Hagen. Ab dem Jahr 2025 müssen alle Hausbesitzer und Mieter mit steigenden Belastungen rechnen. Jetzt sind die konkreten Daten da.
Die NRW-Finanzverwaltung hat am Donnerstag für jede Kommune in Nordrhein-Westfalen fiktive Hebesätze zur Verfügung gestellt, mit denen die 2025 greifende Grundsteuerreform aufkommensneutral umgesetzt würde. Im Klartext: Die Kommune würde mit diesen Hebesätzen insgesamt die gleichen Einnahmen aus der Grundsteuer erzielen wie bisher. Vier Werte sind dort pro Kommune relevant: Der aufkommensneutrale Hebesatz der Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke (Hagen: 417 Prozentpunkte), der aufkommensneutrale Hebesatz der Grundsteuer B (Hagen: 1306 Prozentpunkte) sowie die differenzierten zur Aufkommensneutralität führenden Hebesätze für Wohn- (Hagen: 1011 Prozentpunkte) und Nichtwohngrundstücke (Hagen: 2158 Prozentpunkte) für den Fall, dass die Kommune von dieser in Nordrhein-Westfalen auf den Weg gebrachten Option Gebrauch machen möchte. Doch hier hat Hagens Kämmerer Christoph Gerbersmann bereits der Politik signalisiert, dass er nicht gedenke, sich auf dieses in seinen Augen juristisch verminte Gelände begeben zu wollen.
„Unsere Beschäftigten arbeiten seit zwei Jahren mit voller Kraft dafür, der Kommune die notwendigen Daten zur Umsetzung der Grundsteuerreform zur Verfügung zu stellen.“
Denn die Reform der Grundsteuern birgt durchaus Sprengstoff in sich: Zum einen müssen sämtliche Hauseigentümer und Mieter sich darauf einstellen, deutlicher zur Kasse gebeten zu werden, weil das Wohnen noch teurer wird. Zum anderen wächst der Widerstand in den Kommunen, durch individuelle Hebesatz-Anpassungen sich hier auf dünnes juristisches Eis zu begeben. Vor diesem Hintergrund hatte der scheidende Hagener Finanzdezernent zuletzt vor dem Rat angekündigt, dass er den von der NRW-Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zu dem Thema für nicht umsetzbar halte. Dabei handele es sich nicht etwa um eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, wie das Finanzministerium die Regelung den Städten schmackhaft machen wolle, sondern eher um ein vergiftetes Angebot voller Unwägbarkeiten, auf das Hagen nicht eingehen werde.
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Bescheide mit Schockpotenzial
Absehbar wird die anstehende Grundsteuerreform das Wohnen für viele Menschen verteuern. Laut Städte- und Gemeindebund gibt es Konstellationen, in denen zwar Lager- oder Fabrikhallen um 50 Prozent entlastet werden, während Ein- oder Zweifamilienhäuser 20 Prozent mehr zahlen müssen. Viele Hausbesitzer befürchten schockierende Steuerbescheide, und auch Mieter müssen damit rechnen, dass sich das auf den Nebenkostenabrechnungen widerspiegelt.
„Unsere Beschäftigten arbeiten seit zwei Jahren mit voller Kraft dafür, der Kommune die notwendigen Daten zur Umsetzung der Grundsteuerreform zur Verfügung zu stellen“, betont die Hagener Finanzamtschefin Frauke Overbeck in einer Erklärung ihres Hauses. Die von der Finanzverwaltung jetzt bereitgestellten aufkommensneutralen Hebesätze seien allerdings nur als Referenzwert zu verstehen. Denn: Die Grundsteuer ist eine kommunale Steuer, so Overbeck. Sie werde von der Kommune erhoben, ihr Aufkommen bleibe in der Kommune und dieser obliege auch das Recht, über den Hebesatz die Höhe der Grundsteuer festzulegen. „Wenn dieser höher ist als bislang, heißt das allerdings nicht automatisch, dass alle Bürgerinnen und Bürger auch mehr Grundsteuer zahlen. Denn aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts mussten die Bewertungsgrundlagen für die Grundsteuer bundesweit geändert werden. Bei der Frage, wie viel Grundsteuer im Einzelfall zu zahlen ist, kommt es neben dem Hebesatz und der Steuermesszahl auch auf den Grundstückswert an.“
„Die Auswirkungen der Reform auf die Grundsteuerbelastung von Wohn- und Gewerbeimmobilien sind lokal unterschiedlich.“
Land würde Städte unterstützen
Die Option, differenzierte Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngebäude festzusetzen, hat die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen angestoßen, weil das Bundesmodell für die Grundsteuerreform vielerorts zu einer stärkeren Belastung von Wohngrundstücken und zu einer deutlichen Entlastung von Geschäftsgrundstücken geführt hätte. „Die Auswirkungen der Reform auf die Grundsteuerbelastung von Wohn- und Gewerbeimmobilien sind lokal unterschiedlich“, sagte zuletzt NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk. „Deshalb ist es folgerichtig, dass die Kommunen, in denen es zu Verwerfungen kommt, eigenverantwortlich gegensteuern können.“ Das Land werde hierbei inhaltlich und technisch unterstützen.
Ein Angebot, das Kämmerer Gerbersmann bereits verworfen hat: „Zunächst einmal kann ich auf Grundlage des Gesetzentwurfes nicht feststellen, dass es überhaupt zu einer Verbesserung der Situation der Mieter führt. Außerdem bin ich nicht bereit, mit einer eigenen Lösung etwa 50 Millionen Euro an Steuern zu riskieren“, hält Gerbersmann ähnlich wie die Kommunalverbände das Gesetz auf kommunaler Ebene keinesfalls für rechtssicher umsetzbar: „Keine Gemeinde wird hier eine verfassungskonforme Regelung finden.“ Mit einem lokalen, differenzierten Hebesatzrecht würde sich eine weite Flanke für neue Widerspruchs- und Gerichtsverfahren auftun, so seine Sorge.