, dass das Geld zumindest woanders sei. Aber selbst das ist zurzeit ungewiss, weil es in der Kämmerei angeblich einen technischen Fehler gegeben habe.
Sicher ist nur: Der Realisierungsstand der Schulsanierung liegt bei 0 Prozent. Kaub verweist auf andere Priorisierungen der Verwaltung: „Der Ausbau von Schulraum sowie die Erweiterung und Schaffung von OGS-Betreuungsmöglichkeiten stehen derzeit primär im Fokus.“ Darüber hinaus gebe es für jedes weitere Anliegen Einzelfallentscheidungen. Eine klare Beschlusslage des Rates spielt dabei offenkundig keine Rolle.
Bezirksvertretung Haspe wettert
„Mir ist keine Verordnung bekannt, die besagt, dass in der Verwaltung jeder machen kann, was er will“, erinnerte SPD-Vertreter Dietmar Thieser voller Sarkasmus an das bestehende Ratsvotum. „Das ist alles schon sehr merkwürdig“, glaubte er zudem nicht an Zufälle, zumal die Verwaltung stets eine andere Priorisierung bei den Schulsanierungen als die Politik gehabt habe. Hagen-Aktiv-Sprecher Michael Gronwald kritisierte zudem, dass es nicht einmal eine Information der Politik gegeben habe.
Fachbereichsleiter Schöneborn stellte in Aussicht, dass die Vorbereitungen für die Schulsanierung eventuell 2025 noch angegangen werden könnten. Dafür müsse jedoch erst die Schulverwaltung ihre Entwicklungsplanung neu priorisieren und sein Haus die notwendigen Mittel und Aufträge zugeteilt bekommen. Erst dann könne ein Planer gesucht werden, der das Millionen-Projekt konzipiere und für eine europaweite Ausschreibung vorbereite.
Unter dem Strich, so räumte der neue Ressortchef ein, sei angesichts der zeitlichen Vorläufe kaum davon auszugehen, dass die i-Männchen von heute es noch erleben würden, dass sie in einer durchsanierten Harkort-Schule unterrichtet würden.