Hagen. Durch einen fatalen Verfahrensfehler der Hagener Feuerwehr-Verwaltung kommt auf die Hagener Steuerzahler eine fette Extra-Rechnung zu.
Diese peinliche und zugleich fatale Panne im Rathaus kommt die Hagener Steuerzahler richtig teuer zu stehen: Offenkundig aufgrund eines groben Verfahrensfehlers beim Amt für Brand- und Katastrophenschutz muss die Kämmerei aus der ohnehin leeren Kasse jetzt einen Gebührenposten von knapp einer Million Euro übernehmen, der ansonsten von den Krankenkassen getragen worden wäre. Bei dem exakten Betrag von 950.770,01 Euro handelt es sich um Kosten für den Ausbildungsjahrgang 2022 der Notfallsanitäter im Zeitraum von Februar 2022 bis September 2023.
Damit steht die Hagener Feuerwehr, die zuletzt eine angeblich unbequeme Leitende Notärztin bei vollen Bezügen für gut 300.000 Euro in den vorzeitigen Ruhestand schickte und somit aufgrund eines Untreue-Verdachts die Aufmerksamkeit der Staatsanwaltschaft auf sich lenkte, erneut mit einem skandalösen Vorgang in den Schlagzeilen. Dabei liegen die exakten Verantwortlichkeiten für diesen neuen, kostspieligen Fauxpas, der am Ende von den Bürgern bezahlt werden muss, noch im Dunkeln.
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Abstimmung des Rates fehlt
Hintergrund dieser Million-Panne ist die Kalkulation der Rettungsdienstgebühren, über die mit den Kostenträgern, also den Krankenkassen, als Teil der Gesamtkalkulation unter anderem auch die Ausbildungslehrgänge für die Notfallsanitäter abgerechnet werden. Diese setzen sich wiederum aus den Lehrgangskosten an der eigenen Rettungsdienstschule, den Kosten für das Krankenhauspraktikum sowie Sachkosten (Kleidung etc.) zusammen. Nachdem in den Jahren 2018 bis 2020 vorzugsweise aufgrund fehlenden Schulungspersonals und der Corona-Situation lediglich 9 statt der geplanten 24 Teilnehmer in die Ausbildungsjahrgänge starteten, begannen in den Nachfolgejahren insgesamt 43 Notfallsanitäter ihre Lehrgänge, ohne dass für die Fortschreibung des Ausbildungskonzeptes die dafür notwenige Entscheidung des Rates vorlag. Denn die Feuerwehr-Verwaltung hatte es komplett versäumt, der Politik die erforderliche Vorlage zur Absegnung vorzulegen.
Eine Panne, die von den Kostenträgern gegenüber der Stadt bei den Verhandlungen über die Gesamtgebührenkalkulation bemerkt und auch angemahnt wurde. Dennoch wurde die komplette Gebührensatzung vom Rat beschlossen und die jüngsten Gebührenbescheide auf dieser wackeligen Grundlage entsprechend versandt. So wurden allein im Zeitraum von Oktober 2023 bis Juni 2024 für 24.106 Rettungstransporte Gebührenbescheide mit einer Gesamthöhe von 15,8 Millionen Euro erlassen. Hier sind die Kostenträger – trotz des Formfehlers – zwar durchaus bereit, die geforderten Beträge zu zahlen. Allerdings nur dann, wenn die Lehrgangskosten 2022/23 von knapp einer Million Euro nicht berücksichtigt werden.
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Hohes Prozesskostenrisiko
Dazu erläutert die Hagener Verwaltung: Andernfalls, so hätten die lediglich unter Vorbehalt zahlenden Krankenkassen bereits signalisiert, stünde die Anstrengung eines Normenkontrollverfahrens im Raum, das sich dann gegen die gesamte Satzung 2023 richte. „Das Prozessrisiko kann der Höhe nach nicht genau beziffert werden“, so die Einschätzung der kommunalen Juristen. „Anhand des hohen Gebührenvolumens (15,8 Millionen) ist aber erkennbar, dass das Prozessrisiko wahrscheinlich erheblich höher ist als die Kosten für den Lehrgang 2022 für 20 Monate“, meint die Verwaltung in einer fünfseitigen Beschlussvorlage. Diese ist in den Augen der Politik allerdings so verklausuliert formuliert, dass sie mehr Nebelkerzen wirft als für nachvollziehbare Aufklärung zu sorgen. Immerhin räumt dort das Amt für Brand- und Katastrophenschutz ein: „Der Rettungsdienstbedarfsplan inklusive des Ausbildungskonzeptes ist vom Rat zu beschließen. Ausschließlich diese formelle Anpassung des Ausbildungskonzeptes ist dem Rat nicht vor dem tatsächlichen Start der Lehrgänge 2021 und 2022 vorgelegt worden.“
Unter dem Strich bleibt: Da der Rat zuletzt zähneknirschend zugestimmt hat, die Lehrgangskosten von knapp einer Million Euro jetzt über den kommunalen Etat zu tragen, sind die Kostenträger im Gegenzug bereit, die weitere Gebührenkalkulation 2023 zu akzeptieren. Durch diesen Deal bleibt der Stadt Hagen eine unendliche juristische Auseinandersetzung über ein Normenkontrollverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht erspart.
Keine Dezernenten-Einordnung
Der promovierte Feuerwehr- und Rechtsdezernent André Erpenbach, der die dazugehörige Beschlussvorlage zusammen mit Oberbürgermeister Erik O. Schulz und Kämmerer Christoph Gerbersmann abzeichnete und im Rat der Stadt der verwunderten Politik in der Sache als Volljurist Rede und Antwort stand, war in dieser Woche leider nicht bereit, die Fragen der Stadtredaktion zu beantworten. Dazu müsse erst der in den Flitterwochen weilende Feuerwehrchef Veit Lenke aus dem Urlaub zurückkehren, ließ er nach dreitägiger Bedenkzeit über die Pressestelle des Rathauses ausrichten. Die Redaktion wird dieses Gesprächsangebot gerne annehmen und diese Einordnung nachliefern, sobald der Ressortleiter Sprechfähigkeit signalisiert. Allerdings hatte Erpenbach vor dem Rat auf Rückfrage von SPD-Fraktionschef Claus Rudel bereits öffentlich eingeräumt, dass der Fehler für die Million-Panne bei der Feuerwehrverwaltung zu suchen sei.