Hagen. Ein neuer Finanzdezernent für Hagen wurde bereits gefunden. Aber wer vertritt künftig den Oberbürgermeister? Es gibt Favoriten.
Wenn es an der Spitze der Hagener Stadtverwaltung um die Nachfolge von Christoph Gerbersmann geht, gilt es ja nicht bloß, einen neuen Kämmerer zu installieren – dieser wurde mit dem künftigen Finanzdezernenten Bernd Maßmann (55) ja inzwischen gefunden. Parallel muss der Posten des Ersten Beigeordneten besetzt werden, der im Bedarfsfall Oberbürgermeister Erik O. Schulz als Chef der Verwaltung vertritt. Bei politischen Repräsentationsaufgaben übernimmt seit Jahrzehnten der Erste Bürgermeister Hans-Dieter Fischer (CDU) diese Rolle.
Doch der Job der Vizechefin oder des Vizechefs im Rathaus ist ab dem 1. Oktober vakant. Allerdings zeichnet sich in der Politik eine klare Tendenz ab: Während Baudezernent Henning Keune aufgrund seines Lebensalters (61) und seiner bislang fünf Dienstjahre als Hagener Wahlbeamter sich in der Pole-Position sieht, gibt es bei der Mehrheit des Rates, so ergab eine Rundfrage der Stadtredaktion, bislang eine klare Tendenz, mit Schul-, Jugend-, Sozial- und Kulturdezernentin Martina Soddemann erstmals eine Frau zur OB-Stellvertreterin zu küren.
Damit könnte sich eine Konstellation wiederholen, die es in Hagen schon einmal gab: Als es 2014 um die Nachfolge des damaligen Ersten Beigeordneten Christian Schmidt (Grüne) ging, glaubte der seinerzeit amtierende SPD-Baudezernent Thomas Grothe aufgrund seines Lebensalters und seiner Beigeordneten-Erfahrung ebenfalls, der natürliche Kandidat für diesen Karriere-Schritt als Stellvertreter von Ex-OB Jörg Dehm zu sein. Doch er wurde seinerzeit vom deutlich jüngeren Gerbersmann (CDU) rechts überholt – sehr zum Leidwesen der Genossen, die hier gerne ihre Bedeutung als zweitgrößte Ratsfraktion abgebildet gesehen hätten.
„In vielen Städten ist es guter Brauch, den Posten durch den dienstältesten Beigeordneten zu besetzen. Ich stünde jedenfalls für die Position des Ersten Beigeordneten zur Verfügung.“
Und heute: Keune zeigt sich keineswegs abgeneigt, gibt sich auf Anfrage der Stadtredaktion jedoch zurückhaltend: „In vielen Städten ist es guter Brauch, den Posten durch den dienstältesten Beigeordneten zu besetzen. Ich stünde jedenfalls für die Position des Ersten Beigeordneten zur Verfügung.“
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SPD-Rückenwind für Keune
Die Rückendeckung von SPD-Fraktionschef Claus Rudel ist ihm dabei sicher: „Natürlich haben wir die größte Nähe zu Henning Keune.“ Der gebürtige Bochumer, der über Villingen-Schwenningen im Mai 2019 den Weg nach Hagen gefunden hatte, wird allerdings mehr brauchen als die 13 Ratsstimmen aus den Reihen der Sozialdemokraten.
Zudem regt Rudel an, das zum Jahresende anstehende Stühlerücken im Verwaltungsvorstand dafür zu nutzen, die Verteilung der Ressortzuständigkeiten zu überdenken. So könnte er sich beispielsweise vorstellen, dass der künftige Kämmerer Maßmann – er soll in der November-Sitzung des Rates offiziell gewählt werden – sich obendrein des Kulturbereichs annehmen könnte. Damit würde die aus Herford nach Hagen gewechselte Martina Soddemann bei den herausfordernden Aufgaben rund um Schule sowie Flüchtlinge und Soziales ein wenig entlastet.
Zumal CDU-Fraktionschef Jörg Klepper, der das Thema bislang noch nicht abschließend mit seiner Fraktion erörtert hat, eine klare Präferenz für die parteilose Dezernentin als Erste Beigeordnete signalisiert: „Sie hat in der kurzen Zeit, die sie hier ist, die größten Erfolge nachzuweisen. Vor allem die Schulthemen gehen endlich voran“, setzt er auf das Leistungsprinzip, „sie macht ihre Arbeit wirklich gut.“
Ähnlich die Einschätzung von Grünen-Fraktionssprecher Jörg Fritzsche, der inhaltlich mit Baudezernent Keune immer wieder fremdelt: „Mich beeindruckt, was Frau Soddemann in den vergangenen zwei Jahren geschaffen hat. Zudem empfinden wir Grünen es keineswegs als Nachteil, wenn mal eine Frau diese Rolle übernimmt.“
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FDP-Allianz-Partner Claus Thielmann gibt sich da noch etwas zurückhaltender: „Eigentlich gilt ja die alte Regel, dass der Altgedienteste es wird, aber Herr Keune ist bei uns nicht sonderlich beliebt, und wir würden letztlich den Kurs der Allianz mittragen.“
Anerkennung für Soddemann
Hagen-Aktiv-Fraktionssprecher Michael Gronwald möchte seine Keune-Skepsis ebenfalls nicht verheimlichen: „Für mich, aber auch für die übrige Fraktion ist der Jurist André Erpenbach immer ein guter Ansprechpartner. Er ist umgänglich, ehrlich und verfügt über beste Qualifikationen – ihn würden wir als Ersten Beigeordneten favorisieren“, bilanziert er nach den Beratungen in Reihen der Freien Wählergemeinschaft.
Ähnlich sieht es AfD-Fraktionschef Michael Eiche: „Der neue Kämmerer ist wohl noch zu frisch und muss sich erst voll auf seine neue Aufgabe einlassen. Ich denke, Herr Dr. Erpenbach könnte das machen, wenn er bereitsteht.“
„Sollte man diese sicher sehr besondere Herausforderung an mich herantragen, dann würde ich es mir zutrauen, auch an dieser Stelle dem Vertrauen gerecht zu werden.“
Hingegen setzt die Ratsgruppe des Hagener Aktivistenkreises ebenfalls auf Martina Soddemann: „Sie macht sich sehr gut, ist mit allen im Gespräch, und es ist uns ein Anliegen, den Frauenanteil an der Stadtspitze deutlich zu erhöhen“, so Sprecher Ömer Oral. Ähnlich die Tonalität bei BfHo/Die Partei-Sprecher Frank Schmidt: „Sie ist ungemein tüchtig, organisationsstark und im Umgang sehr verbindlich“, lautet seine Favorisierung.
Martina Soddemann gibt sich angesichts der möglichen Mehrheiten für ihre Wahl zur OB-Stellvertreterin diplomatisch-zurückhaltend, aber durchaus ambitioniert: „Ich bin erst seit gut zwei Jahren als Beigeordnete in Hagen tätig. Vor diesem Hintergrund ehrt es mich umso mehr, dass mir und meiner Arbeit seitens der breiten Mehrheit der Politik viel Vertrauen entgegengebracht wird. Die Entscheidung darüber, wer künftig als Erster Beigeordneter oder Erste Beigeordnete agieren wird, liegt völlig unbestritten einzig bei der Politik. Und vor eben dieser Entscheidung habe ich allen Respekt. Ich sage aber auch: Sollte man diese sicher sehr besondere Herausforderung an mich herantragen, dann würde ich es mir zutrauen, auch an dieser Stelle dem Vertrauen gerecht zu werden.“