Hagen. Windige Personen aller Nationalitäten fälschen in Hagen ein Formular, um an Leistungen zu gelangen. Wie die Stadt Hagen darauf reagiert.
Elke Wicker aus Boele ist als Teil einer Erbengemeinschaft Vermieterin einiger Wohnungen und als solche erfahren im Umgang mit Formularen, Merkblättern und der Auswahl geeigneter Mieter. Was sie aber seit einiger Zeit erlebt, lässt sie stutzen. Denn es gibt zum einen eine wahre Jagd nach „Wohnungsgeberbestätigungen“ per E-Mail, bei der angebliche Interessenten nur den Namen und die Adresse der Vermieter herausfinden wollen und zum anderen - so sagt Elke Wicker - seien zahlreiche Fälschungen in Hagen im Umlauf. Sie stelle oft genug fest, dass sie angeblich Vermieterin von irgendjemandem sei, obwohl sie dafür nie unterschrieben habe: „Für mich ist das ein riesiges Schlupfloch, um Sozialleistungen illegal abzugreifen“, sagt Elke Wicker.
„Für mich ist das ein riesiges Schlupfloch, um Sozialleistungen illegal abzugreifen“
Bis 2015 waren den Tricksereien noch viel größere Tore geöffnet als heute. Mit einem Scheinwohnsitz war es bis dato zwar immer noch schwierig, aber nicht unmöglich, Sozialleistungen abzugreifen. Zumindest konnte man sich aber einen anderen Schulbezirk für seine Kinder sichern. Es war auch möglich, Anwohnerparkausweise zu erhalten, obwohl man faktisch gar nicht an besagter Adresse lebte. Oder man holte mehr „Hartz IV“ raus, weil man nicht mit angab, mit einem Partner zusammenzuleben. Was für Kriminelle sehr leicht war und immer noch ist, ist der Kreditkartenbetrug mit falscher Wohnadresse. Schließlich können Verwarngelder, Bußgelder rund Rechnungen ja in der Realität nicht zugestellt werden, weil man ja in Wirklichkeit gar nicht dort lebt. Auch Steuerflüchtige haben es damit leichter.
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Die Tricks der Betrüger
Für diese Tricks brauchte man - auch in Hagen - keine „Wohnungsgeberbestätigung“, die synonym zu dem Wort „Mietbescheinigung“ verwendet wird. Bis 2015, denn da wurde im Meldegesetz nachgebessert. Der Wohnungsgeber - meistens der Vermieter - muss den Einzug schriftlich oder elektronisch der Behörde mitteilen. Darin stehen: Name und Anschrift, Einzugsdatum, Anschrift der Wohnung und alle darin meldepflichtigen Personen.
„Bei Mietbescheinigungen bei Anträgen in den Bereichen Wohngeld, Grundsicherung und Jobcenter werden immer Daten aus dem Meldeprogramm verglichen. Sollte eine An- bzw. Ummeldung noch nicht erfolgt sein, wird eine Meldebestätigung angefordert.“
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„Auch da wird natürlich getrickst“, sagt Elke Wicker. „Denn zum Beispiel durch die Zuwanderung leben ja in vielen Wohnungen oft viel zu viele Personen, die aber gar nicht alle gemeldet sind. Oder nur ein Teil.“ Auch das mache es attraktiv, Wohnungsgeberbestätigungen zu fälschen. „Das ist ganz leicht“, sagt Elke Wicker. „Du lädst dir das Formular von der Seite der Stadt Hagen herunter, packst einen falschen Namen und eine falsche Unterschrift darunter und verschickst das. Ich werde auch oft angerufen, ob ich eine Bestätigung ausstellen kann, obwohl ich denjenigen, der das will, noch nie gesehen habe.“ Wie groß das Problem stadtweit sein könnte, zeigt ein Blick auf diese Zahlen: Aus dem Zensus 2022 - zum Stichtag 15. Mai 2022 - ergibt sich, dass es in Hagen 101.079 Wohnungen in Gebäuden mit Wohnraum gibt. Davon werden 68.228 Wohnungen vermietet.
Stadt kontrolliert engmaschig
„Bei Mietbescheinigungen bei Anträgen in den Bereichen Wohngeld, Grundsicherung und Jobcenter werden immer Daten aus dem Meldeprogramm verglichen. Sollte eine An- bzw. Ummeldung noch nicht erfolgt sein, wird eine Meldebestätigung angefordert. Oftmals übersenden die Antragsteller neben der Mietbescheinigung auch den Mietvertrag“, erklärt Stadt-Pressesprecher Michael Kaub das Prozedere in der Verwaltung. Wenn ein Zweifel bestehe, ob eine Mietbescheinigung vom Vermieter wirklich ausgefüllt wurde, werde auf jeden Fall der Mietvertrag angefordert.
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Problem bei Untermietverhältnissen
„Außerdem wird in der Regel auch eine aktuelle Mietquittung gefordert. Da in der Mietbescheinigung unter anderem die Anzahl der Haushaltsangehörigen anzugeben ist, trägt dies dazu bei, festzustellen, ob die Angaben im Antrag vollständig sind. Bisher sind uns keine Fälle bekannt, bei denen sich ein fingiertes Mietverhältnis herausgestellt hat. Das Problem tritt gelegentlich bei angeblichen Untermietverhältnissen auf. Bei Untermietern wird daher zusätzlich zur Mietbescheinigung auch eine Genehmigung des Vermieters zur Untervermietung angefordert.“
Da macht Vermieterin Elke Wicker ganz andere Erfahrungen, was den Betrug mit ihren Daten angeht. Da tauchen Mietbescheinigungen auf, die Sie niemals unterzeichnet hat. Da wird versucht, Namen und Anschriften herauszubekommen. Die Anfragen erhielt Wicker auf freie Wohnungen. „Ich habe in einem Fall nun auch Strafanzeige wegen Betrugs gestellt“, sagt sie. Die Mietbescheinigungen sind leicht auf den Webseiten der jeweiligen Städte herunterzuladen. Was Betrüger benötigen, sind Name und Anschrift eines Vermieters und eine gefälschte Unterschrift.
Aber: Aus Sicht der Stadt stellen Fälle, bei denen bei der Antragstellung Einkommen nicht vollständig bzw. ein Transferleistungsbezug nicht angegeben wird, eher als ein Problem dar. „Diese werden dann allerdings in der Regel über die vierteljährlichen Datenabgleiche herausgefunden“, so Kaub.