Hagen-Haspe. Das Eisenwerk Geweke ist in Hagen längst Geschichte. Doch die Verwandlung des Betriebsgeländes in Bauland zieht sich hin.
Die Anwohner wissen die gespenstische Ruhe rund um das imposante Betriebsgelände des traditionsreichen Eisenwerks Geweke nach Jahrzehnten des Industriegetöses zu schätzen. Seit dem endgültigen Aus im Sommer 2016, als sich nach zähem Ringen und mehr als hundertjähriger Produktion doch kein Investor für die „Geweke Gusstechnik & Co. KG“ fand und die letzten 50 Mitarbeiter ihren Job in Hagens letzter Stahlgießerei verloren, erobert kontinuierlich die wilde Natur das von Wohnhäusern umsäumte Betriebsgelände in Haspe zurück. Die städtische Planungsverwaltung verliert dennoch nicht das langfristige Ziel aus dem Blick, das Hasper Gelände für eine gediegene Wohnbebauung vorzusehen. Doch der Weg dorthin ist noch weit – bis heute ist das 32.000 Quadratmeter große Areal noch nicht einmal im Besitz der Kommune.
Bereits Ende 2016 hatte der Betrieb Insolvenz angemeldet – Hauptgläubiger ist dabei die Sparkasse an Volme und Ruhr. Allerdings wurde angesichts weiterhin gut gefüllter Auftragsbücher zunächst ein Verfahren in Eigenverwaltung eingefädelt. Doch trotz intensiver Bemühungen zeichneten sich weder ein finanzstarker Investor noch neue Kunden ab, sodass der 1910 gegründete Betrieb, der zuletzt den Markt mit individuell gefertigten Werkstücken für Kraftwerke, Petro-Chemie, Schiffstechnik und Erdölförderung versorgte, zwei Jahre später im September 2018 endgültig keine Perspektive mehr besaß.
Wenig Chancen für Gewerbe
Obwohl Hagen weiterhin einen alarmierenden Mangel an Gewerbeflächen beklagt, sind sich Politik und Planungsverwaltung einig, die Industriebrache perspektivisch in eine Wohnbaufläche zu verwandeln. Die ursprüngliche Idee der städtischen Wirtschaftsförderung, dort eine gewerbliche Nutzung mit nicht störenden Betrieben umzusetzen, wurde nicht zuletzt mit Blick auf die deutlich besseren Erlösmöglichkeiten bei einem Verkauf zugunsten von Bauland verworfen.
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Dabei dürfte die Aufbereitung des Geländes sich schwierig gestalten. Im Altlasten-Verdachtsflächenkataster der Stadt ist das Areal bereits gelistet. „Um diese Flächen wieder verwertbar zu machen, müssen Millionen in die Hand genommen werden“, befürchtete bereits vor Jahren der ehemalige Bezirksbürgermeister Dietmar Thieser, dass der Untergrund des Eisenwerks dem Erdreich einer alten Kokerei entspreche. Und sein Amtsnachfolger Horst Wisotzki weiß: „Nach mehr als 100 Jahren Gießereibetrieb kann man fest davon ausgehen, dass hier Schwermetalle im Untergrund schlummern.“
„Nach mehr als 100 Jahren Gießereibetrieb kann man fest davon ausgehen, dass hier Schwermetalle im Untergrund schlummern.“
Vor diesem Hintergrund setzt die Politik auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung (AAV), der sich auch schon entlang der Bahnhofshinterfahrung und der Varta-Insel der Altlastenproblematik widmete. Fakt ist aber auch: Bis heute besteht noch nicht einmal Planungsrecht, um hier Ein- und Zweifamilienhäuser entstehen zu lassen. Dennoch hat der Insolvenzverwalter die Grundstücke aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben, weil keine wirtschaftliche Verwertung zu erwarten sei.
Fördermittel des Landes
Um die Entwicklung voranzutreiben, hat die Hagener Planungsverwaltung sich bereits vor drei Jahren erfolgreich um das Landesprogramm „Bau.Land.Partner“ beworben, um das Gelände mithilfe von Fördermitteln sanieren zu können. „Das Unterstützungsangebot zielt darauf ab, die Aktivierung vorgenutzter Standorte im Schulterschluss mit den Städten und Gemeinden zu stärken“, erläutert NRW.Urban-Sprecherin Jennifer Freckmann das Konzept. „Dazu klärt die Landestochter NRW.Urban sowohl die Eigentümerinteressen als auch die flächenbezogenen Anforderungen auf und erarbeitet realistische Nutzungsperspektiven.“ Dies sei zum Standort Eisenwerk bereits erfolgt.
Zur tatsächlichen Umsetzung möglicher Folgenutzungen seien jedoch vertiefende Gutachten und Untersuchungen erforderlich: „Zu den Voraussetzungen für weitere Unterstützungsmöglichkeiten und Fördermittel sind wir im Austausch mit der Stadt. Gerade aufgrund der Entwicklungshemmnisse wie am Standort Eisenwerke bietet die Initiative Bau.Land.Leben des NRW-Bauministeriums zielgerichtete Entlastung und Unterstützung. Die kommunale Inanspruchnahme dieser Instrumente stärkt und beschleunigt insofern Entwicklungschancen für Standorte, die andernfalls liegenbleiben würden“, beschreibt Freckmann die Idee. Immerhin steht somit eine 80-prozentige Förderung für Abriss und Aufbereitung im Raum.
„Das Unterstützungsangebot zielt darauf ab, die Aktivierung vorgenutzter Standorte im Schulterschluss mit den Städten und Gemeinden zu stärken.“
Stadt muss Areal kaufen
Eine der wesentlichen Grundvoraussetzung ist jedoch, dass die Stadt selbst oder eine städtische Tochter wie die Hagener Erschließungs- und Entwicklungsgesellschaft (HEG) zur Grundstückseigentümerin wird. Hier hat die Stadt bereits die erforderlichen Vorgespräche mit einem Notliquidator eingefädelt, um das Grundstück übertragen zu können. Allerdings muss zuvor eine Einigung über die noch offene Grundschuld auf dem Grundstück mit dem Gläubiger Sparkasse erzielt werden. „Diesbezüglich laufen gerade die Verhandlungen mit dem Kreditinstitut“, teilt jetzt die Stadt Hagen mit. Konstruktive Gespräche, die die Sparkasse auf Anfrage der Stadtredaktion ausdrücklich bestätigt: „Wir stehen einer Lösung nicht im Weg“, sagt Unternehmenssprecher Thorsten Irmer, „allerdings zu marktüblichen Konditionen“.
Für eine Neunutzung des Eisenwerk-Areals für Wohnbebauung spricht auch die Tatsache, dass die fragliche Fläche direkt an ein Landschaftsschutzgebiet grenzt, was eine gewerbliche Nutzung ohnehin nur unter Restriktionen möglich macht. Zudem besteht bei jeder Neuentwicklung die Pflicht, den unter dem Eisenwerk in erheblicher Tiefe verrohrten Gewekebach bzw. den Lilienbaumer Bach wieder offenzulegen. Dadurch müssen entlang des künftigen Gewässerlaufes großzügige Böschungsflächen freigehalten werden, was eine großzügige gewerbliche Entwicklung zusätzlich erschweren würde.
Hierzu passt wiederum besser eine qualitätvolle, kleinteilige Wohnbauentwicklung. Neben einer Verlagerung des Baches an die Westseite des Betriebsgeländes könnten somit zwei Plateaus 7000 bzw. 7500 Quadratmetern für Wohnbebauung entstehen. Der Rest des Geländes wäre dann für Verkehrswege und die großzügige Bach-Böschung mit Regenrückhaltebecken, die auch für Starkregenereignisse ausgelegt sein müssen, reserviert.