Hohenlimburg. Besuch in einem Handwerksbetrieb in Hohenlimburg. Franziska und Greta gehen einen besonderen Weg - und eben nicht in die Uni.
Es duftet nach Holz. Nach solchem Holz, an dem gerade frisch gearbeitet wird. Der Blick von Franziska Berninghaus fährt konzentriert über die Maserungen eines Holzblocks. Sorgfältig prüft sie den Verlauf, fährt dann wieder mit Bedacht mit einer Schleifmaschine darüber. Das Stück, an dem sie arbeitet, ist eine Besonderheit - genau wie sie. Denn die 20-Jährige gehört zu den immer noch wenigen Frauen in NRW, die ins Handwerk gegangen sind. Dabei hatte sie schon den universitären Weg eingeschlagen. Ein Besuch in der Tischlerei Wehberg in Hohenlimburg, wo der Meister gleich zwei weibliche Auszubildende eingestellt hat. „Aus gutem Grund“, wie er sagt.
Weniger Studenten
Die Zahl der Studierenden in NRW ist weiter rückläufig. Die Zahlen sind so niedrig wie seit zehn Jahren nicht mehr. Der Akademisierungs-Boom, in dessen Zuge sich alle fragten, wer in 20 Jahren eigentlich noch Dächer deckt, Mauern mauert, Leitungen legt und die Elektrik macht, ist vorerst gestoppt. Zwar steigt die Zahl der weiblichen Handwerker nicht im gleichen Maße wie die Studierendenzahl fällt. Doch immer mehr junge Frauen entdecken das Handwerk wieder für sich. Und vor allem das traditionsreiche Handwerk des Tischlers.
In Hagen sind Franziska Berninghaus und ihre Kollegin Greta Strohdiek keine Exoten. In den knapp 25 Tischlereien arbeiten mehrere Frauen. Meister Detlev Wehberg erklärt sich die hohe Affinität der jungen Damen zum Tischler-Handwerk so: „Es ist eine sehr kreative Tätigkeit, bei der man sehr viel eigene Ideen einbringen kann. Das ist etwas, was Damen meiner Meinung nach sehr liegt. Zumindest beobachte ich das hier bei der Arbeit.“
Franziska Berninghaus half vor zwei Jahren beim Umbau eines VW-Bullis. „Da bin ich mit dem Möbelbau und Holzarbeiten in Kontakt gekommen und habe gemerkt, dass mir das liegt und Spaß macht.“ Es bremste sie dennoch nicht bei der Idee, ein Studium zu beginnen. „Zwei Semester Soziale Arbeit, dann habe ich damit aufgehört. Man muss im Studium sehr eigeninitiativ sein“, beschreibt sie, dass man an großen Unis in der Masse von Studenten auch verloren gehen kann. In der Tischlerei beispielsweise gibt es für sie konkrete Ansprechpartner, Feedbacks „und vor allem sehe ich am Ende jeden Tages ein Ergebnis. Ich weiß dann einfach, was ich geschafft habe.“
Der Markt ist gewaltig
Am Tag unseres Besuches arbeiten sie und Greta Strohdiek (ebenfalls 20) an solchen Elementen, die für eine Balkonsanierung gedacht sind. „Das ist individuelle Maßarbeit“, beschreibt Detlev Wehberg, dass man sehr konkret für einen Kunden arbeite, den und seine Bedürfnisse auch kenne und das Ergebnis so nur in dieser Form beim Kunden verbaut werde. Der Schwerpunkt der Tischlerei an der Elseyer Straße liegt im Möbelbau. Die Auftragslage sei gut, beschreibt der Chef. Und das, obwohl Möbel in zig Preisklassen, auf zig Plattformen und in zig Geschäften angeboten würden. Der Markt ist gewaltig. „Aber der Tischler kommt eben ins Spiel, wenn der Standard nicht reicht, wenn es individuell sein muss“, sagt Detlev Wehberg.
Greta Strohdiek hatte nach dem Abitur (beide Azubis haben Abitur) ein Freiwilliges Soziales Jahr gemacht. „Und da habe ich eben schnell gemerkt, dass das Soziale nichts für mich ist. Ich habe hier in der Tischlerei sofort das Gefühl gehabt, dass das was für mich ist. Und ich bin seit Ausbildungsstart direkt im Prozess dabei.“ In ihrer Berufsschulklasse sind fünf von 21 Schülern weiblich. Beide begannen im August mit der Ausbildung.
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„Frauen sorgen noch dazu für ein sanfteres Betriebsklima“, sagt Chef Detlev Wehberg. Bislang bestand der kleine Betrieb aus ihm und seinem Sohn Konstantin (23). Nun sind sie also zu viert. „Wir verhalten uns hier trotzdem ganz handfest“, sagt Wehberg. „Respektvoll, aber handfest“. Die Betriebsgröße für einen eigens auch für Frauen hergerichteten Betrieb (zum Beispiel eigene Toilette) hat die Tischlerei nicht. „Wir kommen auch so ganz gut klar“, bestätigen sich alle. Franziska Berninghaus kommt jeden Morgen aus Ennepetal angefahren, Greta Strohdiek aus Breckerfeld. Der Aufwand lohnt sich für sie, sagen sie.
Viele Möglichkeiten
„Viele, die in der Vergangenheit bei uns ausgebildet worden sind, sind nicht unbedingt in klassischen Tischlerei-Betrieben geblieben“, sagt Detlev Wehberg. Manche würden heute für große Wohnungsgesellschaften arbeiten. Einer sei als Lehrer mit handwerklichem Schwerpunkt auch an eine Förderschule gegangen. Es böten sich viele Perspektiven. Insgesamt 21 Tischler-Betriebe sind in Hagen in der Innung organisiert. Daneben bestehen auch einige Betriebe, die ihr nicht angehören.