Gevelsberg. Steigende Kosten, Einnahmen, die kaum hinterher kommen: Gevelsberg erwartet 2025 ein dickes Minus, plant aber wichtige Investitionen.

15,6 Millionen Euro Minus stehen unter dem Strich bei der Finanzplanung der Stadt Gevelsberg für das Jahr 2025. In der letzten Ratssitzung des Jahres knapp vor der Winterpause hielten Bürgermeister Claus Jacobi und Kämmerer Andreas Saßenscheidt ihre Haushaltsreden und legten den politischen Fraktionen die Gründe für das Defizit dar. Ging es dabei in den vergangenen beiden Jahren vor allem um die anhaltenden Multikrisen im In- und Ausland, kamen sie dieses Mal besonders auf die aus ihrer Sicht fehlende Unterstützung von Bund und Land NRW zu sprechen.

Dabei machten sie deutlich, wie schwierig es ist, überhaupt einen Haushalt zu planen. So erhalte die Stadt wichtige Daten von Bund und Land immer später und habe daher in Absprache mit den Fraktionsvorsitzenden die Etat-Einbringung in den Dezember verschoben. Der ursprünglich vorgesehene Termin lag Anfang November. Der Politikwechsel in den USA und die möglichen Auswirkungen der Bundestagswahl im Februar seien zwei von mehreren Unwägbarkeiten, die sich auf die Wirtschaft auswirken würden. Gleichzeitig sorge die Grundsteuerreform für Unsicherheiten auf der Einnahmenseite, um ein weiteres Beispiel zu nennen.

Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Die Stadt Gevelsberg kommt wohl ein weiteres Jahr ohne Haushaltssicherungskonzept aus, behält also auch weiter die alleinige Entscheidungsgewalt über ihre Finanzen. Und die möchte sie nutzen, um trotz aller Schwierigkeiten in wichtige Zukunftsprojekte zu investieren, wie Bürgermeister Claus Jacobi erklärte - im Rahmen ihrer Möglichkeiten.

Forderung an Bund und Land

„Die Bundes- und die Landesregierung sind gefordert, die kommunale Finanzausstattung endlich mit einer Ernsthaftigkeit und Dimension zu verbessern, die der Lage vor Ort in den Kommunen angemessen ist“, machte Jacobi seiner Unzufriedenheit im Stadtrat Luft. „Aber da wir von dieser Seite keine Neuigkeiten zu vermelden haben und mich sämtliche Aussagen von Bundes- und Landespolitikern in den letzten Wochen nicht glauben lassen, dass sich etwas Substanzielles ändert, sind wir alle hier im Saal aufgerufen, das für unsere Heimatstadt Beste daraus zu machen.“

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von einem externen Anbieter, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Auch wenn vielleicht banal oder sogar paradox erscheine: „Das Klügste, was wir im Moment auf kommunaler Ebene machen können, ist, unter vollständiger Ausschöpfung unserer haushaltsrechtlichen Möglichkeiten, in die Zukunft unserer Stadt zu investieren“, so Claus Jacobi. Investitionen seien aus seiner Sicht das Gebot der Stunde. Kein vernünftiger Mensch würde den Dachdecker abbestellen, wenn es ins Haus regnet, nur weil nachher das Konto überzogen wäre, zog er schließlich den Vergleich und erklärte auch, was er damit konkret meint.

Lesen Sie auch:

So sei es wichtig, Geld in den Ausbau der weit über die Stadtgrenzen beachteten Realschule zu stecken, die hunderten Kindern und Familien in Gevelsberg eine adäquate Bildungsperspektive eröffne. In Absprache mit allen Grundschulen müsse außerdem das Offene Ganztagsangebot ausgeweitet werden, um dieses passgenau zum kommenden Rechtsanspruch vorhalten zu können. Als klares Zukunftsprojekt nannte Jacobi auch die Umgestaltung und Neukonzeption des Rupprecht-Gebäudes und damit die, wie er sagt, synergetisch hoch sinnvolle Neuaufstellung von Bücherei und Musikschule unter einem energetisch hochmodernen Dach. „Im gleichen Kontext sei die geplante neue Dreifachsporthalle erwähnt, die die deutlich in die Jahre gekommenen Hallen in der Körner- und Neustraße ersetzt und den dort beheimateten Vereinen Zukunft sichert“, so Claus Jacobi weiter. Die Sporthalle soll auf dem früheren Dieckerhoff-Gelände an der Oststraße entstehen.

Verweis auf Kostenanstieg

Auch die Umgestaltung der Fußgängerzone im Zuge des Konzeptes Gevelsberg 2030 spricht der Bürgermeister an. „Eine attraktive Innenstadt braucht eine stete Erneuerung und das Konzept mit vielen Gesichtspunkten von Klimaanpassung und Neubegrünung sichert unseren Bürgern und Besuchern langfristig echte Aufenthaltsqualität und unserer City damit Zukunft“, sagte Jacobi, der abschließend noch die neue Stadtwache am Großen Markt, einen neuen Vorplatz am Stadion Hundeicken, der in derselben Ratssitzung beschlossen wurde, und mehrere Veranstaltungen zum 800. Jahrestag des Todes des Heiligen Engelbert sowie das Quartiersfest Haufe/Nirgena in 2025 als wichtige Investitionen aufzählte.

Kämmerer Andreas Saßenscheidt ging auf die Einnahmen und Aufwendungen der Stadt ein. „Auch wenn die aktuelle Inflationsrate nur leicht über zwei Prozent liegt, so stellen wir doch in vielen Sektoren weiterhin hohe Preisanstiege oder Preise fest“, so Saßenscheidt. Als ein Beispiel nannte er den Bausektor, aber auch den Sektor der Eingliederungshilfe. „Wenn bei der Kalkulation der entsprechenden Betreuungspositionen inzwischen 900 Euro als Tagessatz für die Unterbringung hilfebedürftiger Jugendlicher berechnet werden, dann fehlt mir da das Verständnis für die Kalkulationsgrundlage der Träger“, machte der Kämmerer seinen Standpunkt klar.

Bürgermeister Claus Jacobi

„„Das Klügste, was wir im Moment auf kommunaler Ebene machen können, ist, unter vollständiger Ausschöpfung unserer haushaltsrechtlichen Möglichkeiten, in die Zukunft unserer Stadt zu investieren.“

Claus Jacobi
Bürgermeister der Stadt Gevelsberg

Während Kosten, die die Stadt verpflichtet sei zu tragen, immer weiter anstiegen, könnten die Erträge dieser Entwicklung nicht mehr folgen. So seien Personal- und Versorgungskosten um fast eine Million Euro angestiegen. Auch nannte Saßenscheidt den Anstieg der allgemeinen Kreisumlage um 3,2 Millionen Euro als ein Beispiel, eine Summe, in der die Kosten der anstehenden Sanierung des Kreishauses noch gar nicht enthalten seien. „Zum notwendigen Umfang dieser Maßnahme gibt es jetzt allerdings eine konstruktive Diskussion mit den Kreisstädten“, fuhr Saßenscheidt fort.

Grundsteuer weiterhin schwierig

Die Stadt Gevelsberg geht aktuell davon aus, 2025 in der Gesamtsumme 2,6 Millionen Euro mehr Steuern als 2024 einzunehmen, insbesondere durch die Gewerbesteuer mit einem Ansatz von 25,6 Millionen Euro. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer solle auf 19,7 Millionen Euro steigen können. Das Thema Grundsteuer bleibe weiterhin schwierig, kam der Kämmerer auch auf das Thema Grundsteuerreform zu sprechen. Ob die neuen Hebesätze einheitlich oder gesplittet erhoben werden, soll der Rat im Januar entscheiden.

Andreas Saßenscheidt, Kämmerer der Stadt Gevelsberg

„Investitionen werden stets so weit wie möglich unter Nutzung von Förderprogrammen finanziert.“

Andreas Saßenscheidt
Kämmerer der Stadt Gevelsberg

Gevelsberg möchte in 2025 rund 34,3 Millionen Euro investieren. „Wie immer betreffen diese Mittel nicht nur völlig neue Maßnahmen. Investitionen werden stets so weit wie möglich unter Nutzung von Förderprogrammen finanziert“, erklärte Saßenscheidt dazu. Trotzdem muss die Stadt auch neue Kredite aufnehmen. Unter dem Strich bleibt ein Defizit, dass es - so der Kämmerer - in dieser Größenordnung bisher nicht in Gevelsberg gegeben habe. Das erwartete hohe Defizit des Haushaltsjahres 2024 soll sich durch einen Überschuss aus 2023 noch reduzieren.

Die politischen Fraktionen im Rat der Stadt Gevelsberg werden nach der Winterpause über die vorgelegten Zahlen diskutieren. Bis sie einen Beschluss fassen und die Haushaltssatzung bekannt gemacht wurde, befindet sich Gevelsberg in der vorläufigen Haushaltsführung und darf ausschließlich Aufwendungen entstehen lassen und Auszahlungen leisten, zu denen es rechtlich verpflichtet ist oder die sich für die Weiterführung notwendiger Aufgaben nicht aufschieben lassen. Andreas Saßenscheidt hofft auf einen Beschluss Ende Januar.