Hohenlimburg. Über Wochen lockt eine Jugendbande in Hohenlimburg sexwillige Männer in den Wald und misshandelt sie. Nun sprechen die Betroffenen

Was passierte über Wochen in dem Waldstück in Henkhausen? Unbemerkt von der Öffentlichkeit geschah dort eine Serie von Überfällen auf kontaktsuchende Männer. Eine sechsköpfige Jugendgang aus Hohenlimburg (im Alter von 15 bis 18 Jahren) steht nun im Verdacht, homosexuelle Freier gezielt in eine Sexfalle gelockt, schwer misshandelt und dann ausgeraubt zu haben. Es soll sogar Videos davon geben.

Es ist diese schamhafte Mauer des Schweigens. Wer sich als Mann mit einem anderen Mann zu einem Treffen mit sexuellen Absichten im Wald verabredet, wird darüber wohl kaum offen sprechen. Selbst wenn aus der heimlichen Begegnung noch ein Verbrechen wird, erfährt die Polizei nicht immer etwas davon. Eine Hagener Ermittlungskommission geht aktuell davon aus, dass es in dem Waldstück Im Ölm/Alte Heerstraße zu mindestens vier einschlägigen Vorfällen, davon ein gescheiterter, gekommen ist, die alle auch angezeigt wurden. Nach Informationen dieser Zeitung könnten es sogar sechs Taten gewesen sein, die teilweise sogar gefilmt wurden. „Noch unbekannte Opfer oder Hinweisgeber sollen sich bitte dringend bei der Polizei unter der Nummer 02331 - 986 2066 melden“, sagt Polizeisprecherin Ramona Arnhold (34). 

Hagen (NRW) – Raub statt Sex; Sie locken gezielt homosexuelle Männer in den Wald, schlagen ihre Opfer nieder und rauben sie aus. Eine Jugendbande (15-18 Jahre) mit türkischen Wurzeln soll für die brutale Raubserie in Hagen-Hohenlimburg verantwortlich sein. Beim letztem „Date“ klickten die Handschellen.
In dieses Waldstück im Bereich der Gabelung Alte Heerstraße/Im Ölm lockten die Täter ihre Opfer und schlugen dann brutal zu. © Alex Talash | Alex Talash

Brutale Schlagstock-Attacke

Der Mann (58) aus Schwelm, der am vergangenen Donnerstag (13. Juni) das vorerst letzte Opfer einer brutalen Schlagstock-Attacke wurde, hat die Mauer des Schweigens gegenüber dieser Zeitung durchbrochen. Ein Gespräch gab es auch mit der Hohenlimburger Familie, über die soviel Unglück hereinbrach, als ihr durch die Kriminalpolizei eröffnet wurde, dass gegen den Sohn aufgrund eines Mordversuchs ermittelt wird. Dieser schwere Vorwurf ist inzwischen fallen gelassen-, und auf gefährliche Körperverletzung und schweren Raub heruntergestuft worden. Deshalb sitzt der verdächtige 18-Jährige, wie auch seine fünf mitbeschuldigten jüngeren Freunde (einer 15, drei 16, einer 17 Jahre alt) wohl auch nicht in U-Haft, sondern drückt weiterhin die Schulbank an einem Hagener Gymnasium.

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Blutige Kopfplatzwunde

Nach Auskunft der Ärzte kann der Geschädigte des gewalttätigen Raubüberfalls froh sein, dass er den Angriff überlebt hat. Durch die Wucht des Teleskop-Schlagstocks, der ihm von hinten auf den Kopf geschlagen wurde, hatte er eine blutige Kopfplatzwunde erlitten. Durch die Gewalteinwirkung auf Leber und Milz hätte sogar Lebensgefahr bestanden, attestierte ein Mediziner. Das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke, in das der 58-Jährige mit dem Rettungswagen eingeliefert worden war, hat er auf eigenen Wunsch verlassen. In seinem Wohnhaus in Schwelm zeigt er die noch vorhandenen Verletzungen: genähte Platzwunden, blaue Flecken, eine angebrochene Rippe und geschwollene Finger, „von meiner Gegenwehr“.

Hagen (NRW) – Raub statt Sex; Sie locken gezielt homosexuelle Männer in den Wald, schlagen ihre Opfer nieder und rauben sie aus. Eine Jugendbande (15-18 Jahre) mit türkischen Wurzeln soll für die brutale Raubserie in Hagen-Hohenlimburg verantwortlich sein. Beim letztem „Date“ klickten die Handschellen.
Die Komplizen eines Lockvogels warteten hinter Bäumen auf ihre Opfer. © Alex Talash | Alex Talash

Date auf Internetplattform „Romeo“

Zwei Tage vor dem verhängnisvollen Treffen im Wald hatte der Geschädigte über die Internetplattform „Romeo“ Kontakt zu einem 18-jährigen „Escort-Begleiter“ aufgenommen: „Der junge Mann hatte in dem Portal sein Foto eingestellt und bot sexuelle Dienstleistungen gegen Bezahlung an.“ Die zunächst geforderten 150 Euro wurden auf 100 Euro heruntergehandelt, ein Treffen für den drauffolgenden Donnerstag, 18 Uhr, in Hohenlimburg vereinbart: „Ich kannte die Örtlichkeit überhaupt nicht, sollte einfach dem Waldweg folgen.“ Der angebliche Callboy stand oben am Waldrand, „er rief: Hier, komm her!“ Zu zweit gingen sie dann, „auf der Suche nach einer geeigneten Stelle“, immer tiefer in den Wald hinein. Das hinter verschiedenen Büschen einzelne Personen standen, kam ihm da noch nicht merkwürdig vor. Bis sich die fünf Personen als vermummte Angreifer entpuppten.

„Der junge Mann hatte in dem Portal sein Foto eingestellt und bot sexuelle Dienstleistungen gegen Bezahlung an.“

Das Opfer, ein 58-jähriger Mann, über die Lockmethode der Täter.
Hagen (NRW) – Raub statt Sex; Sie locken gezielt homosexuelle Männer in den Wald, schlagen ihre Opfer nieder und rauben sie aus. Eine Jugendbande (15-18 Jahre) mit türkischen Wurzeln soll für die brutale Raubserie in Hagen-Hohenlimburg verantwortlich sein. Beim letztem „Date“ klickten die Handschellen.
Platzwunde auf dem Kopf: Ein 58-jähriger Mann wurde mit einem Teleskopschlagstock misshandelt. © Alex Talash | Alex Talash

Einer von den zunächst festgenommenen Tatverdächtigen hat die Ermittler am nächsten Tag zu der Stelle im Wald geführt, wo der Schlagstock weggeworfen wurde. Das vermutliche Tatwerkzeug konnte dort sichergestellt werden. An dieser Stelle hätte man auch „die Kohle mitgenommen“. Die beiden geraubten 50-Euro-Scheine fanden die Ermittler in der Hosentasche des 18-jährigen. Der kann seinen Berufswunsch jetzt wohl vergessen: Er will später einmal Polizist werden.