Hagen. . Einstimmig wählt der Hagener Rat Henning Keune zum neuen Hagener Baudezernenten. Die WP präsentiert das erste Interview mit dem Beigeordneten.
Henning Keune wird im Mai als Technischer Beigeordneter die Leitung des Baudezernates in der Hagener Stadtverwaltung übernehmen. Der 55-jährige Familienvater, der zuletzt im Schwarzwald in Villingen-Schwenningen in der Planungsverwaltung tätig war, wurde am Donnerstag vom Rat einstimmig gewählt. Er hatte sich zuvor in einen bundesweit angelegten Bewerbungsverfahren, in das ein Bonner Personalberatungsbüro eingebunden war, gegen seine Mitbewerber durchgesetzt. Anlässlich seiner Wahl stellte sich Henning Keune den Fragen der Stadtredaktion:
Ausgerechnet Hagen – was hat Sie an der Aufgabe des Technischen Beigeordneten besonders gereizt?
Henning Keune: Es war die richtige Stellenausschreibung zur richtigen Zeit, natürlich ein Stück weit Zufall. Aber ich glaube, dass ich aufgrund meiner Herkunft und meiner beruflichen Erfahrungen Hagen als Stadt verstehen kann. Und damit auch die Herausforderungen, die Hagen bereithält. Es gilt weiterhin den Strukturwandel zu bewältigen, die Voraussetzungen für neue Arbeitsplätze und lebenswerte Wohnquartiere zu schaffen, den Stadtverkehr verträglich zu organisieren. Hier kann ich etwas bewegen und mitgestalten.
Sie stammen ursprünglich aus Bochum. Inwieweit ist Ihnen aus Ihrer Vergangenheit Hagen schon vertraut, was verbinden Sie mit der Stadt?
Mein Elternhaus steht keine 20 Kilometer von Hagen entfernt. Hagen war für mich immer eine Stadt in der Nachbarschaft, mit der mich viele kleine Dinge verbinden: Der Großonkel auf der Hasper Hütte, die Kontakte mit dem Sportverein oder das Ausflugsziel, zum Beispiel die Ruhrseen oder das Freilichtmuseum.
Mobilität organisieren
Sie werden sich im Vorfeld Ihrer Bewerbung intensiv mit der Stadt beschäftigt haben. Was ist Ihnen bei der Außendraufsicht als erstes ins Auge gefallen?
Gerade in den Tallagen gibt es einigen Neuordnungsbedarf: die Entflechtung von Wohnen und Gewerbe, aber auch die gestalterische Aufwertung, das Schaffen von neuen Nutzungsmöglichkeiten in alten Gewerbearealen. Dazu gehört auch, wie wir in Hagen zukünftig Mobilität organisieren. Ob wir es schaffen, möglichst zügig die hohe Verkehrsbelastung zurückzufahren und mehr echte Alternativen zum eigenen Pkw anzubieten.
Worin sehen Sie die Stärken der Stadt?
Wenn man die Zukunft gestalten will, muss man wissen, wo man herkommt. Ich glaube, das trifft auf Hagen zu! Die Stadt hat eine industrielle Entwicklung durchlebt und tut es noch. Diese Stärke ist auch heute noch offenkundig. Hagen hat eine gute Verkehrsanbindung, hohe Urbanität in Verbindung mit einem grünen Umfeld. Aber auch das Bewusstsein um die Herausforderungen, die man beispielsweise mit dem integrierten Stadtentwicklungskonzept angehen will, sehe ich als Stärke.
Umbau des Wohnungsmarktes
Und welcher Schwächen möchten Sie sich mit Priorität annehmen?
Ein Hauptaugenmerk möchte ich auf einen Umbau des Wohnungsmarktes legen. Hagen hat zwar ausreichend Wohnungen, aber nicht immer in den richtigen Marktsegmenten. Mit diesem Umbau muss gleichzeitig mehr Gewicht auf die Aufenthaltsqualität im direkten Wohnumfeld gelegt werden, vor allem in den verdichteten Lagen. So schaffen wir auch auf diesem Feld Anreize für Investitionen und generieren damit letzten Endes auch mehr Arbeitsplätze.
Hagen als waldreichste NRW-Großstadt kokettiert gerne mit der Tatsache, über vier Flüsse, zwei Seen und eine Talsperre zu verfügen. Haben Sie das Gefühl, dass diese Qualitäten auch in der übrigen Republik wahrgenommen werden?
Ich glaube, das „grüne Hagen“ ist ein großes Kapital, das man noch stärker in den Fokus des Stadtmarketings stellen muss. Sicher wird die Schärfung dieses Profils auch in meiner künftigen Tätigkeit eine wichtige Rolle spielen. Dabei kommt es mir nur sekundär auf den Ausbau eines touristischen Schwerpunktes, sondern vielmehr auf die Stärkung eines immer wichtiger werdenden „weichen“ Standortfaktors für den Wirtschaftsstandort Hagen an.
Offener Führungsstil
Sie übernehmen einen Verantwortungsbereich, der einschließlich des Wirtschaftsbetriebes über gut 700 Mitarbeiter verfügt. Macht Ihnen das auch Angst?
Nein, Angst nicht. Allerdings habe ich Respekt vor der Aufgabe und der Verantwortung für die Menschen und deren Familien, die ich mindestens indirekt mittrage.
Wie würden Sie sich als Chef beschreiben?
Ich würde mich freuen, wenn meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mich nicht nur als Chef, sondern gleichzeitig als Kollegen sehen könnten. Jedenfalls stehe ich immer für offene Gespräche bereit.
Ihr beruflicher Werdegang führte Sie über Chemnitz und Weinheim bis in den Schwarzwald, also an einen Ort, an dem andere Menschen gerne Urlaub machen. Jetzt wieder das Ruhrgebiet – lässt Sie das Revier nicht los?
Ja, denn das Revier ist meine Heimat. Allerdings steht Hagen in der guten Tradition meiner bisherigen Wirkungsstätten. Denn jede dieser Städte hat mindestens zwei Gemeinsamkeiten mit Hagen: Erstens einen überdurchschnittlichen Anteil an Industriearbeitsplätzen und zweitens den direkten Zugang zu einem Mittelgebirge, nämlich dem Erzgebirge, dem Odenwald und dem Schwarzwald.
Als Bochumer schlägt Ihr Fußballherz für den BVB – wie geht das denn?
Im weiteren Sinne empfinde ich nicht nur Bochum als meine Heimat, sondern das Ruhrgebiet als Ganzes. Da kann man sich genauso für den VfL, den BVB und alle anderen Vereine im Revier freuen, die guten Fußball spielen.
BVB-Fan mit Herz für den Basketball
Hagen gilt eher als Basketball-Stadt. Haben Sie auch einen Draht zu dieser Sportart?
In Villingen-Schwenningen sind die „Schwenningen Panthers“ in die Pro B aufgestiegen und spielen dort gleich oben um den Aufstieg in die Pro A mit. Ich habe Basketball als Sportart mit einer unheimlichen Dynamik und Spannung kennengelernt und freue mich auf die eine oder andere Gelegenheit, auch in Hagen Zuschauer in der „Ische“ zu sein.
Wo werden Sie künftig Ihren Lebensmittelpunkt suchen? Und: Was sagt Ihre Familie dazu?
Natürlich in Hagen. Genaueres kann ich allerdings noch nicht sagen. Ich werde mit meiner Familie nun gemeinsam auf die Suche nach einer gemütlichen Bleibe gehen.
Welche Bilanz sollen die Hagener nach Ihrer Ära als Baudezernent ziehen?
Eine Bilanz kann man eigentlich erst am Ende ziehen, und ich habe mit meiner Arbeit ja noch nicht einmal angefangen. Aber dennoch würde ich mich freuen, wenn ich als jemand in Erinnerung bleiben würde, der den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern gesucht hat und dessen Vorschläge und Entscheidungen stets transparent, ausgewogen und nachvollziehbar waren, auch wenn ich es sicher nicht jedem recht machen werde.